Prevc krönte sich zum König der Tournee

Was bleibt sonst noch von dieser Tournee in Erinnerung? Wer fiel positiv auf, und wer durch? Der KURIER zieht Bilanz.

Bischofshofen ist traditionell der Ort, um noch einmal in den Rückspiegel zu schauen und die Tournee Revue passieren zu lassen. Der KURIER spielt wie immer Punkterichter und vergibt die Haltungsnoten für die 64. Vierschanzentournee.

Die Finnen 0,5

Angesichts der desaströsen Performance hätten sich die finnischen Skispringer in Wahrheit sogar eine Null verdient. Aus der einzigen Skisprung-Großmacht (16 Tournee-Gesamtsiege) ist ein Niemandsland geworden, und was dabei das wirklich Erschreckende ist: Es wird jeden Winter noch schlimmer. Diesmal reichte es für das letzte finnische Aufgebot (drei Starter) bei der Tournee nicht einmal mehr zu einem Weltcuppunkt, das Finale in Bischofshofen fand gar ohne die Skandinavier statt. Falls es ein Trost ist: Die nächste saunomisen maailmanmestaruuskilpailut kommt bestimmt. Und bei Sauna-Weltmeisterschaften kommt traditionell nur die ausländische Konkurrenz ins Schwitzen.

Gregor Schlierenzauer 4,0

Prevc krönte sich zum König der Tournee
ABD0051_20160102 - INNSBRUCK - ÖSTERREICH: Gregor Schlierenzauer (AUT) beim Training im Rahmen der 64. Vierschanzentournee am Samstag, 02. Jänner 2016, auf der Bergisel-Schanze in Innsbruck. - FOTO: APA/BARBARA GINDL
Wäre er ein Finne, dann würde man ihm jetzt wahrscheinlich zujubeln. Aber Schlierenzauer ist – zumindest auf dem Papier – der beste Skispringer der Welt, und für so einen ist ein 21. Rang beim Neujahrsspringen eine Bruchlandung. Der Tiroler hat im Laufe dieser Tournee mehr Schlagzeilen produziert als andere Springer während ihrer gesamten Karriere und ging damit den Kollegen und Journalisten zusehends auf die Nerven. Insofern ist es wohl für alle Beteiligten das Beste, dass Schlierenzauer jetzt vorzeitig die Saison beendet.

KURIER 7,5

Das neue Jahr begann mit einem Kacherl: Seit 2007 hätten die Österreicher bei der Tournee noch immer den Halbzeit-Leader gestellt, schrieb der Verfasser dieser Zeilen. Dabei war alles ganz anders: In der Saison 2012/’13 war Anders Jacobsen (NOR) als Leader nach Innsbruck gereist. Entschuldigung für diese Adler-Ente.

Die Polen 11,0

Wenn die Adler abheben, dann verzeichnet das polnische Fernsehen Rekordquoten bis zu sieben Millionen Zusehern. Sportlich sind die Polen rund um Olympiasieger & Weltmeister Kamil Stoch derzeit allerdings nicht im Bilde. In der Tournee-Gesamtwertung landete nur einer in den Top 20.

Simon Ammann 16,5

Eine Stil-Ikone wird der 34-Jährigen nicht mehr werden – und ein Tourneesieger wohl auch nicht. Der Verfechter der Telekacherl-Landung lässt bei den Haltungsnoten so viele Punkte liegen, dass er den anderen schon meterweit davonspringen müsste, um Erfolge zu landen. Trotzdem muss man Ammann Respekt zollen. Dafür, dass er auf seine alten Tage noch einmal die Landetechnik geändert hat, und dafür, dass er nach der kapitalen Brez’n vom Vorjahr überhaupt in Bischofshofen aufgekreuzt ist.

Michael Hayböck 18,5

Der Oberösterreicher ist längst zu einer verlässlichen Größe im Skispringen geworden. Konstanz auf hohem Niveau zeichnete den 24-Jährigen auch bei dieser Tournee aus. Für eine Fortsetzung der österreichischen Erfolgsserie und den achten Tourneesieg en suite hätte er freilich ein kleines Wunder gebraucht.

Heinz Kuttin 19,0

Prevc krönte sich zum König der Tournee
ABD0090_20160105 - BISCHOFSHOFEN - ÖSTERREICH: ÖSV-Trainer Heinz Kuttin im Rahmen der 64. Vierschanzentournee am Dienstag, 05. Jänner 2016, auf der Paul-Ausserleitner-Schanze in Bischofshofen. - FOTO: APA/BARBARA GINDL
Sportliche Turbulenzen, öffentlicher Gegenwind, dazu die Flaute des Rekordspringers – der österreichische Cheftrainer durchlebt gerade stürmische Zeiten. Man muss Heinz Kuttin allerdings gratulieren, wie er diese schwierige Situation meistert und sich als notwendiger Ruhepol gibt.

Severin Freund 19,5

Wie der Deutsche seinen schweren Trainingssturz am Bergisel weggesteckt hat und trotz Prellungen auf den zweiten Rang flog, verdient allergrößte Bewunderung. Und in Oberstdorf präsentierte sich Freund zudem als fairer Gewinner, der sich für seine guten Windbedingungen fast ein wenig genierte.

Nick Fairall 20,0

Der Auftritt des Amerikaners rührte die Fans in Bischofshofen zu Tränen. Im vergangenen Jahr war Fairall auf der Paul-Außerleitner-Schanze schwer gestürzt, er ist seither gelähmt. Nun kehrte der Kämpfer mit einem Lächeln und viel Zuversicht nach Bischofshofen zurück und verkündete: "Skispringen ist der Sport, den ich wieder betreiben möchte."

Peter Prevc 20,0

Miserable Verhältnisse? Egal. Ein verpatzter Probedurchgang? Alles halb so wild. Eine lästige Verkühlung? Nicht der Rede wert. Nichts konnte den souveränen Slowenen bei dieser Tournee aus der Flugbahn werfen. Der Gesamtsieg ist der verdiente Lohn für den Überflieger dieses Winters. Und wenn jetzt noch seine jüngste Schwester Ema (sechs) flügge wird, dann wird’s vielleicht noch einmal was mit einer eigenen Prevc-Mannschaft in einem WM-Mixed-Bewerb. Denn Schwester Nika (zehn) sowie die Brüder Domen (16) und Cene (19) sind bereits aktive Skispringer.

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