Belgiens Jugendarbeit trägt Früchte
Die Belgier stehen hoch im Kurs, nicht erst seit dem 2:1-Achtelfinalsieg über die USA. Die vielen Emporkömmlinge drücken der WM ihren Stempel auf, deshalb freut sich Belgien über das erste WM-Viertelfinale seit 1986: Am Samstag wartet Argentinien.
Zahlenbelege gefällig? Axel Witsel und Eden Hazard waren ihren Klubs je 40 Millionen Euro Ablöse wert, Marouane Fellaini kostete 32, Romelu Lukaku wie Kevin de Bruyne 22 Millionen. "Belgien ist das heißeste Versprechen im europäischen Fußball", sagt Ex-Stargoalie Jean-Marie Pfaff. Der Vize-Europameister von 1980 hat wie seine Landsleute lange auf diese goldene Generation warten müssen.
Dass Nationaltrainer Marc Wilmots bei der WM in Brasilien eine faszinierende Ansammlung begehrter Jungstars hat, hat wie so oft der Fall mit einer Krise zu tun. Mit einer Krise, die Wilmots als Spieler selbst miterleben musste.
Neubeginn
Nach dem enttäuschenden Scheitern in der Vorrunde der Heim-EM 2000 und dem Achtelfinal-Aus eines in die Jahre gekommenen Teams bei der WM 2002 lag der belgische Fußball in Trümmern. "Die Belgier haben ihre Nationalmannschaft infrage gestellt. Sie war ihnen peinlich" , erinnert sich Michel Sablon in einem BBC-Interview, "wir waren als Fußballnation fast vergessen." Der damalige technische Direktor des belgischen Verbands spürte: "Wir mussten komplett neu starten. Ich hatte einen Plan, um alles umzukrempeln." Gesagt, getan: Nachdem er sich in den Nachbarländern Frankreich, Niederlande und Deutschland informiert hatte, entwarf Sablon ein Programm, das den belgischen Fußball revolutionierte.
Jedes Jugendteam Belgiens sollte das flexible 4-3-3-System der Nationalmannschaft spielen. In den untersten Altersklassen wurden die Tabellen abgeschafft, da nur die Entwicklung der Spieler zählten sollte. Die Besten wurden dann in acht Leistungszentren trainiert. "Das hat mich am Anfang nicht besonders populär gemacht. Aber bald trug das Programm Früchte", erinnert sich Sablon. Belgiens Jugendmannschaften waren auf einmal in den Top Ten. Spieler wie Witsel, Fellaini oder Hazard entsprangen diesem System. Und Topklubs schickten Scouts um die begehrten Talente zu angeln.
Mittelfeldspieler Witsel, heute 25, wechselte 2012 für 40 Millionen Euro zu Zenit St. Petersburg, Linksaußen Hazard (23) für dieselbe Summe zum FC Chelsea, Mittelfeldmann Fellaini (26) ein Jahr später für 32 Millionen zu Manchester United. Der vorerst letzte Großtransfer ging im Jänner über die Bühne, als Wolfsburg für De Bruyne (23) 22 Millionen zahlte. Vergleichsweise günstig war Torhüter Thibaut Courtois (22), den Chelsea 2011 für neun Millionen Euro bekam.
Lauter Stars
Das drittjüngste WM-Team (Durchschnittsalter 26 Jahre) hat laut Transfermarkt.de einen Marktwert von 348 Millionen Euro. Das ist Platz fünf bei der WM – hinter Spanien, Deutschland, Argentinien und Frankreich. "Früher hatten wir einige Stars. Jetzt sind alle Stars", sagt Pfaff. Der nächste steht vor der Tür: Für den 16-jährigen Youri Tielemans bot Dortmund bereits 15 Millionen Euro.
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