Kabarettist Schramm liefert Zeitkritik pur
Einer der besten, weil schärfsten politischen Kabarettisten Deutschlands hat seine TV-Auftritte im ARD-"Scheibenwischer" und in der ZDF-Satire-Sendung "Neues aus der Anstalt" aufgegeben, um wieder mehr auf der Bühne stehen zu können: Im Stadtsaal gastiert Georg Schramm am 2., 4. und 5. April mit seinem siebten Solo "Meister Yodas Ende – Über die Zweckentfremdung der Demenz".
Es geht um den Zorn alter Menschen. "Der ist natürlich auch ein Zorn der Verzweiflung, weil sie spüren, dass sie schon auf der Zielgeraden sind und feststellen: Was vor ihnen liegt, ist sehr viel kürzer als das, was hinter ihnen liegt", sagt Schramm im KURIER-Gespräch. "Gibt’s am Ende des Lebens nicht einen Freiraum für alte Menschen, weil sie nicht mehr viel zu verlieren haben, noch einmal gestaltend einzugreifen? Wenn Männer das Testosteron nicht mehr auf Trab bringt, dann vielleicht der Zorn und die Empörung."
Renitenter Humanist
Kurz nach der Premiere von "Meister Yodas Ende" kam Stéphane Hessels Buch "Empört Euch!" heraus. Für Schramm "wie ein Geschenk des Himmels. Ein 92-Jähriger thematisiert genau das Thema. Das hat mich beflügelt und gab mir Rückenwind." Bei Schramm verschwimmen Spaß und Ernst. Zuletzt bekam er, "ein gradlinig-kompromissloser Kabarettist und renitenter Humanist", den Deutschen Kleinkunstpreis, weil er, so die Jury, "böse-brillant den verbalen Schwachsinn und die verlogenen Erscheinungsformen heutiger Wertverkäufer desavouiert".
Schramm tritt nie als Schramm, der Kabarettist, auf. Seine Kunstfiguren – Lothar Dombrowski, ein schlecht gelaunter Preuße mit künstlicher Hand, der Oberstleutnant Sanftleben und der Sozialdemokrat August – kämpfen gegen Oberflächlichkeit und Heuchelei.
Dombrowski – zeitkritisch, aggressiv, hart, kompromisslos, ohne Klamauk, ohne Schnickschnack – ist gnadenlos juxfeindlich und wehrt sich gegen die Trends und Moden in Politik und Gesellschaft. Der missionarische Eifer in seiner Ausweglosigkeit ist ein wichtiger Bestandteil dieser Figur, die sagt: "Sollte der Abend ins Belanglos-Fröhliche abgleiten, dann, denke ich, kommen Sie sehr gut ohne mich aus. Gute Laune, so Lirumlarumlöffelstiel, das ist nichts für mich."
August ist der Antityp zum Militaristen Sanftleben und zum Infragesteller Dombrowski: Der kleine Mann, der die Welt nicht mehr so recht versteht, aber den radikalen Wandel spürt. Mit ihm hat Schramm seinem verstorbenen Vater ein Denkmal gesetzt. "Politik war mein Leben", sagt August, "aber in der Zeitung stehen nur noch Börsenkurse."
Die Konstanten bei Schramm: Ernsthaftigkeit im Zorn, Unnachgiebigkeit im Urteil nach eigenen Werten und Unerbittlichkeit im Lächerlichmachen.
Sein Credo, wenn er politisches Handeln schonungslos seziert, steht bei Kurt Tucholsky: "Ich hebe den Vorhang auf, der schonend über die Fäulnis gebreitet war, und sage: ,Seht!""
INFO: Georg Schramm am 2., 4. und 5. April im Stadtsaal in Wien, Karten: Tel. 01/909 2244
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