"Dürr muss Mumm haben, alles auf den Tisch zu legen"

Vordermann: Markus Gandler muss sich als Langlauf-Chef des ÖSV mit den Folgen der "Causa Dürr" auseinandersetzen.
Markus Gandler, Chef der ÖSV-Langläufer, muss die "Causa Dürr" aufarbeiten.

Markus Gandler sitzt in seinem Büro in Innsbruck. In der Olympiastraße 10 geht er die Aufarbeitung der Olympischen Spiele an. Der 47-Jährige studiert aber keine Diagramme und Kurven, er widmet sich nicht der Entwicklung der jungen Langläuferinnen oder jener von Bernhard Tritscher.

Das Telefon läutet fast im Minutentakt, es gibt Anfragen für Interviews und Teilnahmen an TV-Diskussionen.

Markus Gandler ist im ÖSV verantwortlich für Biathlon und Langlauf. Und in dieser Funktion beschäftigt er sich derzeit mit den Scherben, die Johannes Dürr hinterlassen hat. Jener 26-jährige ehemalige Hoffnungsträger des österreichischen Langlaufs, der sich an EPO vergriffen hat und zum Dopingsünder wurde. Jener Niederösterreicher, der zwischen seinen zwei Olympia-Auftritten in Österreich positiv getestet wurde. Jener Dürr, dessen Name aus den Kaderlisten getilgt wurde, weil er aus dem Skiverband ausgeschlossen wurde.

Bei seiner ersten Reaktion in Sotschi zeigte sich Gandler tief betroffen. Der Silbermedaillengewinner von 1998: „Ich war mir zu 1000 Prozent sicher, dass der Joe nichts macht. Ich hätte ihn adoptiert. Und dann das.“ Dabei war Dürr nicht mehr als ein Talent. Gandler: „Er war ja kein Übermensch, und hat EPO genommen. Wem soll man da verdenken, dass ein Generalverdacht aufkommt. Man kann es ja niemanden übel nehmen, dass an Übles gedacht wird.“

Hintermänner?

Auch für die Reaktion von Peter Schröcksnadel hat Gandler Verständnis. Der ÖSV-Chef hatte gemeint, dass er die Langläufer am liebsten aus dem Verband schmeißen würde. Das wird wohl nicht passieren. Gandler: „Aber man kann nicht zur Tagesordnung übergehen. Man muss sich fragen, wie man so etwas ruhigen Gewissens den Eltern von Nachwuchssportlern erklären kann.“ Schröcksnadel wird die Zukunft des Langlaufs in der ÖSV-Präsidentenkonferenz diskutieren.

"Dürr muss Mumm haben, alles auf den Tisch zu legen"
Dürr strebe keine zweite Chance nach der zu erwartenden Sperre an.
Gandler will vorher aber eines wissen: „Wer sind die Hintermänner.“ Er will geklärt haben, ob im Umfeld des ÖSV-Teams alle unschuldig sind. Dürr behauptet, ein Händler aus Ex-Jugoslawien hätte ihm das Angebot gemacht – EPO samt Einnahmeplan. Gandler: „Dürr muss jetzt den Mumm haben, alles auf den Tisch zu legen. Ich hoffe, dass das so ist.“ Falls nicht? Gandler: „Es ermittelt das BKA. Und das sollte für jeden der letzte Anstoß sein, die Wahrheit zu sagen.“

Für Gandler gab es in Sotschi ein Déjà-vu-Erlebnis. Er hatte 2001 seine Karriere beendet, und wurde 2003 als Folge der Blutbeutelaffäre von Salt Lake City Rennsportdirektor für Langläufer und Biathleten. 2006 überschattete die Razzia der italienischen Polizei die Spiele. In Zimmer des österreichischen Teams wurden Doping-Utensilien gefunden. Sogar Schröcksnadel und Gandler mussten in Italien vor Gericht erscheinen, wurden aber freigesprochen. Auch mit dem IOC war man im Reinen. Gandler: „Letzten Freitag ist Turin abgeschlossen worden, da habe ich ein Schreiben bekommen, alles Freisprüche.“ Dann kam die Nachricht von Johannes Dürr.

Kommentare