Dorfer: "Donnerstalk" als Buch und im TV
Eine Pause sieht anders aus: Auch wenn Alfred Dorfer vor gut einem Jahr seinen monatlichen "Donnerstalk" im ORF auslaufen ließ, ist der Star-Kabarettist dennoch weiterhin auf vielen Kanälen präsent. Sein Rückblick-Programm "bisjetzt" spielt er derzeit im intensiven Tour-Betrieb, seine Interviews (zuletzt mit Ute Bock) laufen weiterhin im ORF-"Kulturmontag".
Dem "Donnerstalk" ist Dorfer auf gewisse Weise ohnehin treu geblieben: In seiner wöchentlichen DIE ZEITKolumne gleichen Namens widmet er sich den Niederungen der österreichischen politischen Verhältnisse. Alle Kolumnen seit 2006 sind nun als Kolumnenbuch gesammelt im Czernin Verlag erschienen. Der Titel: "Donnerstalk". Und dass das TV-Original nie ganz zu den Akten gelegt worden ist, beweist Dorfer in der "Donnerstag Nacht" am 8. Dezember (21.40 Uhr, ORFeins): Da zeigt er gemeinsam mit Florian Scheuba, Andreas Vitásek, Lukas Resetarits, Roland Düringer, Thomas Stipsits, Günther Paal und maschek seine " Dorfers Donnerstalk - Jahresbilanz". Für einen satirischen Blick auf die politischen Ereignisse des Jahres stellt sich der Kabarettist noch ein Mal vor die grüne Schultafel.
Im KURIER-Interview erklärt Dorfer, was ihn derzeit beschäftigt, was er sich von der "Donnerstag Nacht" erwartet und warum ihm die Themen für seine Kolumnen nicht ausgehen.
KURIER: Ihre nun als Buch veröffentlichten "Zeit"-Kolumnen dokumentieren unter anderem ihre Sicht der heimischen Politiklandschaft. Welche Themen brennen Ihnen derzeit besonders unter den Nägeln? Gibt es auch Zustände, über die man eigentlich gar nicht mehr schreiben möchte?
Dorfer: Prinzipiell gibt es immer wieder Themen, die unter den Nägeln brennen aber schon von den Tageszeitungen abgehandelt wurden. Und es ist nun einmal das Problem von Wochenblättern, manchmal "hintennach zu schreiben". Besonders brennen natürlich die ewigen Lügengeschichten um die Banken im Konvolut mit den Demokratiefloskeln. Zustände oder Personen, über die man nicht mehr schreiben möchte, gibt`s genug, weil sich ja vieles irgendwie in Varianten wiederholt.
Bekommen Sie für Ihre Kolumnen über österreichische Zustände auch Rückmeldungen aus Deutschland?
In Deutschland betrachtet man die hiesige politische Situation in einer Mischung aus Verwunderung und Arroganz. Das ist auch der Tenor deutscher Resonanzen. Das Niveau beim Nachbarn ist natürlich etwas höher, besonders was Rücktrittskultur, Rhetorik und klare Abgrenzung vom ganz rechten Rand betrifft. Aber so brillant ist es dort auch wieder nicht, dass Arroganz angebracht wäre.
Könnten Sie sich vorstellen, ihre Kolumnen auch in einer österreichischen Tageszeitung zu schreiben?
Parallel zur Zeit sicher nicht, aber grundsätzlich: Warum nicht? Hängt natürlich auch davon ab, welche Tageszeitung.
Kolumnenbücher sind ja auch ein Blick in vergangene Sichtweisen, Vorgänge und Zustände. Können Sie alles so stehen lassen, wie es im Buch steht oder würden Sie gerne hier und da einen Satz ändern?
Natürlich. Manchmal möchte man schon nach einer Woche etwas korrigieren. Aber so bleiben es Momentaufnahmen, Zeitzeugen, die manchmal auf seltsame Art wieder aktuell werden oder eben nach einiger Zeit zu Recht vergessen sind.
Wie beurteilen Sie den Ausgang des Bildungsvolksbegehrens?
Vermutlich ist das Vertrauen der Bevölkerung in die ohnehin schon marginalisierte direkte Demokratie hierzulande enden wollend. Man glaubt offensichtlich nicht oder nicht mehr an die Wirkungsmacht von Volksbegehren oder ähnlichem.
Über Failmann, "Donnerstag Nacht" und neue Satire-Formate
Derzeit macht die Satire-Figur "Werner Failmann" viel von sich reden. Finden Sie es gut, dass sich Satire über soziale Medien derzeit sehr spontan, manchmal auch ungeordnet und unter Bespielung verschiedenster Kanäle äußert, oder meinen Sie, dass die klassische schwarze Bühne noch immer der beste Ort dafür ist...
Für die Satire gibt es viele adäquate Medien und Räume, das würde ich nicht auf die schwarze Bühne beschränken. Die Frage ist eher, ob es sich bei diesem Beispiel wirklich um Satire handelt oder um Spott.
In einer aktuellen Kolumne über Qualtinger schreiben Sie: "Es ist ein Wiener Symptom, kritische Geister entweder als Klassensprecher zu missbrauchen oder ins Belanglose zu lachen." Wir nehmen einmal an, in diesem austriakischen System ist für Sie die Funktion des Klassensprechers vorgesehen. Wie fühlt man sich da, und war das Ende des "Donnerstalk" auch ein vorübergehender Schritt weg von der Schultafel?
Nein, Geschichten haben es an sich, dass sie einmal zu Ende erzählt sind. Aber ich verabschiede mich ja nicht generell von der Funktion des Satirikers, wie man an der Zeit-Kolumne sieht.
In Ihren Kolumnen merkt man, dass Ihnen noch immer vieles unter den Nägeln brennt. Wollen Sie Ihrem Ärger auch wieder in einem neuen ORF-Fernsehformat Ausdruck verleihen? Erwarten Sie in diesem Zusammenhang von Kathrin Zechner neue Impulse fürs ORF-Programm?
Frau Zechner kenne ich als Menschen, der für seinen Job "brennt". Daher wird sie mit Sicherheit neue und sehr gute Impulse setzen. Die entscheidende Frage ist eher, inwieweit die Männerriege an der Spitze und die Zurufer aus der Politik das zulassen.
In der "Donnerstag Nacht" wurde ja seit Ende des "Donnerstalk" viel herumexperimentiert. Manches war gut, manches weniger gut. Jedenfalls konnte sich kein neues Format länger halten. Geben sie da "Wir Staatskünstler" bessere Chancen?
Ganz sicher, rein von der personellen Zusammensetzung arbeiten hier großartige Kollegen. Unverständlich ist mir nur der späte Sendetermin.
Sie spielen derzeit und Anfang nächsten Jahres intensiv ihr Programm "bisjetzt". Wie geht es Ihnen und auch Ihrer Band mit der Rückschau in die vergangenen Jahrzehnte?
Es hat sich dieses Stück seit der Premiere im Jänner schon wieder ziemlich verändert, einige neue Sequenzen sind dazu gekommen, vieles ist gestrichen. Das ist work in progress und die Rückschau tritt immer mehr in den Hintergrund. Zudem wurde einiges Altes auch neu interpretiert und umgesetzt.
Für wann ist ein komplett neues Bühnenprogramm geplant? Oder planen Sie noch ganz andere Projekte?
"bisjetzt" werden wir sicher noch zwei Jahre spielen, wie erwähnt, kommen stets neue Ideen dazu. Über ungelegte Eier möchte ich nicht viel erzählen, weil`s ja dann eh immer anders kommt...
Dorfer: Was kommt
"Donnerstalk - Jahresbilanz" am 8.12., 21.40 Uhr, ORFeins: Alfred Dorfer blickt satirisch zurück auf die politischen Ereignisse des Jahres und präsentiert Gustostücke an Politiker-Sagern und -Versprechern. Live begrüßt er u. a. den griechischen Botschafter (Thomas Stipsits), einen von Finanzberatern geschädigten Obdachlosen (Lukas Resetarits) und Roland Düringer als selbsternannten "Wutbürger". Weiters zieht Chefanalytiker Herbert Prohaska ein Länderspiel-Fazit und feiert 100 Jahre Wiener Austria. Außerdem wird Florian Scheuba mit Dorfer über aktuelle Ereignisse fachsimpeln und "Gunkl" Günther Paal über die Herabstufung des Wortes "Demokratie" durch die Rating-Agenturen referieren. Weitere Beiträge kommen von Andreas Vitásek und den Live-Synchronisateuren maschek.
Dorfers nächstes Interview am "Kulturmontag" (ab 22.30 Uhr) wird am 12. 12. in ORF 2 gesendet. Der Kabarettist spricht mit Vermögensberater Leopold Seiler, "über Mikrokredite, die Börse, wie es mit dem Euro weitergeht, Entwicklungshilfe etcetera. Also wieder Themenkreise, die uns alle angehen."
Termine für das Bühnenprogramm "bisjetzt": siehe Link unten
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