Der Bulle kommt vor dem Höhepunkt auf Touren
Der eine nähert sich allmählich wieder seiner Form früherer Tage an, der andere hat sein eigenes Urteil widerlegt: Klaus Kröll und Georg Streitberger sicherten sich in der Österreich-internen Qualifikation die letzten beiden Startplätze für die Abfahrt am Sonntag. Sie werden gemeinsam mit den bereits zuvor als Fixstarter benannten Kärntnern Matthias Mayer und Max Franz jenes Quartett bilden, das fast zwölf Jahre ohne olympisches Abfahrtsgold für Rot-Weiß-Rot vergessen machen soll.
Auf einem guten Weg in diese Richtung ist der Kärntner Matthias Mayer, der gestern die Bestzeit erzielte und sich damit nachhaltig ins Gespräch gebracht hat. Von einer Favoritenrolle will der 23-Jährige aber so gar nichts wissen. „Warum auch? Bisher hab’ ich einen fünften Platz als beste Platzierung in der Abfahrt“, sagt Mayer, „und am Sonntag sind einige richtige Kaliber am Start.“ Die da wären? „Aksel Lund Svindal hat sich noch einige Möglichkeiten offen gelassen“, glaubt der Vorfahrer, der auch an Bode Miller denkt. „Sie haben mehr Erfolge – und mehr Erfahrung.“
Wobei Erfahrung auf dieser Olympiapiste in Rosa Chutor relativ ist, es wurde ja erst eine Abfahrt ausgetragen, „das spricht sicher für mich.“ Nun muss der fröhliche Kärntner freilich schauen, dass er ruhig bleibt, denn: „In Kitzbühel hab’ ich mich ein bissel reingesteigert, die Rennen waren dann leider nicht so gut.“
Aufwärtstrend
Die bemerkenswerteste Steigerung legte freilich nicht Matthias Mayer hin (von Platz drei auf eins), sondern Klaus Kröll (von 34 auf drei). „Ich weiß, was ich zu tun habe“, hatte der 33-jährige Steirer noch am Donnerstag gemeint – und er sollte Recht behalten. „Das war ein ganzes Stück besser als in der letzten Zeit.“ Am 30. November hatte Kröll als Zweiter von Lake Louise sein bislang einziges Saison-Highlight.
„Das hätte ich früher brauchen können“, sagte der „ Bulle aus Öblarn“ also, der nach seinen anhaltenden Schulterproblemen nun gerade rechtzeitig auf Touren kommt. „Gute Piste, gutes Licht, da komm’ ich ins Skifahren“, freute sich Kröll, um dann aber doch gleich zu relativieren: „Die anderen sind ein Training gefahren, ich ein Rennen, ich muss schon noch zulegen.“ Mayer, sagt der Altmeister, sei „sicher ein Favorit“, er selbst rechnet sich zu den Außenseitern.
Georg Streitberger war am Ende des Qualifikationstages einfach nur happy über den knappen Vorsprung von sechs Hundertstel auf Otmar Striedinger. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sich das noch ausgeht, ich bin im oberen Streckenteil nicht gut gefahren und hatte noch einen Fehler im Mittelteil.“
Die Favoriten des 32-jährigen Salzburgers? Mayer, Svindal und Miller. „Mich würdest du auch dazu zählen“, sagte da der neben Streitberger stehende Romed Baumann, „aber ich darf ja nicht fahren.“ Beide lachten, die Stimmung lassen sich die Abfahrer nicht von einer Quali verderben.
Und auch nicht von bronchialen Problemen: „Husten tu’ ich wie ein Schwein heut’“, sagte Max Franz zwischen zwei kleineren Anfällen, „auf den Staub hier reagier’ ich nicht so gut.“
Fehlersuche
Der 24-Jährige grinste, weniger lustig fand er hingegen seine Versuche, sich mit der Piste anzufreunden: „Was ich gestern gut gemacht hab’, war heute nicht gut, was ich gestern schlecht gemacht hab’ war heute gut.“ Unterm Strich wurde der Kärntner Siebenter.
Ein Vorbild aus der engeren Heimat hat Franz ja: „Der Matthias hat’s so gemacht, wie’s sich gehört: Im ersten Training die Linie gut getroffen und heute die kleinen Fehler weggelassen. Aber er muss es am Sonntag auch runterbringen.“
Zuschauer
Romed Baumann (0,22 Sekunden hinter Streitberger) wird hingegen wohl auch im Super-G über die Zuschauerrolle nicht hinaus kommen. Seine Konzentration gilt aber ohnehin zunächst der Super-Kombination am 14. Februar. "Jetzt hab ich zumindest Zeit, um ordentlich Slalom zu trainieren", fand der Tiroler wenigstens einen positiven Apsekt. "Für ganz vorne hätte es wahrscheinlich sowieso nicht gereicht. Deshalb bin ich zwar enttäuscht, aber die Welt geht nicht unter", so Baumann.
Joachim Puchner, für den es auch im Super-G nicht für einen Start reichen dürfte, gab sich angesichts von 1,55 Sekunden Rückstand als fairer Verlierer: "Der Rückstand ist groß, da gibt es nichts zu diskutieren. Ich bin froh, dass ich überhaupt da sein darf. Das lindert den Schmerz schon ein wenig."
2. Training am Freitag: | |||
1. | Matthias Mayer | AUT | 2:06,51 |
2. | Carlo Janka | SUI | +0,27 |
3. | Klaus Kröll | AUT | 0,55 |
. | Aksel Lund Svindal | NOR | 0,55 |
5. | Peter Fill | ITA | 0,62 |
6. | Bode Miller | USA | 0,64 |
7. | Max Franz | AUT | 0,85 |
8. | Kjetil Jansrud | NOR | 1,01 |
9. | Didier Defago | SUI | 1,35 |
10. | Brice Roger | FRA | 1,39 |
11. | Werner Heel | ITA | 1,46 |
12. | Georg Streitberger | AUT | 1,57 |
13. | Otmar Striedinger | AUT | 1,63 |
14. | Patrick Küng | SUI | 1,71 |
15. | Erik Guay | CAN | 1,75 |
16. | Romed Baumann | AUT | 1,79 |
17. | Adrian Theaux | FRA | 1,90 |
18. | Steven Nyman | USA | 1,98 |
. | Travis Ganong | USA | 1,98 |
20. | Manuel Osborne-Paradis | CAN | 2,24 |
Weiter: | |||
33. | Joachim Puchner | AUT | 3,12 |
Spurensuche. Christof Innerhofer grübelte. Wer denn nun die Favoriten seien, wurde der fidele Südtiroler gefragt, seine Antwort fiel dann recht eindeutig aus: „Mayer, Miller, Svindal.“ Und wer noch? „Von mir red’ ich nicht“, sagte Innerhofer, um es dann doch irgendwie zu tun: „Also von den dreien werden sicher zwei auf dem Podium stehen.“
Die Hintertür hat er sich offen gehalten. „Am Donnerstag hab’ ich im unteren Streckenteil eine gemütliche Fahrt gemacht, heute im oberen. Ich bin also zwei Mal ein halbes Training gefahren“, und das mit gutem Grund: Kraft sparen, denn der stark drehende und steile obere Streckenteil „braucht brutal viel Kraft, der zehrt.“
Aksel Lund Svindal rauft noch ein wenig mit seinem Setup in Sachen Material, „das ist hier sehr schwierig zu finden“, aber eines ist für den 31-jährigen Norweger klar: „Es wird sehr schwierig, hier fehlerfrei zu bleiben. Auf jeden Fall wird aber ein guter Skifahrer gewinnen.“ Einer, der Matthias Mayer heißt? „Er schaut sehr gut aus.“
So oder so wird es eine spektakuläre Entscheidung geben am Sonntag. Die Piste wird schneller, teils auch aggressiver, und die Sprünge gehen auch von Tag zu Tag weiter. „Was am Donnerstag 50 Meter weit gegangen ist, sind jetzt schon 60 Meter“, erklärte Svindal.
Schweizer Hoffnung
Mit Carlo Janka drängte auch ein Schweizer in Richtung Spitze, am Freitag war er Zweiter. Doch ein Landsmann freute sich schon über winzige Fortschritte: Beat Feuz verbesserte sich binnen 24 Stunden um vier Sekunden, „und diese zweite Fahrt war auch schlecht.“
Als wären die Probleme von Feuz im linken Knie nicht genug, hat er seit seinem Sturz in Kitzbühel auch noch ein gedehntes Außenband im rechten Sprunggelenk, und auf dieses drückt der Skischuh. „Aber ich muss den Schuh ja zumachen.“ Feuz behilft sich mit „Schmerzmitteln in hohen Dosen“. Ob die Aktion Sinn macht oder nicht – das wird man wohl erst in einiger Zeit wissen.
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