KURIER: Sie studierten Astronomie und Physik, sind Wissenschafter und Geschichtenerzähler. Was inspiriert das eine, was nährt das andere?
James Cameron: Es ist dasselbe. An Astronomie und Physik interessiert zu sein, wie ich es war, bedeutet, das Universum verstehen zu wollen und herauszufinden, woher die gesamte Materie stammt. Manche Menschen suchen nach Antworten durch Religion, ich suchte sie durch Wissenschaft, es ist im Grunde nur Neugierde. Ich hatte diese Neugier als Kind. Meine kreative Vorstellungskraft kommt von Träumen. Nicht nur meine eigenen, sondern auch die von anderen. Kunst im Allgemeinen. Fantasy-Geschichten von Ray Harryhausen beeindruckten mich schon, als ich ein Bub war.
Der Großteil Ihres Publikums sind Jugendliche. Ist das ein Zeichen dafür, dass Sie auch in Ihrem Alter noch sehr jung denken?
Ich glaube nicht, dass ich richtig erwachsen wurde, und hoffe auch, dass ich es in der Zukunft nicht tue. Das heißt nicht, dass ich mich nicht für sehr erwachsene Themen interessiere. In den letzten zwei Jahrzehnten beschäftige ich mich intensiv mit Umwelt- und Ökologie, grüner Energie und Rettung der Meere.
Können Sie über ein lebensveränderndes Filmerlebnis sprechen?
"2001: Odyssee im Weltraum". Das war der Moment, in dem ich mich entschieden habe, vom Fan zum Praktiker zu werden. Ich wollte herausfinden, wie der Film gemacht wurde und wie die visuellen Effekte, die so beeindruckend waren, umgesetzt wurden. Also fing ich an, Modelle zu bauen, mir eine Kamera zu besorgen und herauszufinden, wie man Stop-Motion-Animationen, und all das kreiert. Das war der Moment, in dem sich mein Weg genau vorgezeichnet hat.
2012 sind Sie zum Challenger-Tief und in mehrere Gräben getaucht und haben einen Rekord für den tiefsten Tauchgang aufgestellt. War das der Versuch, ein wirkliches Abenteuer zu erleben, nicht nur welche auf der Kinoleinwand zu kreieren?
Ja, aber hier liegt das Missverständnis: die Presse schrieb, dass ich das machte, um ein besserer Science-Fiction-Filmemacher zu werden. Das ist absurd, ich mache Filme, um Abenteuer wie meinen Tauchgang zum tiefsten Punkt des Meeres zu finanzieren, nicht umgekehrt!
Sie sprechen immer wieder über die tiefere Bedeutung Ihrer Filmthemen. Wie definieren Sie die?
Es ist immer die Natur, deren Teil wir sind, die aber historisch betrachtet in unseren Händen stets litt. Die Idee hinter Filmen wie „Avatar“ und „Abyss - Abgrund des Todes“ ist, dass wir Menschen und Wesen akzeptieren lernen, die anders sind als wir.
Manche Filmemacher wählen für diese Message das Genre des Historienfilms, Sie wählten dafür Science-Fiction. Warum?
Die Welt in den Köpfen und Herzen der Menschen zu vergrößern, ist Aufgabe des Geschichtenerzählens. Ich war nicht bewusst darauf aus, Filme mit einer Message zu machen, im Gegenteil, in Hollywood trichtern sie dir ja ein, dass das einzige Ziel ist, Kinokarten zu verkaufen. Aber auch das kann man tun, ohne dass man auf die Kunst vergisst. Es muss ja nicht alles nur Fun und Fantasy sein.
Waren Komödien wie „True Lies“ und Historienfilme wie „Titanic“ eine Abnormalität in Ihrer Karriere?
Mein Geschmack war in der Schulzeit und im College sehr spezifisch auf Science-Fiction ausgerichtet. Ich mache vielleicht gelegentlich einen Film wie ,True Lies’ oder 'Titanic', aber ich werde immer zu Science-Fiction tendieren.
Im Moment haben wir unzählige 'Avatar'-Filme in Arbeit. Damit sind Sie noch die nächsten zehn Jahre beschäftigt, nicht wahr?
Ja, der letzte geplante hat ein Erscheinungsdatum im Jahr 2033. Schauen Sie, das ist ja auch ein Beweis: wenn das Publikum die Figuren in Avatar nicht glaubwürdig finden würde, hätten die Filme nie so viel Geld eingespielt.
Sie haben vier Töchter. Waren sie in irgendeiner Form eine Inspiration für Ihre weiblichen Filmfiguren?
Meine älteste Tochter war acht Jahre alt, als ich die Rechte für „Alita“ kaufte. Und nachdem ich „Titanic“ gemacht hatte, dachte ich viel über die Ängste einer jungen Frau in einer männlich dominierten Gesellschaft nach. Also habe ich darüber nachgedacht, wie das Leben meiner Tochter aussehen würde. Mit „Alita“ wollte einen Film machen, mit dem sie sich identifizieren kann. Ich hatte die Wahnvorstellung, dass ich den Film in zwei oder drei Jahren fertigstellen kann, und sie würde gerade in die Pubertät kommen. Es hat zehn Jahre länger gedauert. Sie liebt den Film, aber sie lässt mich nie vergessen, dass ich es nicht in der Zeit geschafft habe, in der es ihr etwas genützt hätte.
Kommentare