Stefan Kraft siegt in Oberstdorf

Siegertyp: Stefan Kraft gewann mit 6,9 Punkten Vorsprung.
Auftakt nach Übermaß für die Österreicher bei der Vierschanzentournee: Stefan Kraft siegt vor Michael Hayböck und dem Slowenen Peter Prevc. Andreas Kofler wird Fünfter, Gregor Schlierenzauer landet nur auf Platz 17.

Wenn es uns einmal richtig reinläuft, dann werden wir viel Spaß haben.“ Heinz Kuttin hatte schon so eine Vorahnung: Er wusste genau, dass seine Springer nicht so schlecht waren, wie sie in dieser Saison mitunter geredet wurden. Und dem neuen Cheftrainer war auch klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis seine Österreicher wieder einmal alle überflügeln würden. Denn: „Es hat noch keinen Wettkampf gegeben, bei dem alle die besten Sprünge ausgepackt haben.“

Ihre besten Sprünge haben sich die Österreicher offenbar – in guter Tournee-Tradition – für den ersten Saisonhöhepunkt aufbehalten. Der Tourneeauftakt in Oberstdorf wurde gleich einmal zu einer rot-weiß-roten Machtdemonstration. Während etliche Favoriten bereits beim Auftakt strauchelten, machten die Österreicher ihrem Ruf als Superadler wieder einmal alle Ehre.

Erster: Stefan Kraft. Zweiter: Michael Hayböck. Fünfter: Andreas Kofler – so stark sind die ÖSV-Adler seit 2010 nicht mehr in eine Tournee gestartet.

Eine Frage der Zeit

Der Doppelsieg in Oberstdorf kam den Österreichern nicht einfach so zugeflogen. Er hatte sich vielmehr in den vergangenen Wochen schon angedeutet. Stefan Kraft und Michael Hayböck waren mit Abstand die konstantesten ÖSV-Springer in diesem Winter, dass einer der beiden Zimmerkollegen und dicken Freunde endlich auch einmal ein Springen gewinnen würde, war eigentlich nur eine Frage der Zeit.

„Ich hätte mir den Zeitpunkt für meinen ersten Sieg nicht besser aussuchen können“, jubelte Stefan Kraft im Auslauf der Schattenbergschanze. Der Salzburger hatte bereits nach dem ersten Durchgang geführt, und er präsentierte sich dann auch im Finale im Stile eines Routiniers. Abgeklärt, cool, souverän und ohne den Anflug einer Unsicherheit. „Ich wollte einfach nur einen normalen Sprung machen.“

Einen normalen Sprung? Mit dem Satz auf 129 Meter überflügelte er auch seinen Teamkollegen Michael Hayböck noch deutlich (6,9 Zähler Vorsprung), der zuvor mit 132,5 Metern den weitesten Sprung des Finaldurchgangs gestanden und noch am Slowenen Peter Prevc (3.) vorbeigezogen war. Dass der Zimmerkollege nun vor ihm den ersten Weltcupsieg feiern durfte, konnte Hayböck leicht verkraften: Immerhin landete er bereits zum fünften Mal in Folge auf dem Stockerl, und immerhin ist er seit gestern stolzer Träger des Trikots des Weltcupgesamtführenden. „Wir hatten diesmal das Glück des Tüchtigen, das ist einfach ein geniales Gefühl.“

Die Österreicher fliegen nun also in geballter Formation dem siebenten Tourneesieg in Serie entgegen. Denn als Fünfter zeigte auch Andreas Kofler auf und liegt in Lauerstellung. „Ich verspüre im Moment einfach nur großes Glück“, sagte Coach Heinz Kuttin.

Favoritenstürze

Jeder, der schon einmal bei der Vierschanzentournee dabei war, kennt die geflügelten Worte, die alle Jahre wieder rund um den Schanzentisch von Oberstdorf zu hören sind. Man könne die Tournee in Oberstdorf nicht gewinnen, man könne sie ebendort aber sehr wohl verlieren, lautet eines der wichtigsten ungeschriebenen Gesetze des Schanzenklassikers. Diesmal war für Simon Ammann die Tournee vorbei, noch ehe sie richtig begonnen hatte: Bereits nach dem ersten Sprung war der Traum vom Gesamtsieg wieder ausgeträumt, der Schweizer Routinier verpatzte die Landung und plumpste kopfüber in den Auslauf. Ammann blieb bei seinem Sturz zwar unverletzt, die Bruchlandung schmerzte den 33-Jährigen aber trotzdem. Denn auch im 17. Anlauf wird ihm, der außer der Tournee alles gewonnen hat, der heiß begehrte Gesamtsieg vorenthalten bleiben. „Die Tournee mag mich einfach nicht.“ Ammann war nicht der einzige Favorit, der beim ersten Bewerb strauchelte. Auch andere Sieganwärter wie der Norweger Bardal, die deutschen Freund und Freitag oder auch Gregor Schlierenzauer rissen in Oberstdorf schon so einen großen Rückstand auf, dass für sie die Tournee bereits gelaufen ist.

Endstand
1. Stefan Kraft (AUT) 291,9 Punkte (136,5/129,0 Meter)
2. Michael Hayböck (AUT) 285,0 (137,5/132,5)
3. Peter Prevc (SLO) 283,9 (139,5/125,5)
4. Kamil Stoch (POL) 274,9 (129,0/131,0)
5. Andreas Kofler (AUT) 274,8 (135,5/126,0)
6. Anders Fannemel (NOR) 270,7 (128,5/131,0)
7. Roman Koudelka (CZE) 265,3 (131,0/127,0)
8. Noriaki Kasai (JPN) 264,3 (137,5/123,0)
9. Daiki Ito (JPN) 262,5 (128,0/128,0)
. Jernej Damjan (SLO) 262,5 (126,5/130,5)
11. Lauri Asikainen (FIN) 258,6 (131,0/125,0)
12. Phillip Sjöen (NOR) 256,7 (128,5/127,0)
13. Severin Freund (GER) 255,0 (126,0/124,5)
14. Anders Jacobsen (NOR) 254,7 (126,5/124,5)
15. Richard Freitag (GER) 251,4 (124,5/125,0)
16. Rune Velta (NOR) 248,1 (125,5/121,0)
17. Gregor Schlierenzauer (AUT) 247,5 (133,0/119,5)
18. Marinus Kraus (GER) 246,9 (129,0/118,0)
19. Stephan Leyhe (GER) 241,8 (120,0/119,5)
20. Taku Takeuchi (JPN) 239,3 (128,0/116,5)
21. Anders Bardal (NOR) 236,4 (122,0/124,0)
22. Daniel Wenig (GER) 236,1 (116,0/119,5)
23. Dmitrij Wassilijew (RUS) 236,0 (124,0/116,0)
24. Robert Kranjec (SLO) 231,8 (120,0/119,5)
25. Michael Neumayer (GER) 230,2 (124,5/123,0)
26. Piotr Zyla (POL) 227,2 (125,0/110,5)
27. Thomas Diethart (AUT) 222,3 (107,5/123,0)
28. Johann Forfang (NOR) 220,3 (111,0/119,5)
29. Vincent Descombes Sevoie (FRA) 217,1 (112,0/119,5)
30. Wladislaw Bojarinzew (RUS) 173,4 (103,0/106,0)

Kommentare