Chris Norman wird 75: Von Smokie zu den "Lifelines"

Wenn Chris Norman auf seine lange Musikerkarriere zurückblickt, gibt es nur wenige Dinge, die er heute anders machen würde. "Wenn man 17 ist - oder wie alt ich damals auch war, als ich angefangen habe - hat man keine Ahnung", sagt der Brite im Interview der Deutschen Presse-Agentur in London. "Von Finanzen, von Buchhaltern oder von all dem Kram, von Verträgen, Steuern und so weiter." Rückblickend hätte er vorsichtiger sein müssen, findet Norman, auch wenn es für ihn gut lief.
Vor seinem 75. Geburtstag am Samstag (25.10.) ist der ehemalige Smokie-Sänger, der am 5. und 6. November in der Wiener Stadthalle gastiert, beruflich zufrieden. "Es ist ein großes Glück, in der Musikbranche arbeiten zu dürfen und dabei ein gewisses Maß an Erfolg zu haben. Allein schon erfolgreich genug zu sein, um weiterarbeiten zu können und in gewissem Maße gefragt zu bleiben, ist eine äußerst privilegierte Position", sagt er. "Das immer noch machen zu können, empfinde ich als sehr erfüllend.
Neue Single zum Geburtstag - neues Album 2026
Anlässlich seines Geburtstags hat Chris Norman, der am 25. Oktober 1950 im Küstenstädtchen Redcar im Nordosten Englands zur Welt kam, eine neue Single veröffentlicht. "Lifelines" ist eine melancholische Ballade "über Erinnerungen und Erfahrungen aus meinem Leben und meiner Karriere". Im März 2026 soll ein gleichnamiges Album mit Coverversionen und eigenen Songs erscheinen.
"Im Grunde ist es ein Rückblick auf mein musikalisches Leben und darauf, wie es mich von klein auf geprägt hat", verrät Norman mit Blick auf das Album. "Es sind vor allem Songs, die mich beeinflusst und emotional berührt haben - seit den 50er-Jahren, als ich zum ersten Mal Rock 'n' Roll gehört habe." Ende Mai und Anfang Juni 2026 kommt er mit "Lifelines" für 3 Konzerte nach Graz, Linz und Salzburg.
Fast sechs Jahrzehnte im Musikgeschäft
Als Frontmann der Band Smokie wurde Norman mit seiner markanten, etwas reibeisenartigen Stimme in den 70er-Jahren bekannt. Mit Ohrwürmern wie "Living Next Door To Alice", "Lay Back In The Arms Of Someone" und "Mexican Girl", die noch heute im Radio laufen, toppten Smokie damals die Hitparaden und waren Dauergäste in beliebten TV-Shows wie "Musikladen" und "Disco".
Als Teenager hatte Norman beschlossen, Berufsmusiker zu werden. Er war 18, als seine Band, die anfangs Kindness hieß, ihre erste Schallplatte rausbrachte - die allerdings kaum jemand kaufte. "Die Alben waren damals nicht erfolgreich", erinnert sich Norman. "Wir haben drei, vier Singles rausgebracht - keine davon hat es geschafft. Wir sind von einem Plattenlabel zum nächsten gewechselt." Einen Plan B habe er nicht gehabt, aufgeben kam also nicht infrage.
Zwischenzeitlich traten die Musiker als Begleitband für Peter Noone, den ehemaligen Sänger von Herman's Hermits, auf. "All diese Erfahrungen sind wichtige Etappen", betont Norman heute. "Jeder Schritt, auch wenn er klein erscheint, trägt zur Entwicklung als Künstler bei." Mitte der 70er gelang Smokie endlich der internationale Durchbruch.
1978 veröffentlichte Norman seine erste Single als Solokünstler, bei der es sich genau genommen um ein Duett mit Rocksängerin Suzi Quatro handelte. "Stumblin' In" wurde ein großer Hit. Weil Norman genug vom "endlosen Touren" hatte, gingen Smokie ab 1980 vorübergehend getrennte Wege. Sein Soloalbum "Rock Away Your Teardrops" (1982) blieb weitgehend unbeachtet.
Im Studio mit Dieter Bohlen
Ein paar Jahre später - während Smokies Reunion-Tour - kam es in Hamburg zu einer schicksalhaften Begegnung mit Dieter Bohlen, der gerade mit Modern Talking große Erfolge feierte. "Nach der Tour rief er mich an und fragte, ob ich vorbeikommen und einen Song singen würde." Weil Norman gerade Zeit hatte, sagte er spontan zu. Die Ballade "Midnight Lady", geschrieben für die "Tatort"-Folge "Der Tausch", wurde in Deutschland ein Nummer-Eins-Hit.
Als nächstes wollte die Plattenfirma Hansa, dass Norman ein Album mit Bohlen aufnimmt. "Da hatten wir ein Problem, weil Dieter Bohlen sich offensichtlich damals für den wichtigsten Songwriter in Deutschland hielt. Und ich war es gewohnt, meine eigenen Songs zu schreiben." Der Kompromiss hieß, dass Norman und Bohlen auf "Some Hearts Are Diamonds" jeweils fünf Songs beisteuerten. "Ich finde, so sollte man kein Album machen."
Persönlich sei er mit Dieter Bohlen gut klargekommen. "Aber wir hatten einfach nicht denselben Musikgeschmack", sagt der ehemalige Smokie-Sänger. "In den 80ern hat er diese sehr synthetisch klingenden Platten gemacht - mit Drum Machines, Synthesizern und allem Drum und Dran. Ich war immer noch ein Gitarrentyp." Tatsächlich klingt "Some Hearts Are Diamonds" stellenweise wie ein Modern-Talking-Album, aber der Erfolg ebnete Norman den Weg für eine dauerhafte Solokarriere.
"Lifelines"-Tournee
Mittlerweile hat der Sänger und Songwriter mehr als 20 Soloalben aufgenommen. Auf der "Lifelines"-Tournee will er Songs aus allen Jahrzehnten seiner Karriere spielen. "Ich liebe die Auftritte, ich liebe es Musik zu machen", schwärmt Norman. "Das Einzige, was mit dem Alter wirklich schwieriger wird, ist das Reisen, finde ich. Denn um Konzerte zu spielen, muss man ständig unterwegs sein - man fliegt irgendwohin oder fährt zwei, drei Stunden. Der Auftritt selbst - das ist der schöne Teil."
Obwohl er viel unterwegs ist, ist Norman ein Familienmensch. "Ich verbringe keine langen Zeitabschnitte mit der gesamten Familie - es sind eher kurze, intensive Momente." Schon mit 17 wurde er erstmals Vater. Ein paar Jahre später lernte er Linda kennen, mit der er fünf weitere Kinder bekam und inzwischen seit über 50 Jahren verheiratet ist. Mittlerweile ist der Musiker, der überwiegend auf der Isle Of Man lebt, fünffacher Großvater.
Wenn der Rockopa seinem 17-jährigen Ich einen Ratschlag geben könnte, dann wäre es, sich musikalisch treu zu bleiben. "Versuch, die Musik zu machen, die dir Spaß macht - denn sonst wirst du irgendwann manche Fehler bereuen", lautet sein Credo. "Wenn du etwas machst, das keinen Erfolg hat, dann sollte es wenigstens etwas sein, das du magst."
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