Ferragamo: Schuhmacher der Weltprominenz
Sein erstes Paar Schuhe kreierte Salvatore Ferragamo (*1898; 1960) im Alter von neun Jahren für seine Schwester – und beschloss sogleich, den Beruf des Schuhmachers zu erlernen. Zu diesem Zeitpunkt ahnte er noch nicht, dass man ihm in Hollywood den Beinamen "Schuster der Träume" verleihen würde.
Im Alter von sechzehn Jahren zog es ihn von Neapel nach Boston, wenig später nach Hollywood, wo er Anfang der 1920er-Jahre eine Boutique für Maßanfertigungen und Reparaturen eröffnete. Nicht lange, und Stummfilmstars wie Joan Crawford und Gloria Swanson bestellten seine klassischen Modelle. Marlene Dietrich orderte extravagantes Design, das sie meist nur einmal trug, Greta Garbo bevorzugte maskuline Modelle, Ingrid Bergman wollte Pumps mit hohen Absätzen und Audrey Hepburn nur flaches Schuhwerk. Der begabte Italiener war beliebt, vor allem, weil er ein Visionär war. Er experimentierte unaufhörlich mit Materialien und besuchte einen Anatomiekurs an der Universität von Südkalifornien. Er wollte nicht nur besondere Schuhe kreieren, sie sollten vordergründig auch bequem sein.
Innovationen
Bis zu dieser Zeit benötigten Schuhe mit hohen Absätzen eine Zehenkappe als Bremse, damit der Fuß nicht nach unten wegrutschen konnte. Zehenfreies Design konnte nur mit flachen Absätzen gefertigt werden. Also entwickelte Ferragamo die "Stahlfedertechnik" und damit die ersten Damensandaletten. Doch nach dem Krieg wurden Materialien knapp. Stahlfedern waren nicht zu bekommen, also erfand er den Keilabsatz (Anm.: keilförmiger Absatz, der mit der Sohle in einem Stück gearbeitet ist), damit die Damen auch weiterhin ein paar Zentimeter an Größe gewannen und die aufrechte Haltung beim Gehen wahren konnten. Er setzte Brokat, Baumrinde, Kork, Nylon- und Goldfäden ein. Schließlich wurde auch das Jahrhundert-Sexsymbol Marilyn Monroe auf den Fabrikant aufmerksam. Zehn Jahre lang entwarf er High Heels mit elf Zentimeter hohen Absätzen für sie. Diese trug sie nicht nur in ihren legendären Filmrollen, sondern auch privat.
1927 zog es Ferragamo zurück in die Heimat. Er war 42 Jahre alt, als er der 18-jährigen Wanda begegnete. Er war berühmt, also machte sie ihm ein Kompliment: "Danke für das, was Sie für die Mode getan haben." Er drehte sich zu seiner Schwester um und sagte: "Dieses Mädchen wird meine Frau werden."
Wanda (heute 92) schenkte ihm sechs Kinder, gemeinsam setzten sie sein Schaffen als Familienunternehmen fort, als "Referenz an einen großen Künstler".
KURIER: Donnerstagabend feierten Sie mit zahlreichen Gästen die Neueröffnung der Salvatore Ferragamo-Boutique am Kohlmarkt. Sind Sie mit dem "Facelift" zufrieden?
Giovanna Ferragamo: Es ist heller geworden, mit mehr Liebe zum Detail, etwa durch die Spiegel. Man muss mit der Zeit gehen, der Wandel ist rasant. Auch unsere Boutique in Mailand wurde kürzlich renoviert.
Ihr Vater, der gleichnamige Gründer des Familienbetriebs war als "Visionär mit einer großen Liebe zum traditionellen und stilvollen Design" bekannt. Ist das Ihr Erfolgsgeheimnis?
Als mein Vater 1960 starb, hinterließ er meine Mutter Wanda und sechs Kinder samt 350 Patenten. Er vermittelte uns die Leidenschaft für das Handwerk, ließ uns an Entstehungsprozessen und seiner Philosophie teilhaben. Expansionen und eine Modelinie waren sein Traum, den wir realisieren konnten.
Der Palazzo Spini Feroni in Florenz ist seit 1938 der Hauptsitz des Unternehmens. Welchen Einfluss hat die Stadt auf die Marke?
Mein Vater wurde bei Neapel geboren und lebte lange in Amerika. Er hat sich ganz bewusst für die Toskana entschieden. Wegen der Kultur, der Traditionen, der Handwerkskunst, den Materialien. Diese Stadt ist eine einzige Inspirationsquelle.
1995 wurde das "Museo Salvatore Ferragamo" eröffnet. Warum ist es einen Besuch wert?
Weil es ab 1927 deutlich die Geschichte der Mode dokumentiert, etwa die Periode nach dem Weltkrieg. Zu dieser Zeit gab es kaum Materialien. Mein Vater vermisste die Stahlfeder, die den Pumps zur Unterstützung des Bogens zwischen Sohle und Absatz diente. Ein Frauenschuh sollte extravagant, aber auch bequem sein. Also erfand er 1936 den Keilabsatz.
Er war auch als " Schuhmacher der Weltprominenz" bekannt ...
Auch das wurde dokumentiert. Meine Mutter war immer etwas eifersüchtig, weil diese schönen Frauen ihre Beine vor ihm entblößten ...
Stimmt es, dass er Marilyn Monroe niemals getroffen hat?
Ja, aber sie hatte den perfekten Fuß und bestellte unsere Schuhe im New Yorker Store. Apropos, als Monroes Garderobe versteigert wurde, flog meine Mutter in die Staaten, setzte sich zwei Stunden vor Auktionsbeginn in die erste Reihe und bot wie verrückt für Marilyns "Ferragamos", wie etwa die Sandaletten aus "Das verflixte 7. Jahr".
Und auch diese Schuh-Sammlung kann man im Museum bewundern.
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