Harvey Weinstein aus Oscar-Akademie ausgeschlossen

Harvey Weinstein
Die Filmakademie will den Ausschluss als Botschaft verstanden wissen, dass "sexuell aggressives Verhalten" in der Filmbranche vorbei sei. Mittlerweile gibt es einen neuen Vergewaltigungsvorwurf gegen den Produzenten.

Hollywood kehrt Harvey Weinstein den Rücken: Die Oscar-Akademie schloss den mit Vergewaltigungsvorwürfen konfrontierten US-Produzenten am Samstag aus ihren Reihen aus. Nach einer Dringlichkeitssitzung in Los Angeles erklärte der 54-köpfige Vorstand der US-Filmakademie, die Entscheidung solle die Botschaft aussenden, dass "sexuell aggressives Verhalten" in der Filmbranche nunmehr "vorbei" sei.

Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die für die Oscar-Verleihung zuständig ist, erklärte, sie trenne sich "nicht nur von einem, der nicht den Respekt seiner Kollegen verdient". Sie wolle auch die Botschaft aussenden, "dass die Ära des vorsätzlichen Ignorierens und der schändlichen Komplizenschaft bei sexuell aggressivem Verhalten sowie Belästigung am Arbeitsplatz in unserer Branche vorbei ist". Es handle sich um ein "zutiefst verstörendes Problem, das keinen Platz in unserer Gesellschaft hat".

Ethische Verhaltensstandards

Die Akademie kündigte zudem an, dass sie "ethische Verhaltensstandards" festsetzen wolle, die alle Mitglieder der Akademie zu beachten hätten. Für den sofortigen Ausschluss Weinsteins hätten sich deutlich mehr als die benötigten zwei Drittel der Mitglieder des Vorstands, dem unter anderem die Oscar-Preisträger Steven Spielberg, Tom Hanks und Whoopi Goldberg angehören, ausgesprochen.

Weinstein war damit seit mehr als 20 Jahren Mitglied der Oscar-Akademie. Seine mit den Miramax-Studios und der Weinstein Company produzierten Filme wurden von der Academy mit mehr als 80 Oscars ausgezeichnet. Fünf davon gewannen den Oscar als bester Film, für "Shakespeare in Love" gewann Weinstein persönlich den Oscar als bester Produzent.

Auch die US-Produzenten-Vereinigung wollte am Samstag zusammenkommen, um über "disziplinarische Maßnahmen und den Status seiner (Weinsteins) Mitgliedschaft" zu beraten. Die britische Filmakademie BAFTA, die den wichtigsten britischen Preis der Branche vergibt, hatte bereits am Mittwoch die Aussetzung von Weinsteins Mitgliedschaft bekanntgegeben.

Ins Rollen kam der Skandal durch einen Bericht der "New York Times", in dem mehrere Frauen Weinstein sexuelle Belästigung vorwarfen. Seit dem meldeten sich zahlreiche Schauspielerinnen, Models und Mitarbeiterinnen des Produzenten mit Vorwürfen gegen Weinstein zu Wort, darunter Ashley Judd, Angelina Jolie, Gwyneth Paltrow, Heather Graham, Kate Beckinsale, Cara Delevingne und Lea Seydoux. Die amerikanische Schauspielerin Rose McGowan beschuldigte Weinstein der Vergewaltigung.

Eine Sprecherin des Filmproduzenten hatte die Anschuldigungen nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe vor gut einer Woche zurückgewiesen: "Jegliche Vorwürfe von Sex, der nicht in beiderseitigem Einverständnis stattgefunden hat, werden von Herrn Weinstein eindeutig verneint."

Weinstein war wegen der Vorwürfe bereits vor einer Woche von seiner eigenen Produktionsfirma entlassen worden. Sein Bruder und Mitgründer der Firma, Bob Weinstein, äußerte sich in einem am Samstag veröffentlichten Interview. "Ich dachte immer, er geht eben ständig fremd", sagte er dem Branchenblatt "Hollywood Reporter". "Er hatte keine Geliebte. Es war eine nach der anderen und das wusste ich. Aber so, dass ich mit ihm in einem Raum war und das hörte, was die 'New Yok Times' beschrieben hat? Nein."

Prominente Branchen-Kollegen haben sich inzwischen von Weinstein distanziert. Filmstars wie Meryl Streep, Ryan Gosling, Tom Hanks und Leonardo DiCaprio zeigten sich erschüttert über die mutmaßlichen sexuellen Übergriffe und den Machtmissbrauch des Moguls. Oscar-Preisträger Michael Moore rief am Freitag in einem längeren Facebook-Eintrag dazu auf, "eine Welt ohne Harveys" zu schaffen.

In der 90-jährigen Geschichte der Oscar-Akademie ist laut "Hollywood Reporter" und "Variety" erst ein Mal ein Mitglied ausgeschlossen worden: Der Schauspieler Carmine Caridi, weil er vertrauliche Filmkopien in Umlauf gebracht hatte.

Weitere Anschuldigungen

Als fünfte Frau hat die britische Schauspielerin Lysette Anthony Vergewaltigungsvorwürfe gegen Hollywood-Filmproduzent Harvey Weinstein erhoben. Weinstein habe sie in den 1980er Jahren vergewaltigt, sagte die 54-Jährige, die unter anderem in Woody Allens Film "Ehemänner und Ehefrauen" mitspielte, der britischen Zeitung "Sunday Times".

Sie habe Weinstein in New York kennengelernt und ihn dann später in seinem Mietshaus in London getroffen. "Auf einmal war er halb ausgezogen und hat mich gepackt. Das war das Letzte, womit ich gerechnet hätte, und ich bin geflüchtet." Später habe der Filmproduzent ihr nachgestellt und sie vor ihrem Haus überrascht.

"Er hat mich hineingedrängt und gegen einen Kleiderständer gerammt", berichtete Anthony weiter. Er habe versucht sie zu küssen und in sie einzudringen. "Am Ende habe ich aufgegeben." Vergangene Woche sagte die Schauspielerin laut "Sunday Times" bei der Londoner Polizei aus.

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