Vom Flüchtling zur Olympia-Teilnehmerin: "Gewinnen wurde uns beigebracht"
"Ich will einmal bei Olympischen Spielen schwimmen", hört man Yusra Mardinis Stimme sagen, während Daraya, eine Vorstadt von Damaskus, von der syrischen Armee bombardiert wird. Die 17-jährige Yusra und ihre Schwester Sara verabschieden sich von ihrer Familie und machen sich auf die lebensbedrohliche Reise von der Türkei über das Mittelmeer in Richtung Griechenland.
Dass die beiden einmal berühmt werden, ahnt zu diesem Zeitpunkt im Jahr 2015 kaum jemand. Außer Yusra: Sie ist überzeugt, dass sie ihren Traum verwirklichen wird. Ihre unglaubliche Geschichte zeigt ab Mittwoch der Spielfilm "The Swimmers" (Netflix).
Ins Wasser
Das Boot für maximal sieben Passagiere war damals mit 18 Menschen völlig überfüllt. Irgendwo mitten in der Ägäis füllt es sich mit Wasser. Sara Mardini ist die erste im Wasser. Yusra springt nach. Drei Stunden ziehen die Schwestern das Boot, bis es in Lesbos sicher landet. Alle Passagiere überleben. Dass das möglich ist, verdanken sie dem jahrelangen, harten Training der Sportlerinnen. Die Mardinis sind eine Schwimmer-Famlie. Vater Ezzat war von klein auf ihr Coach. Die Schwestern gewinnen syrische Meisterschaften und stellen Rekorde auf, nehmen an weltweiten Competitions teil: "Seit wir jung waren, hatten wir diese Führungsrolle. Gewinnen wurde uns beigebracht", erinnert sich Yusra im Gespräch mit dem Guardian.
Traum und Realität
So wie sie sich im Meer am Boot festhält, klammert sie sich in Flüchtlingslagern und Notunterkünften an ihren Traum, einmal bei den Olympischen Spielen zu schwimmen. Die Schwestern schaffen es nach Deutschland, wo sie nahe dem Flüchtlingsheim einen Schwimmverein finden. Der junge Coach Sven Spannenkrebs beginnt sie zu trainieren. Während Sara wegen einer Schulterverletzung bald zurückstecken muss, erkennt der Deutsche immer deutlicher, dass Yusras Traum gar nicht so unrealistisch ist.
Und nur ein Jahr nach den wichtigsten Schwimmzügen ihres Lebens, irgendwo mitten in der Ägäis im Morgengrauen, verwirklicht Yusra Mardini ihren Traum. Mit dem neu gegründeten olympischen Flüchtlingsteam erreicht die Wahlberlinerin die Sommerspiele 2016 in Rio. Bei den Spielen in Tokio fünf Jahre später trägt sie die Flagge des Refugee-Teams.
Ende der Freiheit
Ihre Schwester Sara, die sich seit ihrer Ankunft vor allem von Lesbos aus für andere Flüchtlinge einsetzt, wird 2018 festgenommen. Nach drei Monaten im griechischen Gefängnis ist sie wieder auf freiem Fuß, ihr droht eine Höchststrafe von 25 Jahren Haft. Im November 2021 vertagt ein griechisches Gericht den Fall.
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