WM-Rennstrecken: Furchtlos in den Freien Fall

Der Start ist zwar spektakulär, für die Besten der Welt aber wenig herausfordernd.
Elf Rennen, ein Zielgelände - und ein Abfahrtsstart für das Buch der Rekorde.

St. Moritz scheint bereit zu sein für die 44. Ski-Weltmeisterschaft. Vom 1850 Meter hoch gelegenen Ort sind bereits die orangen Streckenabsperrungen zu erkennen, die hoch oben auf der Corviglia in den Schnee gerammt wurden. Auf dem Hausberg von St. Moritz finden von 7. bis 19. Februar alle elf Rennen statt; die Sieger werden im gemeinsamen Zielgelände Salastrains auf 2040 Metern Seehöhe von bis zu 35.000 Zuschauern gefeiert.

Die Ski-Touristen haben in der Region die Qual der Wahl bei 350 Pistenkilometern zwischen 1800 und 3303 Metern Seehöhe. 88 Pisten für alle, eine einzige Piste für die Ski-WM.

Das Winterwunder

St. Moritz gilt als Geburtsort des Wintertourismus. Vor mehr als 150 Jahren, im September 1864, begab man sich nur im Sommer freiwillig in die Berge. Da ging der Hotelier Johannes Badrutt mit seinen englischen Gästen die heute legendäre "Winterwette" ein: Er bat die Engländer, im Winter wiederzukommen, und versprach ihnen "Sonne, Spaß und Sinnlichkeit". Sollte ihnen der Urlaub nicht zusagen, würde er alle Kosten übernehmen. Die Briten nahmen an – und kehrten entspannt und braungebrannt ins regnerische London heim. Der Ort wurde in den folgenden Jahrzehnten zum Experimentierfeld für Sportarten wie Curling, Skijöring, Bobfahren und Snowkiten.

WM-Rennstrecken: Furchtlos in den Freien Fall
Bald wurde das Oberengadin Austragungsort internationaler Wettkämpfe. Mit den Olympischen Winterspielen 1928 wurde der Schweizer Nobelskiort weltweit zum Begriff. Es folgten weitere Großereignisse wie die Ski-WM 1934, die Olympischen Spiele 1948 (gleichzeitig Ski-WM) und zwei weitere Ski-Weltmeisterschaften 1974 und 2003.

Der Weltrekord-Start

Für die WM vor 14 Jahren wurde die Strecke spektakulär umgestaltet. Pistenplaner Bernhard Russi und sein Team erbauten den steilsten Abfahrtsstart der Welt, den Freien Fall. Mit Hubschraubern und Seilbahnen wurden Tonnen von Material zum Piz Nair geschafft, Bagger mussten mit Stahlseilen im felsigen Gelände gesichert werden. Entstanden ist eine Startplattform in 2836 Metern Höhe und ein Starthang mit 100 Prozent Gefälle, also 45 Grad Neigung, auf dem die Abfahrer nach 130 Metern bereits 130 km/h erreichen.

Doch so spektakulär steil der Start ist, so wenig herausfordernd ist er für die Besten der Welt. So sagte der Schweizer Paul Accola, der 2003 mit Nummer eins die Passage eröffnete: "Man muss einfach grad runterfahren."

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