Dabei hat die Lohner seit Jahrzehnten eine Menge mitzuteilen – weit mehr als den Hauptabend im ORF, erstmals im Jänner 1973, oder wichtige Infos in den ÖBB, seit 1979 und "rein technisch lang über meinen Tod hinaus", hat sie doch jeweils 15.000 deutsche und englische Sätze auf Band gesprochen, aus denen man jede beliebige Durchsage basteln kann.
Aber auch als Erfolgsautorin (zuletzt "Ich bin ein Kind der Stadt", echomedia, und "Zeitgeschichte in Bildern und Anekdoten", edition a), Schauspielerin (von "Kottan" bis "Tohuwabohu"), Kabarettistin (aktuell "Bazooka und die Vier im Jeep", 30. 7, 11.00 Uhr , Tschauner Bühne) und nicht zuletzt als prononcierte Kommentatorin gesellschaftspolitischer "Zu- und Umstände" fühlt sie als prominente Zeitgenossin geradezu "die Verpflichtung, mich zu äußern".
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Do foahrt die Eisenbahn drüber, wie man in Wien sagt.
Der Rotschopf wurde ihr Markenzeichen, erlaubt aber keine ideologische Interpretation: "Ich bin weder links noch rechts. Ich bin in der Mitte. In meiner Mitte."
Engagement und Energie
Die gebürtige Margaretnerin (5. Bezirk) aus bescheidenen Verhältnissen mit dem böhmischen Mädchennamen Keprda verdankt ihre Weltanschauung dem Luxus, sich die Welt auch angeschaut zu haben.
Was aus der kargen Kindheit blieb: "Die Panik vor Sirenen und Explosionen, obwohl ich das nicht einmal zwei Jahre, aber im Unterbewusstsein wahrnahm."
Das schönste Geburtstagsgeschenk seinerzeit: "Endlich eine Stoffpuppe. Die erste war nämlich ein Kochlöffel, dem meine Mutter ein G’sichterl aufgemalt und ein Hauberl genäht hatte. Seither weiß ich, was Glück bedeutet."
Und seither schlägt auch ihr Herz zu helfen. Nach langen Jahren bei "Licht für die Welt" (gegen Erblindung aus Armut) kämpft sie nun für "Jugend – Eine Welt", um in Sierra Leone Buben aus Kinder-Armeen und Mädchen aus der Prostitution zu befreien.
Neben ihrem sozialen Engagement ist ihre "sprühende Energie so eindringlich wie ansteckend – faszinierend, mit ihr zu arbeiten", sagt Erwin Steinhauer (71), Charakterschauspieler und Schauspieler mit Charakter (am 18. Juli, 19.30, mit Joseph Roth-Lesung im Gartenpalais Liechtenstein, mit Andrej Serkov am Akkordeon).
Sein Merksatz "Wie alt man ist, sieht man an den Gesichtern jener, mit denen man jung war" wird von Lohner, die auf Entfaltung ohne Chirurgie schwört, auf den Kopf gestellt. Die szenische Lesung aus tausend intensiven Briefen zwischen Marlene Dietrich ( 1992) und Friedrich Torberg ( 1979) beim "Kultur.Sommer.Semmering" (am 28. Juli, 15.30, im Grandhotel Panhans) "war ihre Idee und ist ihr Löwenanteil an Arbeit".
Mit 80? Löwin Lohner lächelt: "Älter werden ist kein Einzelschicksal, aber Gefühle haben kein Ablaufdatum."
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