Ein kleiner Engel mit großen Träumen

Japan könnte mit seinen zwölf Legionären, die im Ausland für Furore sorgen, bei der WM überraschen.

Shinji Okazaki hat allen Grund zur Fröhlichkeit. Auch ein Luftsprung – zuletzt gesehen beim 3:2-Sieg von Mainz in der letzten Runde gegen den HSV – scheint durchaus angebracht. Denn der 28-jährige Japaner hat eine erfreuliche Saison hinter sich. Zum einen schraubte er mit dem 15. Tor seinen Rekord als treffsicherster Japaner in Deutschland noch einmal in die Höhe, trug maßgeblich dazu bei, dass sich die Mainzer für die Europa-League qualifizierten. Zum anderen fand er in Mainz endlich seinen Stammplatz – ganz vorne im Sturm. Und dann wäre da natürlich die WM in Brasilien, zu der Okazaki als einer der Hoffnungsträger anreisen wird. Als einer von sieben Japanern, die in Deutschland unter Vertrag stehen.

Insgesamt zwölf Legionäre berief Alberto Zaccheroni, 61, der ehemalige Meister-Coach des AC Milan, in sein 23-Mann-Aufgebot ein. Darunter natürlich Shinji Kagawa von Manchester United. Jenen 25-jährigen Mittelfeldspieler, der in seinen zwei Saisonen für Dortmund dafür sorgte, dass sich der Ruf der japanischen Kicker veränderte. Denn als Fußball-Mekka galt das Land des fünffachen Asienmeisters lange Zeit nicht. Im Gegenteil, eher belächelt wurden die Spieler aus Fernost. Doch das war bevor Kagawa zu einem Fixpunkt im Dortmunder Angriff wurde; bevor Nuri Sahin über den Kollegen sagte: "Dieser Junge spielt wie ein Engel." Und bevor der 1,72 Meter kleine Mann nach Manchester übersiedelte.

Erwartungsdruck

"Viele unserer Spieler sind im Ausland aktiv, manche bei Top-Vereinen. Deshalb sind die Erwartungen in Japan gestiegen", weiß Okazaki. Zum fünften Mal in Folge sind die Blauen Samurai bei der Endrunde dabei, in Brasilien soll es in der Gruppe C mit Kolumbien, Elfenbeinküste und Griechenland erstmals mit dem Viertelfinale klappen. Die souveräne Qualifikation gibt Hoffnung: Im Juni 2013 sicherte sich Japan gar als erstes Team überhaupt einen Platz in der Endrunde.

Weniger positiv verlief die Generalprobe, der Confederations Cup – drei Niederlagen setzte es in drei Spielen, Problemzone war die Abwehr. "Wir haben den Confederations Cup dazu genutzt, um Dinge auszuprobieren. Aber uns hat die Siegesmentalität gefehlt", sagt der Rekord-Japaner Okazaki, dem vor dem Wechsel aus Stuttgart nicht der Ruf des Torjägers vorausgeeilt war: Nur zehn Treffer hatte er in drei Jahren und 63 Ligaspielen erzielt. Seit er bei den Mainzern im Sturmzentrum steht, hat er seinen Marktwert auf vier Millionen Euro verdoppelt. Belächelt wird auch er schon lange nicht mehr.

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