Grätzel-Kaiser: Die Weltreise mit einem Sessel

Projektorganisatorin Barbara Niklas: „Viele kommen nicht nur wegen der Sprache ins Sprachencafé, sondern auch, um neue Leute kennen zu lernen und Kontakte zu pflegen“.
Im Sprachencafé kann man an verschiedenen Tischen ungezwungen Sprachen lernen und üben.

Alfa aus Indonesien wäre heute eigentlich hier, um sich mit Interessierten in ihrer Muttersprache zu unterhalten. Aber irgendwie will oder traut sich niemand so recht, also setzt sich die junge Asiatin kurzerhand an einen der vielen Deutschtische und plaudert ein bisschen mit Said aus Somalia.

Willkommen im Sprachencafé in Margareten. 2012 wurde das Projekt vom Verein "Station Wien" (der unter anderem kostenlose Deutschkurse für Frauen anbietet) ins Leben gerufen, "weil die Leute, die bei uns Deutsch lernen, oft niemanden haben, mit dem sie die Sprache dann auch üben können", sagt Projektorganisatorin Barbara Niklas.

Plaudern und lernen

Seither treffen Menschen aus aller Herren Länder einander hier jeden Mittwoch, um von 17 bis 20 Uhr kostenlos Sprachen zu lernen oder einfach mal auszuprobieren, vorhandene Sprachkenntnisse zu erweitern und neue Leute kennenzulernen. An jedem der Tische wird eine andere Sprache gesprochen. Deutsch, Französisch, Russisch, Ungarisch, Italienisch, Persisch, Spanisch, Chinesisch ... Oder eben Indonesisch. "Jeder, der mag, kann sich melden und einen eigenen Tisch in seiner Muttersprache eröffnen", sagt Niklas. Unabhängig vom Sprachniveau setzt man sich dann einfach dazu und redet mit.

Said, der 28-jährige Somalier, der seit knapp fünf Jahren in Österreich lebt, ist Stammgast im Sprachencafé. "Ich komme jede Woche", sagt er in beeindruckend gutem Deutsch. Wo er das gelernt hat? "Hier. Und vor dem Fernseher. Ich liebe ,Sturm der Liebe‘." Anfangs habe er von der Seifenoper "gar nichts verstanden, jetzt sicher 70 Prozent."

Ganz so gut ist Zakera noch nicht. Die 35-Jährige ist aber auch erst vor zehn Monaten mit ihrem Mann und den drei kleinen Kindern aus Afghanistan geflüchtet und heute zum ersten Mal im Sprachencafé. "Brauchst du (groß – Rucksack)?" steht auf dem Kärtchen vor ihr. Zakera zögert. "Brauchst du ... den großen Rucksack?" Und schon hat sich die kleine Grammatiklektion von Tischmoderatorin Natalia gelohnt. Nächstes Mal nimmt Zakera auch ihren Mann mit.

Auch Sonja wird wiederkommen. Die Wienerin liebt Sprachen, spricht Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch, Arabisch und Chinesisch. Sie hat nur ein Problem: "Ich bin nicht reiselustig. Ich habe Flugangst." Deshalb ist das Sprachencafé für sie "eine tolle Möglichkeit, Sprachen zu lernen. Und sie dann auch zu üben. Du kannst ja nicht einfach irgendjemanden auf der Straße anquatschen, nur weil er vielleicht ein bisschen arabisch ausschaut." Im Sprachencafé muss sie, wenn sie Chinesisch für heute satt hat, mit ihrem Sessel nur einen Tisch weiterwandern.

Information

Das Sprachencafé (Einsiedlerplatz 5) findet noch diesen Mittwoch statt, danach ist bis 10. September Sommerpause.

Internet: www.stationwien.org/spracafe.htm

Bei der großen KURIER-Sommeraktion werden Vereine, Initiativen oder einzelne Menschen zu „Wiener Grätzel-Kaisern“ gewählt: Wenn Sie in einem Verein tätig sind, der sich für die Verbesserung Ihres Grätzels einsetzt – sei es über kulturelle Veranstaltungen, soziales Engagement oder als Hobbygärtner – dann melden Sie sich per eMail unter graetzel@kurier.at oder auf www.kurier.at/graetzel für die Aktion „Wiener Grätzel-Kaiser“ an. Natürlich können sich auch Einzelpersonen bewerben.

Am 29. Juni beginnt das Voting. Bis einschließlich 6. August können KURIER-Leser ihre Stimme abgeben. Der „Wiener Grätzel-Kaiser“ wird am 18. August präsentiert. Der erste Preis: Ein großes Grätzel-Fest im eigenen Bezirk.

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