Hildegard Knef feiert 100. Geburtstag: "Größte Sängerin ohne Stimme"

Eine junge Frau liegt in einem Bett und schaut nach oben.
Die 2002 verstorbene Sängerin und Schauspielerin wurde am 28. Dezember 1925 geboren. Der ORF würdigt das Jubiläum.

"Wieviel Menschen waren glücklich, dass du gelebt?" lautet der Titel eines Songs von Hildegard Knef. Sehr viele, dürfte die Antwort auf diese markante Frage im Falle der deutschen Diva lauten, die am 28. Dezember vor 100 Jahren geboren wurde. Und faszinierend ist die 2002 gestorbene Knef auch heute noch. Fragt man jüngere Menschen nach ihrem Namen, dann fragen manche schon mal zurück: "Wer?" Aber Lieder wie "Für mich soll's rote Rosen regnen" sind heute noch bekannt.

Noch heute ist der Liedtext ziemlich erstaunlich. Vielleicht liegt das auch an der Selbstverständlichkeit, mit der eine Frau damals aussprach, wie ihr Leben aussehen soll. "Mit 16 sagte ich still: Ich will. Will alles - oder nichts." Das Lied habe sie mal in einem Moment absoluten Größenwahns geschrieben, erzählte Knef in einem Interview aus den 1990ern. "Das ist ja ein wirklich hochaggressives Lied, nicht?"

Erfolg mit Wiener Schmalz

Damals habe sie mit dem Komponisten besprochen, dass es - wenn man dazu Wiener Schmalz raushole und einen Dreivierteltakt - vielleicht doch ganz lustig sein könnte. "Und dann wurde es ein geradezu gigantischer Erfolg, mit dem ich nie gerechnet habe." Knef wirkte in solchen Interviews relativ offen. Rauchte auch mal vor der Kamera. Sprach ehrlich über Misserfolge. Auf Fotos sieht man sie mit den langen Wimpern und den dunkel geschminkten Augen.

Geboren wurde Knef am 28. Dezember 1925 im beschaulichen Ulm, aufgewachsen ist sie aber in der Weltmetropole Berlin. Früher habe sie dem Typ der Zeit nicht entsprochen, sagte Knef selbst. Damals seien die Mädchen wunderschön und ebenmäßig gewesen. Sie habe einen etwas zu großen Mund und ein etwas asymmetrisches Gesicht gehabt. Aber ihre Schauspiellehrerin habe an sie geglaubt.

Abenteuerliche Karrierestationen

Die Stationen von Knefs Karriere klingen abenteuerlich. Sie drehte mit "Die Mörder sind unter uns" den ersten deutschen Nachkriegsspielfilm. Darin spielte sie eine KZ-Überlebende, die ins zerbombte Berlin zurückkehrt. Nach einem erfolglosen Versuch in Hollywood übernahm sie in Deutschland die Titelrolle im Film "Die Sünderin". Der zeigte eine Nacktszene und löste damit einen Skandal aus.

Viele Dokumente finden sich heute auch in der Deutschen Kinemathek in Berlin, die Knefs Nachlass verwaltet. In den Kisten lagern ein Dankesschreiben des Ex-Kanzlers Willy Brandt ("Ihr sehr ergebener") und Typoskripte ihrer Bücher. Auch dabei: Briefe, die sich Hildegard Knef und Marlene Dietrich geschrieben haben. "Liebstes Hildekind", schrieb Dietrich 1975. Dietrich beschwert sich, dass sie schon wieder Koffer packen müsse. "I am reading and reading to fill the loneliness".

Die größte Sängerin ohne Stimme

Neben der Schauspielerei begann Knef weitere Weltkarrieren. Am Broadway spielte sie Hunderte Vorstellungen von "Silk Stockings". Ella Fitzgerald soll mal über sie gesagt haben, sie sei die größte Sängerin ohne Stimme. Sie schrieb die Texte zu 130 ihrer 320 veröffentlichten Titeln selbst und hatte auch als Buchautorin ziemlichen Erfolg ("Der geschenkte Gaul"). Gemalt hat sie auch noch. Sie erlebte auch Krankheiten. Hatte drei Ehemänner. Und in der queeren Community hat sie bis heute eine besondere Position.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass Hildegard Knef vielleicht nicht immer eine glückliche, aber immer eine starke Frau war. "Das Glück kennt nur Minuten. Der Rest ist Warteraum", singt sie selbst in einem ihrer Lieder.

ORF feiert die Jubilarin

Der ORF würdigt Knef nun zum runden Geburtstag mit einem ganzen Feuerwerk an Programmpunkten. Bereits am Freitag (12. Dezember) spricht Lilian Klebow in "Guten Morgen Österreich" ab 6.30 Uhr in ORF 2 über ihr Programm "Hildegard Knef", während am 15. Dezember Béla Korény, Lilian Klebow und Ulrich Michael Heissig - der Künstler hinter der Figur Irmgard Knef - zu Gast in "Kultur Heute" auf ORF III sind. Am 29. Dezember folgt dann in ORF 2 um 22.30 Uhr das neue Filmporträt "Ich will alles. Hildegard Knef".

Und auch Ö1 feiert die Jubilarin. Den Auftakt markiert das Feature "Ich bin den weiten Weg gegangen" im Rahmen der Ö1-"Hörbilder" am 27. Dezember ab 9.05 Uhr. Am 28. Dezember zeichnet ein "Spielräume Spezial" ab 17.10 Uhr die musikalische Karriere des Stars nach, und in den Ö1-"Radiogeschichten" am 30. Dezember sind Auszüge aus der Autobiografie "Der geschenkte Gaul" zu hören, gelesen von Knef höchstpersönlich. Und schließlich formuliert jahreszeitlich passend besinnlich Lilian Klebow von 29. bis 31. Dezember und am 2. und 3. Jänner Knef'sche "Gedanken für den Tag".

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