König Charles vor schwieriger Entscheidung zwischen Familienfrieden oder schlanker Monarchie
Die Pläne von König Charles III für eine schlankere Monarchie stehen kurze Zeit nach seinem Amtsantritt bereits auf dem Prüfstand. Das liegt ausgerechnet an zwei der engsten Verwandten des Monarchen - seinem jüngeren Sohn Prinz Harry und seinem Bruder Prinz Andrew. Beide sind, aus unterschiedlichen Gründen, keine "working royals" mehr, treten also nicht im Namen der Royal Family öffentlich auf.
Dennoch gehören beide weiterhin als "Counsellors of State" dem Staatsrat an, also dem Gremium aus Familienmitgliedern, das die Vertreter des Königs stellt, sollte das Staatsoberhaupt wegen Krankheit oder Auslandsaufenthalt verhindert sein. Daran erhebt sich Kritik.
Vielen im Vereinigten Königreich stößt der Gedanke sauer auf, dass ausgerechnet Andrew, der wegen seiner Verwicklung in einen Skandal um sexuellen Missbrauch in Ungnade gefallen ist, oder Harry, der bei seinem Umzug in die USA freiwillig seine royalen Pflichten aufgegeben hat und anschließend scharfe Kritik am Königshaus äußerte, bei offiziellen Anlässen für Charles einspringen könnten. Es solle doch bitte für solche Fälle ein Staatsrat gewählt werden, der "tatsächlich royale Pflichten oder wenigstens einige davon ausführt", mahnte jüngst Dominic Hubbard, bekannt als Lord Addington, im Oberhaus.
Derzeit sieht das 1937 eingeführte Gesetz Regency Act fünf Staatsräte vor. Dabei handelt es sich um den Ehepartner des Monarchen sowie die nächsten vier Erwachsenen über 21 Jahre in der Thronfolge. Seit dem Tod von Queen Elizabeth II sind dies Königsgemahlin Camilla, Thronfolger Prinz William als ältester Sohn von Charles, Harry, Andrew sowie dessen älteste Tochter Prinzessin Beatrice. Ist der Monarch unpässlich, kann er zweien dieser Staatsräte einige seiner Aufgaben übertragen. So können sie etwa Dokumente unterzeichnen oder Akkreditierungsschreiben neuer Botschafter in Empfang nehmen.
Sieben statt fünf Staatsräte?
Der Clou: Ein Counsellor, der während der Abwesenheit von Charles ebenfalls nicht im Land weilt, kann nicht zu den Sitzungen des Staatsrats erscheinen. Falls also der König und seine Gemahlin sowie Prinz William gleichzeitig im Ausland weilen, blieben nur die beiden "schwarzen Schafe" Harry, wobei der vermutlich auch nicht in Großbritannien wäre, und Andrew sowie Beatrice über. Dies soll, so ist zu lesen, möglichst vermieden werden.
Andrew und Harry aus dem Staatsrat zu entfernen, gilt aber ebenfalls als ausgeschlossen. Zu groß wäre der Affront. So galt Andrew trotz des Missbrauchsskandals als Lieblingssohn von Charles' Mutter Queen Elizabeth II. Bei Harry ist es noch etwas komplizierter.
Die Beziehungen zwischen Charles und seinem jüngeren Sohn gelten ohnehin als schwer belastet. So hatte der 38-Jährige vor allem seinen Vater wiederholt scharf attackiert, als er und Ehefrau Herzogin Meghan dem Palast fehlende Empathie vorwarfen. Am 10. Jänner soll zudem Harrys mit Spannung erwartete Biografie erscheinen. Medien zufolge hat der Queen-Enkel das Buch, mit dem bereits im Herbst gerechnet worden war, nach dem Tod seiner geliebten Großmutter am 8. September hastig überarbeitet und stellenweise abgeschwächt.
Dennoch dürfte "Spare" für Aufsehen und womöglich neuen Zwist sorgen - darauf lässt der Titel schließen, der sich mit "Überflüssig" oder "Ersatzteil" übersetzen lässt. Wirft Charles seinen Sohn aus dem Staatsrat, würde er eine weitere Baustelle schaffen, sind Royals-Experten überzeugt.
Die Lösung könnte daher lauten: nicht weniger Staatsräte, sondern mehr. Die Zeitung Telegraph berichtete am Donnerstag, das entsprechende britische Gesetz solle geändert werden, damit auch Charles' jüngster Bruder Prinz Edward und seine Schwester Prinzessin Anne wieder zu "Counsellors" ernannt werden könnten. Damit würde der Monarch die Bedeutung von Harry und Andrew deutlich abschwächen, aber zugleich den brüchigen Familienfrieden wahren, schrieb das Blatt.
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