Die hektische, spannende Woche vor der Verleihung begann immer mit dem Ausrollen des roten Teppichs, dem Aufbau der Interview-Stationen, dem Dekorieren des Ballrooms im Beverly Hilton. Am Samstag fanden die Proben statt. Star-Präsentatoren, die im Jogginganzug ihre Kurzauftritte übten, Produktionsassistenten, die die Sessel mit den Konterfeis der Nominierten beklebten, damit die Kamerateams für die Liveshow proben konnten, wer wo sitzt.
In dieses „Chaos“ kam 2014 auch Niki Lauda. Rush, Ron Howards Film über seine Rivalität mit James Hunt war nominiert, und wir engagierten Niki gemeinsam mit Chris Hemsworth, der Hunt spielte, für die Präsentation des Filmclips. "Was issn das für eine Wirtschaft hier?“ bellte er mit Blick auf den Kabelsalat im Saal, die unfertige Bühne und die beklebten Sessel. "Ich hoffe, Ihr räumts das bis morgen auf.“ Ich lachte. Typisch Niki.
Er beruhigte sich schnell, als Liam Neeson ihn unter den Arm nahm – aufgrund des Größenunterschieds eine durchaus angebrachte Formulierung – und ihm flüsterte: "Du wirst soviel Spaß haben bei der Show. Alle sind betrunken.“ Neeson hatte nicht unrecht. Schon Robert Mitchum stolperte 1963 besoffen auf die Bühne und sogar Steven Spielberg war nicht mehr nüchtern, als er den Golden Globe für "Der Soldat James Ryan" gewann.
Ricky Gervais trank auf der Bühne Bier. Der beim Publikum bei weitem beliebteste Moderator dieser Verleihung brachte viele von uns schon bei den Proben je nach der Quantität des Humors entweder zum Schlucken vor Peinlichkeit oder zum Prusten vor Lachen. Bei der Liveshow war er dann stets komplett unkontrollierbar, was die Einschaltquoten noch mehr in die Höhe trieb.
Der Sonntag brachte immer einen Adrenalinausstoß nach dem anderen: da war das Jahr, in dem der Stau auf dem Wilshire Boulevard so heftig war, dass wir Renée Zellweger, die den ersten Preis überreichen sollte, im Laufschritt aus der Limousine holten und von den Sicherheitsbeamten durch den Hintereingang in den Saal tragen ließen – sie hatte 10cm hohe Stöckel.
Das Jahr, in dem Puff Daddy verlangte, dass wir seine 12 (!) persönlichen Bodyguards akkreditieren. Und meine Antwort: "Jack Nicholson und Meryl Streep kommen auch ohne Bodyguards. Haben Sie etwa Angst um ihr Leben, wenn Ihnen Johnny Depp oder Salma Hayek zu nahe treten?“ Die Diskussion war damit erledigt.
Nicht ganz so einfach war es, den schlechten Realityshow-Moderator Donald Trump fernzuhalten. Er insistierte persönlich, dass er wichtig sei und wollte nicht 2, sondern 4 Karten geschenkt bekommen. Wir blieben fest. Es gibt keine Realityshow-Kategorie bei den Globes, und peinliche Selbstinszenierer sind auch als Gäste unerwünscht. Trump besorgte sich eine Einladung zu einer der vielen Partys, crashte den roten Teppich und musste von den Sicherheitsbeamten davon abgehalten werden, ohne Eintrittskarte in den Saal zu gehen.
Prince brachte drei Friseure und zwei Stylisten mit, obwohl er bereits voll geschminkt seiner Limo entstiegen war. Und dann war da die Sitzordnung: "Bist du völlig wahnsinnig?!“ knurrte meine australische Kollegin den Sitzkoordinator an: "Du kannst doch nicht Brad Pitt und Angelina Jolie an zwei angrenzende Tische setzen! Die sind im Scheidungskrieg!“ Dass dieser bei der Show seinen Höhepunkt erreichte, wurde im letzten Moment verhindert.
Casey Affleck (Ben Afflecks Bruder) verweigerte Sylvester Stallone seinen reservierten Platz am Tisch. Sly stürmte aufgebracht in den Green Room, dem Raum hinter der Bühne, wo sich die Präsentatoren vor ihrem Auftritt aufhalten. Er verbrachte die gesamte Show dort, und es kam zu einer Konfrontation mit Affleck. Das Bild von Sly, der mit einem Stück Käse in der geballten Faust (er hatte sich gerade am Buffet gestärkt) Casey ein "Arschloch“ nannte, was diesem durchaus gebührte, wird mir immer in Erinnerung bleiben.
Aber auch die berührenden Momente: Lady Gaga, die nach ihrem Sieg auf dem Weg zu den Backstage-Interviews ein altes Globe-Foto mit Lucille Ball küsste. Elton John, der es vor einem Jahr nicht fassen konnte, dass er den ersten gemeinsamen Preis seiner Karriere mit seinem Texter Bernie Taupin gewann und in der Hotelküche vor Freude auf und ab hüpfte wie ein Sechsjähriger. Jack Nicholson, der mir an der Terrassenbar einen Zug von seinem Joint anbot (Marihuana ist in Kalifornien längst legal).
Die Lovestorys: Katy Perry, die sich einen Burger bestellte und ihn mit Orlando Bloom teilte. Es war Liebe auf den ersten Biss. Das war nicht die einzige Ehe made by Golden Globe.
Als Calista Flockhart Harrison Ford ein volles Glas Rotwein auf das weiße Smokinghemd schüttete, fiel dieser in ihre Untertassenteller-großen Augen und tauchte nie wieder auf. Die Ehe währt seit 11 Jahren.
Liebesgeschichten und Heiratssachen, Champagner-gesteuerte Auftritte, durchtanzte Partys, und vor allem Umarmungen. All das wird uns heute fehlen. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Und die Golden Globes 2022 werden ein Rave, wie es Hollywood und die Welt noch nie sah.
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