Sie ist die erste asiatische Schauspielerin, die mehrfach Preise gewonnen hat. Und sie fand sich 2020 auf dem Cover des Time Magazine wieder – als eine der einflussreichsten Frauen.
KURIER: Sie sind in Kanada mit koreanischen Eltern aufgewachsen. Als Sie vor zwei Jahren Ihren zweiten Golden Globe gewannen, bedankten Sie sich rührend bei Ihnen. Wie würden Sie Ihre Kindheit beschreiben?
Sandra Oh: Ich habe ungeheures Glück, dass ich eine sehr gute Beziehung zu meinen Eltern habe. Ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Deshalb fiel es mir leicht, ihnen so öffentlich zu sagen, wie lieb ich sie habe. Sie haben uns Kindern drei wichtige Dinge mitgegeben: Die Familie kommt an erster Stelle. Du musst etwas für die Mitmenschen tun, was immer du machst, muss auch anderen dienen. Und deine Beziehung zu Gott muss stark sein. Denn meine Eltern sind auch sehr christlich. Ich dagegen würde mich heute nicht als besonders religiös beschreiben, aber ich bin definitiv so aufgewachsen.
In welchem Alter wussten Sie, dass Sie Schauspielerin werden wollen?
Mit zehn. Mit vier begann ich mit Ballett, aber ich war nicht gut genug, um Ballerina zu werden. Das Schauspielen hat einfach geklickt.
Welche Schauspieler haben Sie beeindruckt?
Ich war immer fasziniert von den amerikanischen Filmen der 1970er. Jack Nicholson verkörperte die Psyche des amerikanischen Mannes perfekt. Aber ich habe mich immer gefragt, warum es kein weibliches Gegenstück zu ihm gab. Warum können Frauen keine existenziellen Krisen durchmachen? Das gab es bis dato nicht, und deshalb macht mir „Killing Eve“ so viel Spaß, weil ich darin eine Rolle spiele, die genau das durchmacht.
Wann wussten Sie, dass Sie es geschafft haben? Nach „Sideways“ (2004)?
Nein, obwohl viele das so sehen. Mir war es erst klar, als ich das Drehbuch für die erste Folge von „Killing Eve“ las, und beim Durchblättern nach der Ärztin oder Rezeptionistin suchte. Denn das waren die Art von Rollen, die mir ständig angeboten wurden. Ich rief sogar meinen Agenten an und fragte, wo denn meine Rezeptionistenrolle ist. „Du sollst Eve spielen! Die Titelrolle!“ Da wusste ich, okay, jetzt hab’ ich’s wirklich zu etwas gebracht.
Und wie gehen Sie als Frau mit Ihrem Alter um?
Es gibt in jedem Alter wichtige Momente, die einen weiterbringen. Für mich war einer so um 2005, 2006, als ich meinen Schauspielcoach fand und zum ersten Mal die Verbindung zwischen Kunst und Spiritualität erkannte. Da war ich Mitte 30. In meinen 20ern bin ich mir nur selbst hinterhergerannt. In den 30ern kam echte Ambition dazu. Und in den letzten zehn Jahren suchte ich bewusst nach Projekten, die mich wirklich interessieren, nicht nur Jobs. Und jetzt lerne ich zu relaxen.
Und privat?
Träume, die nichts mit Schauspiel zu tun haben? Meine Familie, meine Freunde. Ich habe Neffen und Nichten, und es ist mir sehr wichtig, dass ich Zeit mit ihnen verbringe. Wenn ich nicht arbeite, dann reise ich, um sie zu sehen. Ich reise, um diese persönlichen Beziehungen aufrechtzuerhalten. Denn wir wissen ja, das ist das Einzige, was wirklich zählt im Leben.
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