Weltkriegsgedenken im Prunksaal und im Web

Weltkriegs-Propaganda auf dem Postweg: Aufklapp-Postkarte 1914
Wer sich für den Ersten Weltkrieg interessiert, kann jetzt bequem von der Couch aus forschen.

Hinter den Kulissen wurde noch eifrig kaschiert, restauriert und geflickt. Um die 80 Plakate mussten behübscht werden, ehe sie in knapp drei Monaten in der großen Weltkriegsausstellung der österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) der Öffentlichkeit präsentiert werden können. "An meine Völker! " (siehe unten) ist aber nur eines der Projekte, die Johanna Rachinger, Chefin der ÖNB, anlässlich des Gedenkjahres plant und jetzt präsentierte – der Ausbruch des Ersten Weltkriegs jährt sich 2014 zum 100. Mal.

Vergangenheit im Web

Die Zahl ist beeindruckend: „842.000 Zeitungsseiten können im digitalen Zeitungslesesaal ANNO eingesehen werden“, sagt Rachinger. Weil die Generaldirektorin der Nationalbibliothek in den vergangenen Jahren alle Zeitungen aus dem damaligen Österreich-Ungarn digitalisieren ließ. So stehen 58 Zeitschriften und 126 Zeitungen aus den Jahren 1914 bis 1918 allen Interessierten zur Verfügung – kostenlos, weltweit und rund um die Uhr.

Weltkriegsgedenken im Prunksaal und im Web
OENB

Am häufigsten nachgefragt werde übrigens schon heute der 29. Juni 1914, der Tag nach dem tödlichen Attentat auf den Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie Chotek in Sarajewo.

6500 Plakate, 230 Kinderzeichnungen, 37.000 Fotografien, 200 Soldatenlieder und 1100 Flugblätter, die von Flugzeugen abgeworfen wurden: Auch diese Zahlen beeindrucken. Ab April 2014 werden 75.000 Objekte aus den verschiedenen Sammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek digital abrufbar sein. Im Projekt Europeana Collections 1914-1918 haben sich zehn europäische Nationalbibliotheken zusammengefunden, um ein digitales Archiv des Ersten Weltkriegs virtuell zusammenzutragen, das einen authentischen Einblick in die damalige Zeit bieten soll. Insgesamt können 425.000 Zeitdokumente aus acht europäischen Ländern – egal ob ehemals verbündet oder verfeindet – online verglichen werden, die bisher nur in den Lesesälen der jeweiligen Häuser zugänglich waren.

Zukunft im Web

Weltkriegsgedenken im Prunksaal und im Web
Dr. Johanna Rachinger und Prof. Dr. Manfried Rauchensteiner im Interview. Wien 06.11.2013.

Und damit die zahlreichen Webseiten zum Gedenkjahr 2014 auch in Zukunft für Interessierte greifbar bleiben, wird die Österreichische Nationalbibliothek für ihr Web@rchiv Austria ein sogenanntes Event-Harvesting zum Thema Erster Weltkrieg durchführen: „Wir gehen davon aus, dass viele Inhalte via Web publiziert werden werden. Damit die nicht verloren gehen, wird gesammelt und archiviert“, kündigt Rachinger an.

Dabei wird der österreichische Webspace mit so genannten Webcrawlern automatisiert nach diesem Thema durchsucht.Das Ziel sei „ein möglichst aussagekräftiges Abbild der Aktivitäten zum Gedenkjahr zu erhalten“ und alles für die Nachwelt zu sichern. Schließlich wird hier, in der Nationalbibliothek, Österreichs Gedächtnis verwahrt.

Weiterführende Links

Weltkriegsgedenken im Prunksaal und im Web
Der Prunksaal in der Nationalbibliothek

Lange interessierte sich keiner für die etwa 52.000 Objekte und Tausenden Fotografien in der ÖNB, die von einem verlorenen Krieg erzählten. Dabei handelt es sich um die größte Kriegssammlung des Landes. Ab 13. März 2014 wird sich das ändern, denn dann startet "An Meine Völker!" Der Erste Weltkrieg 1914– 1918. Kuratiert vom renommierten Historiker Manfried Rauchensteiner thematisiert die Schau Euphorie, Propaganda und schließlich die Hoffnung auf Frieden.

Weltkriegsgedenken im Prunksaal und im Web
OENB

„Es geht am wenigsten um die Geschehnisse an der Front. Wir wollen zeigen, was an der Heimatfront, im Inneren der Monarchie, ablief“, sagt Rauchensteiner, der beim Zusammenstellen der Schau aus dem Vollen schöpfen konnte: „Ich musste reduzieren und nochmals reduzieren. Wir können nur einen verschwindenden kleinen Teil der Sammlung in der Ausstellung unterbringen.“ Was aber zu sehen sein wird: Ein Schulaufsatz aus 1915. Thema: „Wie ich London bombardierte.“

INFO:Lesen Sie mehr über Geschichten und Geschichte des Ersten Weltkriegs in der Serie „Zeitenwende. Wendezeit. 1914–2014“. Ab 29. Dezember.

Kommentare