Die bittere Revanche des verlorenen Sohnes

Ein Wiener in Salzburg: Verteidiger Dominique Heinrich fühlt sich im Red-Bull-Trikot pudelwohl.
Der Wiener Dominique Heinrich ist einer der besten Salzburger im Finale gegen die Vienna Capitals.

Den Wiener Eishockey-Fans muss das Herz bluten, wenn sie Dominique Heinrich spielen sehen (heute, 17.45 Uhr/live ServusTV). Der Verteidiger mit dem Offensivdrang ist einer jener Spieler, die Wien als Teenager verlassen mussten in jener Zeit, in der die Capitals mehr auf Legionäre als auf die großen Talente der Stadt setzten. "Es hat keine Perspektive bei den Capitals gegeben. Sie haben damals keinen Wert auf den Nachwuchs gelegt", begründet Heinrich selbst.

Deshalb wechselte er 2007 vom damaligen Zweitliga-Klub Team aus Wien in den Nachwuchs von Salzburg. "Ich hab’ dort schon mit 18 Jahren in der Nationalliga und in der Bundesliga spielen können." Und er wurde zu einem der besten Verteidiger des Landes ausgebildet.

Und zu einem Spieler, der den Capitals im Finale 2015 große Probleme bereitet. Der nur 1,75 Meter kleine und 76 Kilo schwere Verteidiger organisiert wie ein Quarterback im Football das Spiel der Salzburger – vor allem im Powerplay. Er hat einen präzisen Schuss, hat Übersicht und ist ein überragender Eisläufer. In Zahlen: In den beiden ersten Spielen gegen den Klub seiner Heimatstadt erzielte er zwei Tore und kam auf vier Assists.

"Das ist mir aber egal", sagt der 24-Jährige. "Ich will dieses Jahr nur unbedingt diese Trophäe holen. Ich bin froh, dass ich der Mannschaft helfen kann." Die vergangenen beiden Jahre gingen die Salzburger leer aus: 2013 verloren sie gegen die Capitals im Semifinale, 2014 das Endspiel gegen Bozen.

Salzburger Charakter

Dass es 2015 gegen die Capitals 2:0 in der Best-of-seven-Serie steht, ist für Heinrich ein Beweis für die mentale Stärke des Teams: "Wir haben am Freitag sehr viel Charakter gezeigt. Wir sind 0:2 in Rückstand geraten und haben uns zurück gekämpft. Genauso wie nach dem 1:3."

Ein Riesenschritt in Richtung Salzburger Titelgewinn. "Der Sieg im ersten Auswärtsspiel war ganz wichtig. Am Sonntag wollen wir auf 3:0 stellen, dann stehen uns alle Türen offen." Dass Heinrich künftig wieder in Wien spielen könnte, ist unrealistisch. Vergangenen Sommer hat er seiner Freundin im Central Park von New York einen Heiratsantrag gemacht, heuer wird in Klosterneuburg geheiratet. Sein Lebensmittelpunkt wird sich künftig ganz nach Salzburg verlagern.

Für die Capitals spricht nach den ersten beiden Spielen (1:6, 4:5) nicht mehr viel. Selbst Trainer Jim Boni musste nach dem 4:5 anerkennen: "Salzburg ist ein wirklich gutes Team. Es reicht leider nicht, wenn du nur 50 Minuten gut spielst."

Es ist davon auszugehen, dass sein Team heute in Salzburg alles auf das Eis bringen wird. "Du musst gegen Salzburg nichts Besonderes tun, einfach nur 60 Minuten hart arbeiten. Jeder von uns glaubt daran, dass wir es noch schaffen können", sagt Boni. "Als wir gegen Fehérvár 0:2 hinten waren, hat auch niemand mehr an uns geglaubt", ergänzt Kapitän Jonathan Ferland.

Nach den Härteeinlagen am Freitag müssen heute Kristler (Salzburg/drei Spiele Sperre) und die Wiener Verteidiger Lakos und Peter (je ein Spiel) zuschauen.

Es ist Training bei den Vienna Capitals. Zeit und Gelegenheit unbemerkt in das heilige Reich der Wiener zu gelangen: in den Kabinentrakt.

Die bittere Revanche des verlorenen Sohnes
Vienna Capitals, Thomas Bardodej, Zeugwart
Vorbei an der Umkleide der Wiener, vorbei an der modernen Wellness-Anlage in der Schultz-Halle befindet sich am Ende des Ganges das Büro von Zeugwart Thommy Bardodej. Was dem Eishockey-Freund schnell auffällt: An der Wand hängen Hunderte Kappen von Eishockey-Klubs. Raritäten aus Nordamerika genauso wie von Teams in Europa und von WM-Turnieren. „Ich habe mir keine einzige gekauft“, betont Bardodej. „Die sind alle Geschenke von Spielern.“

Der 45-Jährige ist der Einzige bei den Capitals, der seit dem ersten Spiel der Klubgeschichte am 21. September 2001 immer dabei war. Und nicht nur das: Bardodej ist seit 1994 Zeugwart bei einer Wiener Eishockey-Mannschaft. Damals bei Fischerbräu gab ihm ein russischer Spieler einen Rat. „Er hat gesagt, ich solle nie mehr über Eishockey wissen, als ein Spieler. Daran habe ich mich immer gehalten. So bin ich gut gefahren“, sagt Bardodej.

Auch, wenn die Profis einen Knochenjob haben und drei harte Spiele pro Woche absolvieren, die Arbeit des Zeugwarts ist nicht zu unterschätzen. Der Arbeitstag von Bardodej ist noch länger als jener der Spieler: „Zwei Stunden vor dem Training beginne ich mit den Vorbereitungen für die Spieler. Nach einem Match dauert es vier Stunden bis ich fertig bin.“

Dienstagnacht kamen die Capitals nach dem ersten Finale in Salzburg um 2.30 Uhr nach Wien zurück, um 6.30 Uhr war Bardodej fertig. Der Hauptteil der Arbeit ist das Waschen der Trikots. Und das Trocknen der Ausrüstung. Bardodej erinnert sich an ein Hoppala: „Die Handschuhe kommen auf ein Gestänge, in das ein Fön heiße Luft bläst. Weil für den Handschuh von Darcy Werenka kein Platz mehr war, habe ich ihn mit einer Heißluftpistole getrocknet. Leider habe ich vergessen, dass Darcy seinen Zahnschutz immer in den Handschuh steckt. Der ist danach herausgeronnen.“ Der langjährige Kapitän wurde seinem Beinahmen „Sir“ gerecht und nahm es mit einem Lächeln.

Wie Bardodej noch immer mitfiebert, war beim 2:1-Erfolg im Halbfinale in Linz zu sehen. „So fertig war ich noch nie. Als der Raffi Rotter das Siegestor geschossen hat, hab’ ich mich erstmal hinsetzen müssen.“

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