RTL-Gold für Ligety, Hirscher verpasst Medaille

So schön der Tag für Marcel Hirscher begonnen hatte, so elendiglich endete sein erster Einsatz bei den Winterspielen von Sotschi: Morgens um ein Uhr war seine Freundin Laura Moisl in Russland gelandet – 14,5 Stunden später war der 24-Jährige Vierter hinter Ted Ligety und den Franzosen Steve Missillier und Alexis Pinturault und musste danach auch noch zur Dopingkontrolle, das Los hatte so entschieden.

Der Edeltechniker aus Annaberg war in den Tagen vor seiner Premiere im Kaukasus nicht müde geworden, zu warnen. Vor zu großen Erwartungen und davor, dass die Hänge und der Schnee hier ihm eben nicht liegen könnten. "Auf dem Riesenslalomhang hier und auf dieser Kurssetzung steht ,Ted Ligety‘ drauf, in Riesenlettern", sagte er zu Mittag. Da war der erste Durchgang gerade zu Ende, und Hirscher lag 1,39 Sekunden hinter dem Branchenführer ("er kann sich nur selber schlagen"), aber nur zwölf Hundertstelsekunden hinter dem Bronzerang.

Der Amerikaner aus Park City dachte aber nicht im Entferntesten daran, sich selbst zu schlagen, im Gegenteil: Ted Ligety war einen ersten Durchgang wie gewohnt und also der Konkurrenz davongefahren. Und im zweiten, da griff er in die taktische Trickkiste: Über den Bärensprung bremste er. "Ich bin im letzten Jahr hier fünf Trainingsläufe gefahren, vier Mal bin ich an dieser Stelle ausgeschieden, weil ich versucht habe, mit vollem Tempo rüberzufahren. Das geht aber nicht. Also habe ich lieber ein paar Zehntel investiert, als dass ich im folgenden Flachstück dann eine Sekunde verliere."

Mit Köpfchen

Leicht und locker verwaltete Ligety seinen Riesenvorsprung, drückte dort aufs Gas, wo kein Risiko bestand, stand auf der Bremse, wo es ihm nötig erschien. "In einigen Passagen war er sehr auf Sicherheit bedacht, und trotzdem ist er immer noch so überlegen", analysierte Benjamin Raich anerkennend.

Das Geheimnis? "Ich habe sicher eine spezielle Technik entwickelt. Die seit vorletztem Jahr veränderten Skier (länger und schmäler, Anm.) helfen mir auch definitiv mehr als anderen", sagte Ligety, der sich schon früh intensivst mit dem Material beschäftigt und vor allem auch seine Physis massiv verbessert hat, um eben diesen Stil überhaupt fahren zu können. Es steht zu befürchten, dass sich an seinem Vorsprung durch Technik vorläufig wenig ändern wird: "Ich werde weiter hart an meiner Entwicklung arbeiten."

Drohung

Und es könnte noch schlimmer kommen für die Konkurrenz: "Natürlich sind die nächsten Winterspiele in Südkorea ein Thema für mich. Ich weiß zwar nicht, wie lange ich noch fahren werde, aber ich bin jetzt 29 – und in Pyeongchang habe ich ja meinen ersten Sieg in einem Weltcup-Riesenslalom gefeiert. Das ist ein richtig guter Hang."

In Marcel Hirschers Ohren hätten diese Worte wohl gedröhnt, hätte er sie gehört. Hat er aber nicht. Doch auch so war der 24-Jährige restlos bedient. "Vierter, da hätt’ ich gleich daheim bleiben können", sagte der Salzburger, "nur weil’s hier so wunderschön ist, bin ich nicht hergefahren. So einen flachen Hang wie den hier gibt’s im Weltcup nicht – und auf so einem Hang kann ich nicht mehr." Und dann gab er sich sicherheitshalber gleich noch eine Watsch’n mit, denn "Hirscher ist Vierter, juhu", das wär’ doch auch ein schöner Titel für die Zeitungen.

Marcel Hirscher wird wegen dieser Nicht-Medaille auch nicht die Skier ins Eck stellen. Aber seine Chancen im Slalom am Samstag hat er, der seit Tagen so viel gewarnt hat, noch einmal reduziert: "Ich raunz’ nicht, hier geht für mich einfach nicht mehr."

Trost kam von – Ted Ligety: "Hey, er ist immer noch Vierter, klar, es ist ein schlechtes Ergebnis bei Olympia, aber Marcel ist immer noch ein super Skifahrer und einer der Favoriten, auch für den Slalom."

Und auch Alexis Pinturault zählt den Salzburger zu den Topfavoriten im Slalom, "keine Frage".

Aber das hat Marcel Hirscher auch nicht gehört.

Ted Ligety - Sonnyboy und "Mr. Riesentorlauf"

Riesentorlauf Herren

Gold: Ted Ligety (USA)Silber: Steve Missillier (FRA)Bronze: Alexis Pinturault (FRA)

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Bilder vom Rennen

Ted Ligety (USA/Gold): "Super. Jedes Gold ist toll, es ist ein großartiges Gefühl. Ich habe den meisten Druck auf mich selbst gemacht vor diesem Riesentorlauf. Ich habe gewusst, dass das eine Riesenchance ist. Ich habe versucht, die Linie zu halten und alles zu geben. Der erste Lauf war super, da musste ich im zweiten nicht mehr ans Limit gehen, da war es schon sehr unruhig. Bei meinem ersten Olympia-Gold war ich 21, es waren meine ersten Spiele, damals hatte ich null Druck. Heute war ich schon sehr aufgeregt. Es ist nicht leicht, der Favorit zu sein. Ich bin stolz."

Steve Missillier (FRA/Silber): "Das ist unglaublich. Im Weltcup war ich noch nie auf dem Podest. Mein Geheimnis sind die guten Ski, der Schnee war auch perfekt für mich. Sowas mag ich. Ich war aber auch etwas glücklich, habe keinen gröberen Fehler gemacht."

Alexis Pinturault (FRA/Bronze): "Ich bin einfach nur glücklich. Es war sehr schwierig, ich war drei Zehntel hinter Steve und dachte, ich werde Vierter. Mit dem Teamkollegen da oben zu stehen ist ein großer Tag für das französische Team. In Österreich ist das ja oft so, bei uns nicht."

Marcel Hirscher (4.): "Ich bin nicht wirklich happy, eher grantig. Positiv war, dass ich alles probiert habe. Aber Vierter, da kann ich mir gar nichts kaufen drum, das war ich vor vier Jahren auch schon. Viel Sachen haben nicht optimal funktioniert. Dass ich nach zehn Riesentorläufen in Serie diesmal nicht unter den drei bin, das ist auch schon wurscht, ob die Serie weg ist oder nicht. Es hat keinen Wert mehr. Drei waren heute besser, daran gibt es nichts zu rütteln. Der Hang war wie Beaver Creek, ist Ted fast auf den Leib geschneidert. Er hätte ein Jausenbrot auch noch essen können. Dahinter war es ein Zehnkampf um die Medaillen. Ich bin vor dem Slalom nicht allzu zuversichtlich, die Situation ist nicht die leichteste. Wenn man wo nicht zurecht kommt, kommt man nicht zurecht. Ich tu mir allgemein nicht so leicht."

Matthias Mayer (AUT/Sechster, Abfahrts-Olympiasieger): "Es war alles eng beisammen. Ich habe es leider oben ein bisschen verbremst. Vor dem Rennen wollte ich ein Top-Ten-Resultat haben, jetzt bin ich Sechster - also kann ich zufrieden sein. Ich bin nicht so viele zweite Riesentorlauf-Durchgänge gefahren. Da fehlt mir vielleicht ein bisschen das Gefühl in den spitzen Kurven. Ich kann aber sehr zufrieden sein mit meinen letzten zwei Wochen. Gratulation an den Ted (Ligety). Als Top-Favorit zwei solche Läufe herunterzubringen, dafür gebührt ihm größter Respekt."

Benjamin Raich (AUT/Siebenter): "Ich habe alles gemacht. Ich habe mich gut vorbereitet, habe hart trainiert. Vier Zehntel auf eine Medaille - es wäre schon noch etwas mehr möglich gewesen. Es haben doch viele Außenseiter schon etwas gewonnen, vielleicht ist auch im Slalom noch etwas möglich. Es war für uns Österreicher ein starkes Ergebnis, aber von vier bis sieben - das ist halt schade."

Philipp Schörghofer (AUT/18.): "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Es ist richtig enttäuschend, weil ich zuletzt eigentlich gut in Form gewesen bin. Ich bin einfach nicht schnell geworden. Ich habe keine Erklärung dafür. Es war einfach ein schlechtes Rennen von mir."