Drei ÖSV-Stars und ein Deutscher: Die großen Favoriten für die Vierschanzentournee

Ziiiieeeh: Der Deutsche Pius Paschke konnte in dieser Saison schon einige Flugmeilen sammeln
Deutsch-Österreichische Springertournee war der ursprüngliche Name der Vierschanzentournee. Bei der 73. Auflage, die am Sonntag in Oberstdorf beginnt, gilt dieses Motto: Denn die Skispringer aus Deutschland und Österreich haben in diesem Winter die Lufthoheit und machten in den ersten zehn Bewerben die Siege unter sich aus. Sie stellen auch die Favoriten für die Tournee.
Pius Paschke
Fünf Saisonsiege, souveräne Führung im Gesamtweltcup – auf dem Papier ist der 34-Jährige der Topfavorit auf den Gesamtsieg. Was freilich gegen Pius Paschke spricht: Er ist a) Deutscher und b) der Weltcupleader – und das ist bei der Tournee traditionell keine Erfolgskombination. In den letzten zehn Jahren gab’s nur ein Mal für den Mann im gelben Trikot in Bischofshofen den goldenen Adler. Pius Paschkes Auftritte in dieser Saison nähren die Sehnsucht auf den ersten deutschen Tourneesieg seit einem Vierteljahrhundert – und steigern zugleich auch das mediale Interesse. Ob das wirklich Flügel verleiht? Bei der Tournee-Generalprobe in Engelberg wurde der Überflieger Paschke wieder auf ein Normalmaß gestutzt (Ränge 10 und 18).
Chancen: Fünf Sterne
Jan Hörl
Der Lauser, wie ihn Trainer Andreas Widhölzl gerne nennt, ist erwachsen geworden und hat seine Launen abgelegt. Im letzten Winter ist Jan Hörl zu einem Springer von Weltklasse gereift, den man immer und überall auf der Rechnung haben muss. Zwei Saisonsiege, fünf Top-3-Platzierungen und Rang drei im Gesamtweltcup rücken den 26-Jährigen in den Rang eines Topfavoriten. Die Konstanz ist das große Plus des Pongauers: In neun von zehn Saisonspringen landete Hörl immer in den Top 6.
Chancen: Fünf Sterne
Daniel Tschofenig
Konstanz auf höchstem Niveau, Nerven wie Drahtseile, Überdosis Selbstvertrauen – der 22-Jährige bringt alles mit, was es für den Tournee-Gesamtsieg braucht. Der erste Weltcupsieg (in Wisla) war ein Befreiungsschlag und hat den hochbegabten Kärntner noch einmal auf ein anderes Level gehoben. Im letzten Jahr wäre ein Triumph von Tschofenig noch in die Kategorie Überraschung gefallen, heuer wäre es ein logischer Ausgang der Tournee. Beim letzten Formtest in Engelberg zeigte der Kärntner mit den Rängen 1 und 2 auf.
Chancen: Fünf Sterne
Stefan Kraft
Der letzte heimische Gesamtsieger ist längst überfällig für seinen zweiten Coup nach 2014/’15. Kraft ist kraft der Leistungen der vergangenen Jahre (3 Gesamtweltcupsiege, 3 WM-Goldmedaillen) immer ein Anwärter auf den Tourneesieg, diesmal hat der Pongauer wohl sogar die beste Ausgangsposition seit Langem. Denn Kraft ist ausnahmsweise einmal nicht der größte ÖSV-Hoffnungsträger, sondern startet aus der Lauerposition in den Klassiker. Vier Podestplätze und Rang vier im Gesamtweltcup sind Beleg für die gute Form des 31-Jährigen, der von sich selbst sagt: „Ich habe noch nicht meine besten Sprünge gezeigt und noch Luft nach oben.“
Chancen: Vier Sterne
Gregor Deschwanden
Dem Schweizer ist das zuzutrauen, was seinem prominenten und hochdekorierten Landsmann Simon Ammann vorenthalten geblieben ist: ein Sieg bei der Tournee. Deschwanden springt mit 33 Jahren gerade in der Form seines Lebens und landete in diesem Winter bereits drei Mal auf dem Stockerl. Der Schweizer hat gegenüber den Springern aus Österreich und Deutschland einen großen Vorteil. Das Interesse und die Erwartungshaltung sind in seiner Heimat deutlich geringer als in den zwei Veranstalterländern der Tournee.
Chancen: Drei Sterne
Andreas Wellinger
Der Olympiasieger von 2018 hat in diesem Winter bereits ein Springen gewonnen und zählt wie jedes Jahr zum Kreis der Hoffnungsträger und Mitfavoriten. Noch fehlt dem deutschen Routinier die wichtigste Tournee-Eigenschaft: die Konstanz. Wellinger leistete sich immer wieder Aussetzer und landete im Hintertreffen (22., 14., 15.) – solche Tagesplatzierungen kann man sich bei der Tournee nicht leisten.
Chancen: Zweieinhalb Sterne
Ryoyu Kobayashi
Es will heuer noch nicht so recht flutschen für den Weltcup-Zweiten des letzten Winters. Zwei neunte Plätze wirft der Flugschreiber des Japaners aus, zu wenig für einen Mann seiner Klasse. Abschreiben darf man Ryoyu Kobayashi aber noch lange nicht. Und wenn einer weiß, wie man die Tournee gewinnt, dann er. Kobayashi besitzt schon drei Goldene Adler, 2018/’19 gewann er als dritter Athlet nach Sven Hannawald und Kamil Stoch bei einer Tournee alle vier Springen.
Chancen: Zweieinhalb Sterne
Kristoffer Eriksen Sundal
Der 23-jährige Norweger genießt rund um die Schanzentische Exotenstatus: Sundal ist nämlich der einzige Nicht-Deutsche, -Schweizer oder -Österreicher, der es in dieser Saison auf das Podium geschafft hat. Die Stockerlplätze in den ersten zehn Springen verteilen sich so: Österreich (17), Deutschland (9), Schweiz (3) und eben Sundal, der einmal Dritter wurde. Zuletzt hatte allerdings sein Teamkollege Johan Andre Forfang den stärkeren Eindruck hinterlassen.
Chancen: Zwei Sterne
Die Austragungsorte
Oberstdorf (29. Dezember), Garmisch-Partenkirchen
(1. Jänner), Innsbruck (4. Jänner), Bischofshofen (6. Jänner)
Die Rekordsieger
Janne Ahonen (FIN/5 Siege),
Jens Weißflog (DDR und D/4), Björn Wirkola (NOR/3),
Helmut Recknagel (DDR/3), Kamil Stoch (POL/3),
Ryoyu Kobayashi (JAP/3), Andreas Goldberger (Ö/2), Gregor Schlierenzauer (Ö/2), Ernst Vettori (Ö/2),
Hubert Neuper (Ö/2),
Matti Nykänen (FIN/2),
Jochen Danneberg (DDR/2)
Anze Lanisek
Nach einem schwachen Start in die Saison zeigte die Formkurve des Slowenen zuletzt mit den Rängen 6 und 4 nach oben. Lanisek ist noch der Stärkste aus einem slowenischen Team, das in diesem Winter bislang weit unter den Möglichkeiten geblieben ist.
Chancen: Ein halber Stern
Aleksander Zniszczol
Man muss für die TV-Skisprungkommentatoren ja eigentlich inständig hoffen, dass der Pole bei der Tournee nicht in aller Munde ist. Der fliegende Zungenbrecher liegt im Gesamtweltcup als bester Pole auf dem 18. Rang – die Mannschaft des Tiroler Cheftrainers Thomas Thurnbichler ist eine einzige Enttäuschung. Überraschend dabei: Der dreifache Tournee-Triumphator Kamil Stoch schaffte es nicht einmal ins polnische Aufgebot.
Chancen: Null Sterne
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