Karl Valentin: Unsinnfabrikant
Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut", sagte Karl Valentin, der schräge, verquere Komiker und unvergessene Wort-Künstler mit dem grantig-melancholischen Humor. Einen "Linksdenker" nannte ihn Kurt Tucholsky, und Bert Brecht schrieb: "Dieser Mensch ist ein durchaus komplizierter blutiger Witz."
Ein Komikergenie
Karl Valentin begann als Musikclown und sah sich zeitlebens als Münchner Volkssänger - freilich auch als einen dem Filmclown Charlie Chaplin ebenbürtigen Komiker.
"Karl Valentins Eigenheiten sind eigen", bemerkte der 1882 in der Münchener Vorstadt Au als Valentin Ludwig Fey geborene "Sohn eines Ehepaares" in einer Selbstbiografie. "Er lebt von der Unsinnfabrikation." Valentin steht für vieles - nur nicht für weiß-blaue Weißwurstgaudi. Das Nur-Lustige war seine Sache nie.
Zu ihm gehörte immer das Tiefschwarze, das teils Finstere, teils Bösartige. Die unerbittliche Schärfe des Witzes. Die Logik zertrümmernde Sprachakrobatik.
Ein Komikergenie, auf Augenhöhe mit Chaplin, Buster Keaton und Laurel & Hardy. Ein Vorläufer von Eugène Ionesco und Samuel Beckett. Der große alte Mann des nihilistischen Theaters erinnerte sich an den Besuch einer Valentin-Aufführung mit den Worten: "Ich lachte voller Trauer."
Ehehölle ohne Happy End
Im Film "Der Theaterbesuch" (1934) - gemeinsam mit Valentins legendärer Partnerin Liesl Karlstadt - wird die Kleinbürgerwelt eines alten Ehepaares durcheinandergewirbelt, als es Theaterkarten für den "Faust" geschenkt bekommt, vermeintlich für die Vorstellung am selben Abend.
"Faust" - für sie eine willkommene Abwechslung vom Alltag, für ihn dagegen der Horror schlechthin, den es mit allen Mitteln zu sabotieren gilt. Aber die Zeit drängt, und die Organisation des Abendessens und die Auswahl der Abendgarderobe mutiert zum Kleinkrieg der Eheleute.
In puncto Gags und Widersinn laufen Valentin und Karlstadt auch in anderen Filmen wie "Musik zu zweien" (1936), "Beim Rechtsanwalt" (1936) oder "Der verhexte Scheinwerfer" (1934) zur Hochform auf.
"Fremd ist der Fremde nur in der Fremde." Nach diesem Motto hat Karl Valentin den Irrsinn des Alltags und den Aberwitz des Daseins durchschaut und in seinen Geschichten und Szenen dargestellt. Um schließlich resigniert festzustellen: "Die Zukunft war früher auch besser."
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