Wenn Ski-Tragödien nur noch Schnee von gestern sind

Anna Fenninger ist derzeit in Hochform und greift nach dem Gesamtweltcup.
Unglückspisten lösen unter den Weltbesten nicht mehr Angst und Schrecken aus.

Der Skizirkus biegt in seine finale Phase. Und ÖSV-Mitglieder zählen bei Damen wie Herren zu den Hauptdarstellern. Schauplatz des drittletzten Weltcup-Wochenendes sind Garmisch und Kvitfjell. Zwei Orte, in denen Österreicher auch aus tragischen Anlässen die Sportöffentlichkeit bewegt haben.

In Garmisch hatte sich die Salzburgerin Ulrike Maier bei einem Sturz im Abfahrtsrennen kurz vor Olympia 1994 das Genick gebrochen. Für die damals einzige Mutti unter den Rennläuferinnen kamen jegliche Hilfe zu spät. Trainer und FIS-Funktionäre standen danach vor Gericht.

Heute, Samstag, wird in Garmisch von den Damen ab 10.45 Uhr abgefahren. Und die Salzburger Doppel-Weltmeisterin Anna Fenninger, die zum Zeitpunkt der Maier-Tragödie vier Jahre alt gewesen war, sagt über die Garmischer Piste, nachdem sie das einzige Training als Viertschnellste abschloss, das Gleiche wie die im Gesamtweltcup nur noch 44 Punkte vor ihre liegende Slowenin Tina Maze " Ich hätte mir die Piste schwerer vorgestellt." Daniela Merighetti wird anderer Meinung sein. Die Italienerin, die sich erst im Jänner einen Kieferbruch zugezogen hatte, blieb mit einem Wadenbeinbruch auf der – Garmischer – Strecke.

In Kvitfjell hatte sich Matthias Lanzinger im März 2008 folgenschwer verletzt. Während seine ehemaligen Team-Kollegen auf der norwegischen Olympiastrecke von 1994 heute ihre vorletzten Saison Abfahrt bestreiten, gibt Lanzinger bei der Behinderten-WM in Kanada seine Abschiedsvorstellung.

Lanzinger büßte in Norwegen seinen linken Unterschenkel ein, nachdem es zu Pannen in der Versorgungskette gekommen war. Es folgte ein langer Prozess, bei dem der (von Anwalt Manfred Ainedter vertretene) Salzburger erst im vergangenen Dezember vor Gericht recht bekam. Nur die FIS kam ungeschoren davon.

Wunderschön

Lanzinger gelingt ein Blick zurück ohne Zorn. Er hat schon unmittelbar nach dem Unfall auf verbale Rundumschläge verzichtet. Und heute sagt der inzwischen 34- Jährige, der nie öffentlich mit dem Schicksal haderte: "Was in den sieben Jahren seither passierte, war wunderschön. Ich habe eine irrsinnige Lebensfreude und eine tolle, gesunde Familie."

Georg Streitberger, der am Unfalltag seines Freundes Lanzinger erstmals gesiegt hatte, sind nach wie vor Top-Drei-Plätze zuzutrauen. Und Hannes Reichelt, der Lanzinger als einer der ersten in der Reha-Klinik besucht hatte, gilt heute als Favorit, obwohl der Steve Nyman (USA) Trainingsschnellster war und Kjetil Jansrud als Lokalmatador unter Erfolgsdruck steht. So sagt Jansrud: "Will ich Marcel Hirscher im Gesamtweltcup noch einholen, dann muss ich in Kvitfjell zwei Mal gewinnen." Heute in der Abfahrt, Sonntag im Super G.

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