Stefan tankt Kraft für das Abenteuer Kulm
Irgendwann nach Mitternacht wurde Stefan Kraft der Rummel dann doch einmal zu viel, und der Tourneesieger machte einen Abflug ins Hinterzimmer der Oberforsthofalm im Alpendorf in St. Johann im Pongau. Mit Freundin Marisa, seiner Familie und seinem Zimmerkollegen Michael Hayböck ließ der 21-Jährige den größten Feiertag seiner Karriere erstaunlich ruhig ausklingen, während rund um ihn die große Abschiedsparty von Thomas Morgenstern im Gange war. Samt illustren Gästen (DJ Ötzi, Matthias Mayer, Benjamin Karl), einem Feuerwerk sowie einer spontanen Polonaise des Japaners Noriaki Kasai, der sich keiner entziehen konnte.
Stefan Kraft hatte mit seinem Tourneesieg die meisten auf dem falschen Fuß erwischt. Vor Oberstdorf war der 21-Jährige bei den Experten noch nicht allzu hoch im Kurs gestanden, vielmehr wähnte die internationale Konkurrenz das Ende der österreichischen Erfolgsserie. Denn immerhin hatte ein ehemaliger Tourneesieger die Karriere beendet (Morgenstern), ein anderer stand gar nicht im Aufgebot (Loitzl) – und die übrigen drei (Schlierenzauer, Diethart, Kofler) waren nicht in der Form früherer Tourneesieg-Tage.
Die Erfolgsgeschichte der beiden Zimmerkollegen faszinierte auch das Publikum. Der ORF vermeldete bei der Tournee – einmal mehr – Rekordquoten. Mit 1,647 Millionen Zuschauern (Spitzenwert) war das Tournee-Finale in Bischofshofen das zweitmeist gesehene Skispringen seit Beginn der Reichweitenmessung. Schon beim Bergiselspringen war eine neue Bestmarke aufgestellt worden, mit durchschnittlich 986.000 Zusehern war diese Tournee sogar die bisherige Nummer eins.
Es kommt nicht von ungefähr, dass die Österreicher auf die Adler fliegen. Zumal es mit Stefan Kraft auch einen neuen Siegertypen gibt, der nie um einen flotten Spruch verlegen ist und dem der Schalk ständig im Nacken sitzt. Das bekam auch ÖSV-Direktor Ernst Vettori zu spüren: Als Kraft bei der offiziellen Siegerpressekonferenz nach seinem Vorbild gefragt wurde, blickte der Salzburger kurz in die Menge, entdeckte seinen Vorgesetzten und sagte: "Ernst Vettori" – und er ergänzte dabei, dass er "schon einen Zentimeter größer" sei als der Chef.
Ammann entwarnte
Bei einer Sache verging aber auch Stefan Kraft das Lachen: Der schwere Sturz von Simon Ammann war auch bei der Feier in der Oberforsthofalm ein zentrales Gesprächsthema. "Ich bin froh, dass ich da nicht mehr runter muss", gestand Thomas Morgenstern, der wie Ammann in seiner Karriere schon öfter mit dem Krankenwagen von der Schanze abtransportiert werden musste. Ammann verbrachte die Nacht im Krankenhaus in Schwarzach, er konnte aber bereits Entwarnung geben. Mit einer schweren Gehirnerschütterung und schweren Abschürfungen im gesamten Gesicht kam der Schweizer noch relativ glimpflich davon.
Simon Ammann wird sicher auf die Schanze zurückkehren, glauben alle seine Weggefährten. Wahrscheinlich sogar noch in dieser Saison. Sicherlich aber noch nicht am Kulm.
Kraft freut sich schon auf den Bewerb in der Steiermark. So wie er in Form ist, wird er seine persönliche Bestweite wohl verbessern. Die liegt bei 208 Metern. Die adaptierte Schanze schaue geradezu "monströs" aus.
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