Qigong im Ottakringer Hinterhof

Sonja Heinisch (2. von re.) leitet den Kurs seit etwa einem Jahr.
Das Nachbarschaftszentrum am Stöberplatz bietet zahlreiche Kurse an.

Neun Uhr vormittags in einem Ottakringer Innenhof: Mit geschlossenen Augen vollführen fünf Damen langsame, fließende Bewegungen, machen tiefe Atemzüge – und scheinen die Welt um sich herum vergessen zu haben. Seit knapp einem Jahr bietet die 67-jährige Künstlerin Sonja Heinisch im Hof des Nachbarschaftszentrums Ottakring einen Qigong-Kurs an. Vor rund 30 Jahren begann Heinisch ihre Arbeit mit der chinesischen Meditationsart – nun will sie die Entspannungsmethode jenen anbieten, die sonst nicht damit in Kontakt kommen.

Der Qigong-Kurs ist nur eines von vielen Angeboten, die das Wiener Hilfswerk im Nachbarschaftszentrum am Stöberplatz organisiert. Das Spektrum reicht von Deutsch-Konversations-Klassen über Kasperltheatervorführungen für Kinder von nahe gelegenen Kindergärten bis zu Betreuung von sozial schwachen Menschen.

Hilfe zur Selbsthilfe

"Ziel ist es, Menschen Werkzeuge zu geben, damit sie sich selbst weiterentwickeln können", sagt Leiterin Verena Mayrhofer-Iljic. Sei das über Nähworkshops, Computerkurse oder Nordic-Walking-Runden. Rund 70 Personen suchen das Zentrum täglich auf. Selbst das Badezimmer steht Menschen, die in Sub-Standard-Wohnungen leben, zum Duschen und Wäsche waschen zur Verfügung. Da wird es in der Erdgeschoßeinheit, die dem Wiener Hilfswerk zur Verfügung steht, manchmal schon etwas eng. "Aber das gehört dazu", sagt Mayrhofer-Iljic.

Pensionistin Elisabeth Pechoc ist jedenfalls begeistert, wie viel Gutes hier getan wird: "Im grantigen Wien eine Seltenheit", bemerkt sie. Und freut sich bereits auf die nächste Einheit Qigong. Aufmerksam wurde sie durch ihren Sohn, der im selben Haus wie das Nachbarschaftszentrum wohnt und zu seiner Mutter meinte: "Bei uns im Hof machen Frauen lustige Bewegungen. Ich glaube, das wäre was für dich." Er sollte recht behalten.

Ausschreitungen beim Akademikerball. Das Burgtheater kracht wie eine Kaisersemmel. Und dann auch noch die Wickel um den "Privatbesuch" des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan …

Das Bild, das immer wieder Schlagzeilen von Wien zeichnen, ist oft kein schönes. Walzerseligkeit, Sisi-Kult und Kutschfahrten im Fiaker haben umgekehrt aber auch wenig mit der Lebensrealität der Wienerinnen und Wiener (und der "Zuagrastn") zu tun. Sie finden ihre heile Welt oft im Kleinen. In der Familie, den eigenen vier Wänden, in ihrer Nachbarschaft, im Grätzel.

Genau mit diesen Gemeinschaften wird sich der KURIER in den kommenden Wochen beschäftigen. Bei der großen diesjährigen Sommeraktion können Handarbeitsvereine, Nachbarschaftsgärten oder Jungschargruppen zum "Wiener Grätzel-Kaiser" gewählt werden.

Jetzt bewerben

Sie sind in einem solchen Verein tätig oder kennen Menschen, die sich für die Verbesserung Ihres Grätzels einsetzen – sei es über kulturelle Veranstaltungen, soziales Engagement oder als Hobbygärtner? Dann melden Sie diese bei der Aktion "Wiener Grätzel-Kaiser" an. Ab heute, Donnerstag können interessierte Gruppen und Vereine ihre Bewerbung auf www.kurier.at/graetzel oder per eMail unter graetzel@kurier.at abgeben.

Am 29. Juni beginnt das Voting. Bis einschließlich 6. August können KURIER-Leser ihre Stimme abgeben. Der "Wiener Grätzel-Kaiser" wird am 18. August präsentiert. Der Preis: Ein großes Grätzel-Fest im eigenen Bezirk.kurier.at/graetzel

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