Darf man Kollegen auf Schweißgeruch ansprechen?
Irgendwo scheint dieser Tage immer jemand nach Schweiß zu müffeln. Abendliche U-Bahn-Fahrten nach Hitzetagen können als Herausforderung für die Atemwege bezeichnet werden und auch der Partner kam nach der Arbeit schon mal wohlriechender nach Hause. Hängt der Haussegen nicht gerade wegen anderen Dingen schief, kann diesem ruhig unverblümt gesagt werden: Schatz, du brauchst dringend eine Dusche. Eine Lösung, die bei Arbeitskollegen leider wegfällt.
Was also tun, wenn bei jemandem im Büro die Körperausdünstungen sehr deutlich wahrzunehmen sind? Eine unangenehme Situation für alle in Riechweite sitzenden Mitmenschen. Soll man etwas sagen oder lieber aus Höflichkeit den Mund halten?
Letzteres ist laut Stil- und Image-Beraterin Bettina Kohlweiss keine Option. "Wenn der strenge Körpergeruch des anderen ein Dauerzustand ist, wirkt es sich auf die eigene Konzentration aus und man entwickelt demjenigen gegenüber langfristig negative Gefühle", sagt die Expertin im Gespräch mit dem KURIER. Die Situation sei jedoch keine ausweglose.
Boah, du stinkst
Wer das heikle Thema ansprechen will, sollte sich an die gleiche Regel wie bei fachlicher Kritik am Chef halten: Ja nicht coram publico machen - sonst droht ein unschönes Ende. "Einfach vor allen anderen zu sagen 'Boah, du stinkst', ist definitiv nicht gut", weiß Kohlweiss. Das bringe das Gegenüber in eine äußerst unangenehme Situation. "Es braucht in jedem Fall ein Vier-Augen-Gespräch mit jemandem, der der streng riechenden Person nahe steht."
Und auch hinter geschlossenen Türen bitte nicht wie der Elefant im Porzellanladen aufführen. "Der Ton macht wie so oft die Musik. Dem anderen sollte Wertschätzung entgegen gebracht werden." Denn die Gründe für den Schweißgestank können verschieden sein: Vielleicht probiert derjenige gerade ein neues aluminiumfreies Deo aus, das seine Wirkung erst nach ein paar Wochen entfaltet. Vielleicht glaubt die Person, auch ohne Hilfe von Körperhygiene-Produkten wie eine Rose zu duften. Es kann jedoch auch ein gesundheitliches Problem dahinterstecken.
Zurück zum taktisch gut geführten Gespräch. "Ich schätze dich als Kollegen sehr", ist laut Image-Profi Kohlweiss ein guter Einstieg in die Unterhaltung. Dann keinesfalls in der Wir-Form fortfahren, sondern immer die subjektive Empfindung betonen, damit die andere Person nicht das Gefühl hat, alle im Büro würden bereits über sie reden. "Mir ist heute aufgefallen, dass du heute eine stärkere Körperausdünstung hast. Vielleicht ist es dir auch aufgefallen?"
Bei Kollegen funktioniert das - aber beim Chef? Hier scheint das Fettnäpfchen-Minenfeld unüberwindbar. "Dem Vorgesetzten so etwas zu sagen, geht nur wenn die Hierarchie sehr flach und die Beziehung zu den Mitarbeitern dementsprechend amikal ist", rät Kohlweiss. Ist sie es nicht, sollte laut der Expertin derjenige Mitarbeiter darauf angesetzt werden, der dem Boss am nächsten steht. Zugegeben, dieser muss sich so ein Gespräch auch erst mal trauen.
Ob Kollege oder Chef - dem Gegenüber wird die Unterhaltung natürlich auch trotz behutsamer Wortwahl unangenehm sein. Ihnen auch. Beide Seiten werden aber am Ende froh sein, es geführt zu haben - und sich vielleicht sogar künftig über die besten neue Deos austauschen.
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