Stefan Kraft vor dem Punkterekord: „Dieses Gefühl macht süchtig“

Stefan Kraft hat viel zu jubeln
Stefan Kraft braucht noch 48 Weltcuppunkte, um die Bestmarke von Janne Ahonen zu erreichen. Ein Gespräch über Erfolg und die Stärke des ÖSV-Teams.

Drei Mal WM-Gold im Einzel, drei Siege im Gesamtweltcup, Triumph bei der Vierschanzentournee, acht Jahre lang Inhaber des Skiflugweltrekordes (253,5m), der Springer mit den meisten Weltcup-Podestplätzen (127) – Stefan Kraft schwebt in anderen Sphären.

Nun winkt dem 32-jährigen Salzburger die nächste Bestmarke. Stefan Kraft benötigt noch 48 Weltcuppunkte, dann würde er den Finnen Janne Ahonen überflügeln, der mit 15.758 Zählern die Nummer 1 ist. „Viele Punkte sind es nicht mehr. Ich hoffe, ich knacke es in Falun“, sagt der Überflieger vor den beiden Springen am Dienstag (15.10, ORF 1) und Mittwoch in Schweden. 

Stefan Kraft über ...

... seinen Ehrgeiz und Antrieb Ich will wieder und immer noch einer der besten Skispringer der Welt sein und ganz oben sein. So macht das Skispringen dann nämlich auch am meisten Spaß.

... seine persönliche Definition von Erfolg Wenn ich konstant vorne dabei bin. Wenn ich oben am Balken sitze und weiß, dass der Sprung mich auf das Stockerl bringt. Dieses Gefühl macht süchtig. Und wenn du dann oben auf dem Podium stehst und die Hymne hörst, dann ist das ein richtig erhabenes Gefühl. Dafür gehe ich gerne trainieren und mache Extraeinheiten.

... Erfolge im Alter Ich habe meine Siege schon immer extrem genossen, aber seit drei, vier Jahren merke ich, dass ich alles bewusster wahrnehme und mich fast noch mehr freue. Wenn ich zum Beispiel an meinen Sieg heuer am Bergisel denke: Das ist für einen österreichischen Springer mit das Größte. Ich weiß nicht, ob ich solche Emotionen außerhalb des Skispringens irgendwie erleben kann.

... die Herausforderungen im Skispringen Die schlechten Sprünge brennen sich leider oft zu viel ins Gedächtnis ein. Das ist das Gemeine am Skispringen. Wenn du jeden Tag einen schlechten Sprung im Training dabei hast, dann kann dich das runterziehen. Vor allem, wenn du nicht verstehst, warum dieser eine Sprung nicht gelungen ist, obwohl du genau das Gleiche gemacht hast wie bei den guten Sprüngen. Und du fragst dich dann: Wieso? Im Moment bin ich aber sehr happy.

Stefan Kraft hebt gerne ab

Stefan Kraft hebt gerne ab

... Ungerechtigkeiten im Skispringen Ich kann mich manchmal furchtbar ärgern. Wenn sie mich zum Beispiel zwei Luken runtersetzen und ich dann plötzlich einen viel schlechteren Wind habe – da rege ich mich auf. Man weiß natürlich, dass das dazugehört und im Skispringen part of the game ist, und das Pendel hat sicher auch schon oft genug in meine Richtung ausgeschlagen. Grundsätzlich habe ich als Skispringer schon so viele schöne Sachen erleben dürfen. Ich darf mich echt nicht beschweren.

... die letzten Tage vor der Geburt des ersten Babys Früher hatte ich am Handy den Flugmodus, jetzt ist es immer auf Laut. Natürlich will ich bei der Geburt dabei sein, und man wird mich dann auch vielleicht zwei, drei Wochen nicht im Weltcup sehen.

... die fehlende Einzelmedaille bei Olympia Das wäre natürlich eine runde Geschichte. Aber wenn ich das nicht erreichen sollte, schlafe ich trotzdem keine Sekunde schlechter oder kürzer.

... den verlorenen Skiflugweltrekord Das war wirklich ein beneidenswerter Flug von Domen Prevc. Ich hätte das nicht für möglich gehalten. Warum soll ich mich darüber ärgern? Ich hab’ auch jemandem den Weltrekord weggenommen, Robert Johansson hatte ihn nur 20 Minuten, bei mir waren es immerhin acht Jahre.

Stefan Kraft

... die österreichische Dominanz Das ist mit Abstand das stärkste Team, in dem ich jemals gesprungen bin. Vor allem auch, was das Teamgefüge betrifft. Da wird jeder neue Springer gut aufgenommen, jeder kann sich entfalten und darf seine Meinung sagen. Es ist auch ein offener Austausch mit den Trainern.

... seine Rolle im Team Ich war einige Jahre allein an der Spitze. Da war oft alles von mir abhängig, das war nicht immer lustig. Klar, die ganzen Medien haben damals mir gehört, aber das bedeutet auch Druck. Ich finde es gut, dass inzwischen die Verantwortung nicht mehr nur bei mir liegt. Es ist schön, wenn am Ende des zweiten Durchgangs nur mehr Österreicher oben stehen.

... das Karriereende Im Hinterkopf habe ich es schon. Solange ich gerne trainiere und das halbe Jahr unterwegs bin und halbwegs vorne dabei bin, macht es Riesenspaß. Aber ich glaube nicht, dass ich so lange springen werde wie Simon Ammann.

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