Chaos um den Eiskanal in Igls: Wer ist schuld und was sind die Folgen?

Doppelweltmeister Jonas Müller bei seiner Testfahrt am Freitag durch den Eiskanal in Igls
Der um 31 Millionen Euro umgebaute Eiskanal ist für die Rodler zu gefährlich. Die Fehlplanung wird zum Fiasko.

Nach einer turbulenten Fahrt und zwei harten Einschlägen an der Bande hatte Testpilot Jonas Müller genug. 

Der um sündhaft viel Geld (31 Millionen Euro) umgebaute Eiskanal in Innsbruck-Igls scheint zumindest für Kunstbahnrodler ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko zu sein.

"Wäre unverantwortlich"

Österreichs Rodler werden im Rahmen der Homologierung - der Begutachtung des Eiskanals - vorerst keine weiteren Fahrten auf der Heimbahn unternehmen.

 „Wir werden unsere Sportler nicht einem derart hohen Verletzungsrisiko aussetzen, das wäre unverantwortlich“, sagte Cheftrainer Christian Eigentler am Freitag.

Im Eiskanal von Igls wurde in den letzten Tagen herumgebastelt

Im Eiskanal von Igls wurde in den letzten Tagen herumgebastelt

Was lief da falsch? Wer trägt für diese Blamage die Verantwortung? Und welche weitreichenden Folgen drohen dem Bahnbetreiber und Österreichs Rodelsport?

 Der KURIER begibt sich auf Spurensuche.

  • Was ist das große Problem? 

Streng genommen hätte der Eiskanal in Igls im Ziel nur einen längeren Auslauf für die Bobs benötigt. Die schweren Schlitten hatten in der Vergangenheit große Mühe abzubremsen, deshalb war die Homologierung abgelaufen.

Gefahr in Kurven 13 und 14

Im Zuge der Umbauarbeiten wurde nun aber auch der letzte Streckenabschnitt mit neuen Passagen adaptiert. Die Kurven 13 und 14 erwiesen sich nun für die Rodler als unüberwindbares Hindernis

„Von diesen Kurven geht eine große Verletzungsgefahr aus“, sagte Jonas Müller nach seiner Testfahrt am Freitag. Wohlgemerkt: Vom Junior-Start. „Die Bahn freizugeben wäre im Augenblick unverantwortlich“, erklärt der Vorarlberger.

Der Eiskanal in Igls aus der Vogelperspektive

Der Eiskanal in Igls aus der Vogelperspektive

  • Gab es im Vorfeld keine Bedenken? 

Die Rodler wurden von diesen gefährlichen Passagen keineswegs eiskalt erwischt. Vielmehr hatten sie schon während der Bauphase Alarm geschlagen. 

„Wir wollten immer einfache Kurven haben, weil Igls auch eine Ausbildungsbahn ist. Aber der Herr Architekt Uwe Deyle hat keine einfachen Kurven gebaut“, poltert Rodel-Verbandschef Markus Prock.

  • Können in Igls Rennen stattfinden? 

Während die Bob- und Skeletonpiloten mit der kniffligen Passage erwartungsgemäß weniger Mühe hatten und daher Ende November womöglich in Igls ihre Weltcups durchbringen, droht den Rodlern der Supergau

Denn Stand jetzt kann die Bahn nicht für das Kunstbahnrodeln freigegeben werden. Der Weltcup wäre von 5. bis 7. Dezember geplant. 

Ausländische Rodler als Testpiloten

Bis Sonntag läuft noch die Homologierung. Nun sollen ausländische Rodler über die Bahn geschickt werden. Bleibt die Frage: Wieso sollten sie weniger Probleme haben als die österreichischen Stars?

Weil der österreichische Verband nicht als Spielverderber dastehen will, wird der Salzburger Noah Kallan (20) am Samstag testen, ob die Bahn im untersten Teil für Nachwuchsrodler tauglich ist.

Rodel-Präsident Markus Prock weist auf die Probleme hin

Rodel-Präsident Markus Prock weist auf die Probleme hin

  • Wie geht's mit der Bahn weiter?

Nach dem Abbruch der ersten Testfahrten am vergangenen Wochenende waren in den gefährlichen Kurven zwei Sicherheitsabweiser aus Holz installiert worden. Ein Provisorium, nicht mehr. Und bei Kosten von 31 Millionen Euro ein Witz.

„Nächsten Sommer muss das auf jeden Fall baulich verändert werden“, erklärt Matthias Schipflinger, Geschäftsführer des Bahnbetreibers Olympiaworld.

  • Welche Auswirkungen hat diese Blamage um die Bahn? 

„Das ist ein Desaster für den Sport und die Region“, sagt Markus Prock. Vor allem, weil Igls die wichtigste Trainingsbahn für Österreichs Stars und den Rodelnachwuchs ist.

Imageschaden

Gerade in der heurigen Olympiasaison wären in Igls viele Fahrten für Materialtests geplant. Sollten die ausfallen, hat der österreichische Verband ein Riesenproblem. Auch mit dem Nachwuchs, der ins Ausland ausweichen müsste. 

„Der Imageschaden ist jetzt schon da“, meint Olympiaworld-Geschäftsführer Matthias Schipflinger. Auch finanziell droht ein Fiasko. In einem normalen Winter verbucht der Eiskanal 25.000 Fahrten, die Geld in die Kasse bringen für die teuren Erhaltungskosten der Bahn. 

„Das wird auch in den Gesamtschaden miteinberechnet müssen. Wir werden uns schadlos halten", stellt Schipflinger klar.

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