Tournee: Weitenjagd im Zentimeterbereich

Stefan Kraft liegt in der Tourneewertung keinen halben Meter hinter dem Polen Kamil Stoch.

Das Jahr 2017 begann für Stefan Kraft, 23, mit einem ungewollten Striptease. Denn nach dem Neujahrsspringen in Garmisch musste der Pongauer das Trikot des Tourneeführenden wieder ausziehen, das seit dem Auftakterfolg in Oberstdorf seinen Oberkörper schmückte. Nicht etwa, weil sich der Tourneesieger von 2015 beim Neujahrsspringen Blöße gegeben hätte, vielmehr waren zwei Athleten noch einen Hauch besser als der Österreicher. "Klar hätte ich das Trikot gerne behalten, aber die anderen waren top. Wahnsinn, was die hier für Sprünge ausgepackt haben."

Die, das waren der Norweger Daniel Andre Tande und der Pole Kamil Stoch, die beim Neujahrsspringen sogar diesen Stefan Kraft in Hochform noch einmal überflügelten und den Kampf um den Gesamtsieg in eine Zentimeter-Entscheidung verwandelten. Stoch, der neue Leader, reist mit einem Punktepölsterchen von 0,8 Zählern zum Bergiselspringen (4. Jänner, 14 Uhr). 0,8 Punkte, das sind umgerechnet läppische 44,44 Zentimeter.

Hoher Genuss

"0,8 Punkte sind nichts, es ist extrem spannend", meint Stefan Kraft, der noch nie eine Vierschanzentournee auf so einem hohen Niveau erlebt hat. "Im Moment können ein paar Springer solche super Sprünge auspacken. Auch deshalb war es ein perfekter Start ins neue Jahr."

Zumal der Olympia-Bakken in Garmisch nicht unbedingt zu den Lieblingsschanzen des 23-Jährigen zählt. In der Vergangenheit hatte sich Stefan Kraft beim Neujahrsspringen häufig geplagt, "ich bin oft mit einem schlechten Gefühl hierhergekommen", berichtet der Österreicher. "Im Moment ist es so, dass ich die Springen sehr genießen kann. Und das wird jetzt in Innsbruck und in Bischofshofen noch mehr werden", glaubt der 23-Jährige.

Hohe Qualität

Mit Kamil Stoch liegt nun ein Skispringer voran, dem nur mehr der Tourneesieg in seiner Trophäensammlung fehlt. "Im Moment mache ich mir über den Gesamtsieg aber keine Gedanken", gibt sich der Routinier abgeklärt. "Mir reicht es schon, wenn ich einer der Besten bin."

In den Augen von ÖSV-Chefcoach Heinz Kuttin, der in seinen Trainerjahren in Polen seinerzeit den jungen Kamil Stoch unter den Fittichen hatte, ist der 29-Jährige sogar die Nummer eins. "Er verfügt über die beste Grundtechnik von allen."

Aber auch bei Daniel Andre Tande geraten die Experten derzeit ins Schwärmen. Der 22-Jährige hält bei dieser Tournee die Fahnen der Norweger hoch und hat sich mit seinem zweiten Weltcupsieg bis auf 6,6 Punkte an Leader Stoch herangepirscht. Dieses Trio wird sich wohl den Gesamtsieg unter sich ausmachen.

Denn andere Mitfavoriten haben in Garmisch Federn gelassen. Darunter die beiden Österreicher Michael Hayböck und Manuel Fettner, die in Oberstdorf mit den Rängen drei und fünf in die Tournee gestartet waren. "Es hat schon einiges gefehlt", sagte Hayböck nach seinem zehnten Platz, mit dem er in der Gesamtwertung an die sechste Stelle zurückfiel.

Unmittelbar vor Manuel Fettner (12.), der sich nicht über das beste Ergebnis auf der ungeliebten Schanze in Garmisch freuen konnte. "Schuld war diesmal nicht die Schanze. Sondern ich", lautete sein Seelenstriptease.

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