Robert Dornhelm: „Quentin Tarantino geht mir furchtbar auf den Wecker“

Robert Dornhelm: „Quentin Tarantino geht mir furchtbar auf den Wecker“
Beim Segeln auf dem Neusiedler See spricht der Regisseur über sein rezeptfreies Leben, seine Freundschaft zu Oscar-Preisträger Christoph Waltz und den „geschmacklosen Plagiator“ Tarantino.

Mit Strohhut und in sandfarbenem Leinenhemd kommt der Film-Regisseur von den Proben aus St. Margarethen auf den Bootssteg in Mörbisch. „Im Steinbruch steht die Hitze. Jetzt bin ich entspannt“, sagt Robert Dornhelm. Aus seinen sanften, neugierig alles beobachtenden Augen blitzt meist ein Lächeln.

Eine Segelfahrt auf die ungarische Seite des Neusiedler Sees und Chillen auf der Terrasse von Eselböcks „Haus im See“ – mit Open End – ist angesagt. Mit Freddy Lang, dem vierfachen Europacupsieger, als Skipper, kann man getrost um Mitternacht die Heimfahrt im Mondlicht antreten. „Das letzte Mal bin ich vor über 40 Jahren von Athen nach Stockholm gesegelt“, erzählt Dornhelm. Auf Yachten – wie der von Francesca Habsburg – ist er jetzt öfters unterwegs.

Spektakel

Robert Dornhelm: „Quentin Tarantino geht mir furchtbar auf den Wecker“
Was macht der Cineast, der Puccinis La Bohème vor fünf Jahren schon mit Anna Netrebko und Rolando Villazón verfilmt hat, in St. Margarethen? „Es ist meine erste Bühneninszenierung“, sagt Dornhelm, während er seine Schuhe auszieht und aufs Segelboot steigt. „Die Unterschiede zwischen Film- und Bühneninszenierung könnten krasser nicht sein. Hier muss es ein Spektakel sein.“ La Bohème ist die Lieblingsoper des 64-Jährigen. „Man kann so schön weinen und viel lachen, schöne Musik hören und einen schönen Tod sehen.“

Unaufgeregt, uneitel und unglaublich freundlich ist Dornhelm, der mit 13 Jahren aus Rumänien nach Wien flüchtete, mit 21 Jahren Vater von Tochter Segolène wurde und mit 29 Jahren als jüngster Oscar-Nominierter im kalifornischen Malibu, Tür an Tür mit all den Hollywoodstars, landete.

Kaum zu glauben, Dornhelm ist der Cousin des ehemaligen Operndirektors Ioan Holender, der Robert samt Eltern und Bruder Peter (68) 1960 aus Triest nach Wien holte. Als der begabte Schwimmer „Robi“, wie Holender seinen Vetter nennt, ein Kind war, wollte der um 12 Jahre ältere Ioan „Domnul antrenor“ (Rumänisch: Herr Tennistrainer) gerufen werden.

„Ich mag Ioan sehr. Er bellt halt gerne. Aber ich schätze seine Direktheit, mir gefällt sein Undiplomatisch-Sein. Ich bin ein feinfühlender Mensch, ich hätte nicht die ,Balls‘, um Leute nach der Vorstellung anzuschreien. Aber jetzt hat er diese Phase eh hinter sich“, sagt der Historien- und Dokumetarfilm-Spezialist und steuert nach dem Anlegen beim „Haus im See“ gleich einmal den Koch und den Griller an.

„Ich möchte mit den Fischen Bekanntschaft machen“, sagt der Hobbyfischer. In perfektem Ungarisch – mit den Eltern wurde nur Ungarisch gesprochen – erklärt er dem Chefkoch, der ihm einen Zander zeigt, dass Rosmarin nicht zu Fisch passt. „Das ist für mich ein vulgäres Kraut, für Lamm ist es okay.“

Am liebsten wäre der zweifache Großvater (Xavier, 13, und Mimi, 5) eh Koch geworden. Zu Hause in Malibu, wo er die meiste Zeit des Jahres mit Ehefrau Lynn verbringt, „hab’ ich eine Großküche, die sich so mancher Küchenchef wünschen würde“. Jede Woche zaubert er Freunden – „20 können’s schon sein“ – Improvisiertes auf den Tisch. „Ein paar Mal im Jahr koche ich auch für mehr als 100 Leute.“ Denn Kochen sei wie Filmen. „Dazu braucht man nicht viel“, sagt er und zitiert sein großes Vorbild Ingmar Bergmann: „Gut einkaufen, Hitze regulieren und nicht viel umrühren, sonst wird es Gulasch.“

Vorbilder

Robert Dornhelm: „Quentin Tarantino geht mir furchtbar auf den Wecker“
Von seinem Freund und Regisseur Robert Altmann „habe ich das Hasardieren, das Spielen und das Sich-selbst-nicht-ernst-Nehmen gelernt“. Dornhelm ist kein Kinogeher. Manchmal schaut er sich zu Hause DVDs auf dem großen Flatscreen an. Den oscarprämierten Film „Django Unchained“ hat er sogar im Kino gesehen. Sein Urteil? Da antwortet der sanfte Regisseur, ganz nach Holender-Manier, plötzlich sehr direkt und unverblümt in einem Monolog: „Ich bin kein Fan von Regisseur Quentin Tarantino. Er ist ein geschmackloser Plagiator, Filmzitator. Dieser mir nicht sehr sympathische Prahlhans geht mir auf den Wecker. Vor allem seine Interviews sind dumm und überheblich. Ja, clever ist er und seine Filmmusik ist gut.“

Nachdem Dornhelm zum gegrillten Zander eine Flasche Grünen Veltliners bestellt hat, fällt ihm doch noch etwas Positives über Tarantino ein. „Die Auftritte von Christoph habe ich in beiden Filmen genossen. Die Rollen sind ihm auf den Leib geschrieben. Deshalb verzeihe ich ihm vieles.“

Mit dem Oscarpreisträger Christoph Waltz verbindet ihn seit 40 Jahren eine enge Freundschaft. Warum hat Waltz dann noch keine Rolle in einem Dornhelm-Film bekommen? „Ich habe für ihn nie eine Rolle in meinen Filmen gefunden. Und nur, weil er jetzt den Oscar hat, eine Rolle zu finden, wäre unanständig. Mit ihm ließe sich jeder Film sofort finanzieren.“

Auch von den viel prämierten Filmen Michael Hanekes hält der österreichische Kollege nicht viel. „Aber es ist ja gut, dass dem einen das gefällt, dem anderen nicht.“ Dornhelm selbst bleibt lieber flexibel. „Mein ganzes Leben ist rezeptlos. Nicht nur, was das Kochen betrifft. Auch Lebensweisheiten müssen sich ändern“, sinniert er Richtung Sonnenuntergang beim zweiten Flascherl Wein.

Info: „La Bohème“, vom 10. 7. bis 25. 8. in St. Margarethen. Karten und DVD zur Oper mit Making of: www.ofs.at.

Kommentare