Marco kam im Hochwasser zur Welt, seine Geschwister wären beinahe ertrunken

„Wir haben überlebt“: Ruzica Ilincic mit Hochwasser-Baby Marco und seinen Geschwistern.
Kinder sind von den Folgen der Flut in Bosnien und Serbien besonders stark betroffen.

Viel dramatischer kann man das Licht der Welt kaum erblicken. Einen Monat ist Marco jetzt alt, geboren wurde er im Wasser, im Hochwasser in Bosnien. Seine beiden Geschwister wären in den meterhohen Fluten fast ertrunken.

Dabei schien Familie Ilincic beim Hochwasser, das Mitte Mai weite Teile Serbiens und Bosniens überflutet hatte, mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Das Haus im Dorf Pisari war nur im Erdgeschoß betroffen. Die Schwiegereltern im Parterre haben fast alles verloren. Die Wohnung von Ruzica Ilincic und ihren Kindern im Oberstock blieb trocken.

Rettung

Dennoch wurde das Gebäude nach zwei Tagen evakuiert. Über die Außenstufen bestiegen Ruzica, ihre Tochter Dajana und ihr Sohn Slobodan ein Schlauchboot. Dann der Schreckmoment: Das Boot blieb am Zaun hängen und wurde aufgeschlitzt. Es sank in den braunen Fluten. "Meine Kinder wären fast ertrunken", sagt Ruzica Ilincic. Die hochschwangere Mutter und die beiden Kleinen konnten im letzten Moment von einem weiteren Boot aufgenommen werden. Der Schrecken steckte ihnen tief in den Knochen.

"Wir sind ins Spital nach Doboj gekommen", sagt Ruzica Ilincic. "Aber auch dort war alles überflutet." Zwei Tage später kam Marco dort zur Welt. Kerngesund.

Mittlerweile ist die Familie heimgekehrt. Ruzicas Schwiegermutter, die im Erdgeschoß wohnt, ist verzweifelt: "Wir haben alles verloren. Bilder, Teppiche, Möbel, Kleidung. Nichts konnten wir retten."

Mit Boot befreit

Marco kam im Hochwasser zur Welt, seine Geschwister wären beinahe ertrunken
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Gleich ums Eck leben Darko und Vanja Sisic mit ihrer dreijährigen Tochter Marinella. "Wir waren in der Nacht im Haus, als das Wasser gekommen ist", erinnert sich Darko. "Erst floss es in den Garten, eine Stunde später stand es schon im Haus." Auch diese Familie wurde am nächsten Tag mit einem Boot aus der misslichen Lage befreit.

Das Haus ist mittlerweile nahezu leer geräumt. Die Holzböden wurden herausgerissen, die Möbel entsorgt. Die Fenster stehen offen, damit die Mauern besser trocknen. Erster Schimmel zeichnet sich an den Wänden ab. Darko und Vanja Sisic müssen die rosa Farbe von den Kinderzimmerwänden kratzen. "Wir schlafen auf dem Dachboden. Da ist es trocken", sagt Vanja Sisic.

Der E-Herd hat das Wasser heil überstanden. Er steht nun unter einem Vordach vor dem Haus. Wenigstens warmes Essen kann im Freien zubereitet werden. Wie es weitergeht? Darko Sisic: "Ich weiß es nicht, meine Frau ist die einzige in der Familie, die Arbeit hat." Die Arbeitslosigkeit liegt bei 50 Prozent. "Wir hoffen auf Unterstützung der Regierung."

KURIER AID AUSTRIA hilft den Menschen in den von der Flut betroffenen Regionen in Serbien und Bosnien; tatkräftig unterstützt von den Partnern Österreichische Bauwirtschaft, Rotes Kreuz, Caritas und Raiffeisen. 1,6 Millionen Leute sind von der Flut und ihren Folgen betroffen. Bitte helfen Sie beim Wiederaufbau in Südosteuropa.

Das Spendenkonto:

IBAN: AT92 3100 0001 0403 6315 BIC: RZBAATWW

Andrea Reisinger fühlt jedem Krisenstab auf den Zahn. Sie ist Mitarbeiterin des Roten Kreuzes und war vor Kurzem zehn Tage lang in Bosnien und Serbien unterwegs, um einen Überblick über das Ausmaß der Hochwasser-Katastrophe zu bekommen.

Meist arbeitet sie mit den örtlichen Behörden zusammen, die ihr Zahlen, Daten und Fakten zu den Betroffenen liefern. Vorsitzender des Krisenstabs der Stadt Šamac ist Bürgermeister Savo Minic. Er erklärte, dass alleine in seiner Stadt alle 4144 Haushalte betroffen sind. "Ein bis drei Meter hoch stand das Wasser, 2520 Häuser wurden überflutet. 100 Häuser sind dermaßen in Mitleidenschaft gezogen, dass sie abgerissen werden müssen", schildert Reisinger. Von den rund 10.000 Einwohnern sind etwa 3000 arbeitslos, 350 erhalten ständige Sozialhilfe. Die Armut ist groß. Auf Basis der gesammelten Daten (auch aus zahlreichen weiteren Orten) legt Andrea Reisinger mit ihren Kollegen die Verwendung der Spenden fest.

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