"Das Beste aus Dorf und Stadt vereinen"

Für Bewohnerin Inge Holzapfel (2. von re.) ist die Sargfabrik nicht nur Wohnort, sondern Grätzelzentrum.
Sargfabrik: Die Wohnhausanlage in Penzing will auch den öffentlichen Raum im Grätzel beleben.

Biologin Inge Holzapfel teilt sich den Staubsauger mit ihrer Nachbarin, kocht freitags des Öfteren für zwanzig Mieter und war gerade mit zehn benachbarten Freunden im Toten Gebirge wandern. Die Sargfabrik in der Goldschlagstraße (14. Bezirk) ist nicht nur Wohnhausanlage, sondern ein Mikrokosmos – mit öffentlichem Jazzlokal und frei zugänglichem Badehaus im Keller, Biotop im Innenhof und Seminarraum im Erdgeschoß. Autos zur gemeinsamen Nutzung stehen auch zur Verfügung und ein Mal in der Woche bietet ein Mieter seine Bioprodukte zum Verkauf an.

"Wir wollen das Beste vom Dorf und das Beste aus der Stadt zusammenbringen", sagt Rainer Tietel, gebürtiger Würzburger, der seit Beginn des integrativen Wohnprojekts dabei ist. Und davon sollen nicht nur die Bewohner, sondern auch die umliegenden Nachbarn profitieren. Das neueste Projekt heißt deshalb "Begegnung in der Goldschlagstraße". Gemeinsam mit Menschen aus dem Grätzel hat man es sich zur Aufgabe gemacht, den öffentlichen Raum um die Sargfabrik zu beleben und zu begrünen. Das große brasilianische Straßenfest Mitte Juni war bereits ein erster Schritt. Dabei wurde die Goldschlagstraße zum Strand – inklusive Pool und Capoeira-Work-out mitten auf der Straße.

Das Ziel des Projekts laut Sargfabrik- Bewohnerin und Vereinsmitglied Gerda Ehs: "Weniger Autos, mehr Fahrräder. Und ganz viel Begegnungszone."

Ausschreitungen beim Akademikerball. Das Burgtheater kracht wie eine Kaisersemmel. Und dann auch noch die Wickel um den "Privatbesuch" des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan …

Das Bild, das immer wieder Schlagzeilen von Wien zeichnen, ist oft kein schönes. Walzerseligkeit, Sisi-Kult und Kutschfahrten im Fiaker haben umgekehrt aber auch wenig mit der Lebensrealität der Wienerinnen und Wiener (und der "Zuagrastn") zu tun. Sie finden ihre heile Welt oft im Kleinen. In der Familie, den eigenen vier Wänden, in ihrer Nachbarschaft, im Grätzel.

Genau mit diesen Gemeinschaften wird sich der KURIER in den kommenden Wochen beschäftigen. Bei der großen diesjährigen Sommeraktion können Handarbeitsvereine, Nachbarschaftsgärten oder Jungschargruppen zum "Wiener Grätzel-Kaiser" gewählt werden.

Jetzt bewerben

Sie sind in einem solchen Verein tätig oder kennen Menschen, die sich für die Verbesserung Ihres Grätzels einsetzen – sei es über kulturelle Veranstaltungen, soziales Engagement oder als Hobbygärtner? Dann melden Sie diese bei der Aktion "Wiener Grätzel-Kaiser" an. Ab heute, Donnerstag können interessierte Gruppen und Vereine ihre Bewerbung auf www.kurier.at/graetzel oder per eMail unter graetzel@kurier.at abgeben.

Am 29. Juni beginnt das Voting. Bis einschließlich 6. August können KURIER-Leser ihre Stimme abgeben. Der "Wiener Grätzel-Kaiser" wird am 18. August präsentiert. Der Preis: Ein großes Grätzel-Fest im eigenen Bezirk.

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