Dolores Schmidinger: Traumatische Erlebnisse und neues Buch über die Familie
Sie ist ein echtes Multitalent – Schauspielerin, Sängerin, Kabarettistin, Regisseurin und Autorin. Ihr viertes Buch „Hannerl und ihr zu klein geratener Prinz“ (Verlag Kremayr & Scheriau; 22 Euro) ist druckfrisch und kommt rechtzeitig zu ihrem 75. Geburtstag (21. September) auf den Markt.
Dolores Schmidinger zeichnet anhand der Lebenslinien ihrer Großeltern und Eltern mit spitzer Feder ein Bild der damaligen Zeit, der Sozialdemokratie im Wien der 1920er Jahre und wie man als Mitläuferin den Krieg, die Diktatur und den Antisemitismus erlebt hat.
„Aus der Sicht meiner Mutter. Eine hochbegabte Frau, die im 20. Jahrhundert nicht die Chance hatte, an die Spitze zu kommen. Sie war eine sehr engagierte Sozialdemokratin“, so erzählt Schmidinger im „Herrlich ehrlich – Menschen hautnah“-Gespräch (ausnahmsweise diesmal statt Sonntag am Montag um 21:30 Uhr auf schauTV). Sie wollte ihr mit dem Buch ein Denkmal setzen, wie sie sagt.
„Meine Eltern haben alles aufgehoben, Briefe, Dokumente, Bilder. Es war eine Höllen-Ehe zwischen ihnen. Ich bin dann auf Spurensuche gegangen, das war für mich natürlich auch befreiend“, so die Schauspielerin.
Missbrauch
Befreiend insofern, da sie damit auch versucht, ihre eigene, tragische Kindheit aufzuarbeiten. Der Vater, ein Tenor, hat sie missbraucht.
Das ganze Interview:
Herrlich ehrlich: Dolores Schmidinger
Die schreckliche Erkenntnis kam erst durch eine intensive Therapie, eine Art Indiziensuche, ans Tageslicht. „Mein Vater hat mich ,geliebt’, als ich vier Jahre alt war. Und wie ich sieben geworden bin und ein bissi molliger, hat er mich nicht mehr angeschaut, das war das Arge.“ Verzeihen konnte sie ihm nie.
„Er hatte keine Schuldeinsicht, nicht eine Sekunde. Ich konnte ihm nicht vergeben. Er hat mir meine Sexualität verhaut. Und er war auch kein angenehmer Vater, wie er älter geworden ist“, sagt sie.
Liebe hatte von da an für sie oft mit Schmerz zu tun. Und trotzdem versuchte sie, dem Vater zu gefallen – oder vielmehr, es ihm zu beweisen. „Er war unglaublich komisch – ich wollte immer meinem Vater nacheifern, ich wollte so sein wie er. Ich wollte es ihm beweisen. Mit 15 hatte ich diesen unglaublichen Talentschub und bin dann gleich in die Schauspielschule. Ich musste es allen zeigen.“
Partnerersatz
Das Buch endet damit, wie die Mutter samt Kind den Vater verlässt. „Für die Johanna ist der Prinz vom hohen C wieder zum Frosch geworden“, steht da geschrieben. „Meine Mutter hat halt eines Tages gesagt, so, jetzt gehört mir das Kind, die Beute.“
Und die Dolly wird zu einer Art Partnerersatz. „Was auch nicht gesund war, weil sie mich wie eine Krake umfasst hat, erdrückt mit ihrer Sorge, dass mir etwas passieren könnte.“
Um die Tochter nicht zu verlieren, hat die Mutter viel erlaubt und oft nachgegeben. „Meine Lover durften bei mir im Zimmer schlafen und sie hat sie gleich als Freunde angenommen. Sie war auch in meiner Schauspielclique, sie war da sehr anerkannt und lustig.“
Wie Schauspielerin Dolores Schmidinger sich selbst als Mutter sieht (sie hat zwei Töchter, Therese und Sophie) und warum ihr Männer-Freunde lieber waren als Freundinnen, sehen Sie im Video oben.
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