Der 51-Jährige aus Queens, New York, gilt als intensiver Mensch und leidenschaftlicher Schauspieler, der Rollen so ernst nimmt, dass er Schwierigkeiten hat, sich von ihnen zu lösen.
KURIER: Sie sprachen schon vor vielen Jahren über diesen Film. Wie lange hat es gedauert und was waren die Gründe, warum Sie drangeblieben sind?
Adrien Brody: Es war ein über sieben Jahre dauerndes Projekt für unseren Regisseur Brady Corbet. Das Drehbuch kam vor über fünf Jahren zu mir, verschwand wieder und kam dann auf wundersame Weise zurück. László Tóth ist eine wunderschön geschriebene und ausgearbeitete Figur, für die ich sofort eine Verbindung und ein Verständnis gespürt habe und die ich unbedingt spielen wollte. Und das ist eine so wunderschön durchdachte Geschichte, die, auch wenn sie Fiktion ist, sich sehr real und authentisch anfühlt. Genau das ist für mich so wichtig, wenn ich eine Figur verkörpere: sie echt zu machen und in einem Film wie diesem nicht nur die Vergangenheit zu repräsentieren, sondern uns auch daran zu erinnern, wie viele Dinge in unserer Gegenwart mit ihr verknüpft sind. Wir müssen aus ihnen lernen.
Wie unterscheidet sich diese Rolle von Ihren bisherigen Engagements? Und wie hat Ihr künstlerischer Hintergrund sowie die Geschichte Ihrer Familie – Ihre Mutter, die während des Krieges in Ungarn geboren wurde – Ihnen geholfen, diese Figur zu verstehen?
Es ist in vielerlei Hinsicht eine bemerkenswerte Erfahrung für mich, vor allem wegen der direkten Parallelen zu meiner eigenen Familiengeschichte. Aber es ist auch ein sehr universelles Thema – viele Menschen stammen aus Familien mit Migrationshintergrund. Nicht nur meine Mutter, sondern auch ihre Eltern flohen 1956 während der Revolution aus Budapest und emigrierten in die Vereinigten Staaten. Meine Mutter ist Sylvia Plachy. Sie ist eine wunderbare New Yorker Fotografin. Sie war ein Flüchtling und hat genau wie László von vorn angefangen, ihr Zuhause verloren und den Traum verfolgt, Künstlerin zu sein. Ich verstehe sehr viel über die Auswirkungen, die das auf ihr Leben hatte – nicht nur in Bezug auf ihre Arbeit, sondern auch auf ihre empathische Natur und ihre Sicht der Welt. Ich glaube, das hat auch meine Arbeit und meine Entscheidungen als Schauspieler geprägt. Und ich finde, dass das eine wunderbare Parallele zu Lászlós Schöpfungen darstellt – wie sie sich entwickelt haben und wie die Nachkriegspsychologie ihre Arbeit auf kreative Weise beeinflusst, ebenso wie alle anderen Aspekte ihres Lebens.
Als Schauspieler, der immer nach neuen Regisseuren und Drehbüchern sucht: Ist es heutzutage schwer, solche Projekte zu finden?
Es ist eine Herausforderung. Wir alle sehnen uns danach, Dinge zu finden, die für uns tiefgreifend und bedeutsam sind. Deshalb ist es so überwältigend, wenn man etwas wie „The Brutalist“ entdeckt. Es war transformativ, belebend und inspirierend. Brady Corbets Arbeit beweist, was man mit bescheidenen Mitteln erreichen kann. Er hat etwas unglaublich Mutiges geschaffen.
Sahen Sie auch Parallelen zwischen der Schwierigkeit, ein Monument zu bauen, wie Ihre Figur das im Film macht, und der Schwierigkeit, einen Film auf die Beine zu stellen?
Und wie. Brady Corbet erkannte das als Erster und hat absolut recht, wenn er sagt, dass so viel von den Ambitionen meines Charakters und seinem Kampf durch das Leiden, um etwas Unvergessliches zu schaffen, der Reise eines Filmemachers gleicht, der versucht, etwas Bleibendes zu erschaffen – trotz all der Hindernisse, die uns in diesem kreativen Medium begegnen. Ich habe versucht, genau das in meiner eigenen Arbeit zu unterstützen, als Beitrag zu seinem Werk und zu der Arbeit, die wir alle anstreben. Es gibt viele Filme, aber nur sehr wenige werden so verwirklicht wie dieser.
Was haben Sie durch diese Rolle über Architektur und Durchhaltevermögen gelernt?
Ich habe schon lange eine echte Liebe und großen Respekt für Architektur und Design, aber durch diesen Film habe ich viel tiefere Einblicke gewonnen. Ich erkenne jetzt, wie jeder Künstler seine Erfahrungen in seine Arbeit einfließen lässt. Besonders die Nachkriegsarchitektur wurde stark durch die Traumata des Krieges beeinflusst. Die wuchtigen Strukturen mit hohlen, höhlenartigen Innenräumen sind ein Sinnbild für all das, was verloren gegangen ist, und für die Leere, die in László als Mann zurückbleibt. Gleichzeitig spiegelt sich darin auch seine spirituelle Suche wider, der Zugang zu einer höheren Macht, dargestellt durch die Deckenhöhen und das Licht. Alle künstlerischen Ausdrucksformen, die integriert wurden, erzählen von der individuellen Reise und Sehnsucht des Architekten als Künstler. Es ist komplex und hat eine immense energetische Wirkung, die sowohl bedrückend als auch erhebend ist.
Kommentare