Kleidung mit Meinung: Wenn Mode zum Medium wird

„Wir sollten alle Feministen sein“ – gedruckte Frauen-Power bei Dior
Ob gegen Vorurteile oder für Feminismus - Satement-Shirts sind wieder groß in Mode.

Wo können wir Drogen bekommen? Wann gehst du wieder zurück? Woher kommst du wirklich?

Irgendwann hatte Isaiah Lopaz einfach genug. Genug von den dummen und fremdenfeindlichen Sprüchen, die ihm im Alltag immer wieder an den Kopf geworfen wurden. Also begann er, sie auf weiße T-Shirts zu drucken und Fotos davon auf seinem Blog (www.himnoir.com) zu veröffentlichen. "Ich wollte das Ganze nicht mehr auf mir sitzen lassen", erzählt der 36-jährige Künstler, der in Los Angeles aufwuchs und seit neun Jahren in Berlin lebt. "Die Idee war, mithilfe der T-Shirts Tagebuch zu führen." Mit den bedruckten T-Shirts wolle er darauf aufmerksam machen, dass Schwarze immer noch diskriminiert werden. So wie kürzlich, als er mit Freunden in einen Club wollte und vom Türsteher mit dem Argument abgewiesen wurde, dass es zu voll sei. "Als die Tür aufging, konnte ich einen Blick hineinwerfen: Die Bar war keineswegs überfüllt."

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honorarfrei Isaiah Lopaz
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honorarfrei Isaiah Lopaz
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honorarfrei Isaiah Lopaz

Die Resonanz auf Lopaz’ Projekt war groß – seine Fotos wurden viral, die New York Times widmete ihm gar einen ganzen Artikel. Viele wollen jetzt von ihm wissen, wo es die simplen, aber ausdrucksstarken T-Shirts zu kaufen gibt – doch Lopaz will damit kein Geld verdienen, sondern den Dialog über Alltagsrassismus fortführen. "Ich denke, viele Menschen würden die T-Shirts gerne tragen, um sie als Schutzschild vor anderen benutzen zu können", sagt er.

Leiberl mit Botschaft sind nicht neu, erleben aber gerade eine Renaissance. Sogar in der High Fashion sind gesellschaftskritische Statements plötzlich en vogue: Bei den Prêt-à-porter-Schauen im September schmuggelte die neue Dior-Chefdesignerin Maria Grazia Chiuri eine deutliche Ansage auf den Pariser Catwalk: "We should all be Feminists" (Wir sollten alle Feministen sein) stand auf dem schlichten, weißen Shirt eines Models.

Kleidung mit Meinung: Wenn Mode zum Medium wird
A model presents a creation for Christian Dior during the 2017 Spring/Summer ready-to-wear collection fashion show, on September 30, 2016 in Paris. / AFP PHOTO / FRANCOIS GUILLOT

Modebloggerinnen zeigen sich aktuell besonderes gerne in einem Oberteil mit der Aufschrift "The Future is Female" (Die Zukunft ist weiblich), das ursprünglich in den Siebzigern designt wurde und in den vergangenen Monaten zum Kult-Teil avancierte. Zuletzt wurde das 30-Dollar-Leiberl so oft nachgefragt, dass es im Online-Shop Otherwild mittlerweile vergriffen ist. Auf dem Shopping-Portal Etsy werden sogar mehr als 2000 verschiedene T-Shirts mit feministischen Botschaften à la "Girls Power" oder "Fight like a Girl" angeboten.

Auch Stoffbeutel werden neuerdings gerne eingesetzt, um Humor zu zeigen oder Statements abzugeben. Der Journalist Nader Al-Sarras schaffte es im Sommer mit seinem Sackerl sogar in die Medien. Es war mit arabischen Schriftzeichen bedruckt, die übersetzt bedeuteten: "Dieser Text dient nur dazu, denjenigen Angst zu machen, die sich vor arabischer Sprache fürchten." Der weiße Beutel geriet zu einem Symbol gegen Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit.

In der Stadt

Auch in Wien steigt das Angebot an originellen Statement-Shirts. Dabei muss es nicht immer politisch sein, beweist das Label "Gscheade Leibal" – ein bisschen Lokalkolorit kommt ebenfalls gut an. Seit einem Jahr verkauft Kerstin Ordelt T-Shirts mit Mundart-Begriffen: von "Fuxdeiflswüd" über "Wüde Henn" bis zu "Weniga raunzn, mea schmusn". "Es begann damit, dass ich jemandem zur Sponsion ein Leiberl schenkte, auf dem ‚Gstudiade‘ stand", erzählt sie. "Das kam so gut an, dass eine richtige Marke daraus wurde." Den Erfolg führt sie auch darauf zurück, "dass das Interesse an Mundart wieder stark zunimmt".

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gschead

Auch Lilly Egger hört ihren Freunden und Bekannten gut zu. Jene Sprüche, die am häufigsten fallen, druckt sie für ihr Label "Kitsch Bitch" auf T-Shirts, Pullis und Stoffbeutel. Besonders beliebt: "Sei einmal leiwand", "Muss da wurscht sein", "Jo eh" und "Bussi Baba". Hinter Letzterem versteckt sich eine politische Botschaft, verrät die 25-jährige Wienerin: "Nach der letzten Bundespräsidenschaftswahl haben wir auf unserer Facebook-Seite ‚Bussi Baba Herr Hofer‘ geschrieben. So etwas kommt gut an, die Leute können ihre Meinung ausdrücken, ohne zu plakativ zu sein. Das Shirt war einer der Top Seller nach dem Wahlergebnis."

Vermutlich wird sich das Leiberl auch in den kommenden Wochen gut verkaufen.

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