Überflieger Stoch, Absteiger Schlierenzauer
Die Adler sind gelandet, die Trophäen sind vergeben, die Skispringer räumen den Schanzentisch und verabschieden sich in die Sommerfrische. Zeit für einen Blick in den Rückspiegel. Wer durfte auf Wolke sieben schweben, wer landete auf dem Boden der Realität, wer sprang ins Rampenlicht?
Die Auswertung des Weltcup-Flugschreibers macht deutlich: Selten zuvor war der Luftraum so umkämpft wie in diesem Winter, in dem sich gleich 14 verschiedene Skispringer aus acht Nationen in die Siegerlisten eintragen konnten. Darunter mit Gregor Schlierenzauer, Thomas Diethart (je 2 Saisonsiege) und Thomas Morgenstern (1) auch drei Österreicher.
Das Saisonfinale in Planica war ein Spiegelbild der gesamten Saison. Zwar gewannen die ÖSV-Adler den Teambewerb, in den Einzelkonkurrenzen war das Siegespodest aber – wie zuletzt so häufig – außer Sprungweite.
Der Superadler Kamil Stoch sprang in diesem Winter aus dem Schatten von Adam Malysz mitten ins Rampenlicht. Mehr noch: der 26-Jährige überflügelte sogar noch seinen berühmten Landsmann. Denn Olympia-Gold war Malysz stets verwehrt geblieben. Kamil Stoch, dem spätestens mit seinem WM-Titel 2013 der Durchbruch gelang, krönte sich in Sotschi sogar zum Doppel-Olympiasieger und sicherte sich auch souverän den Gesamtweltcup. Vor allem die Konstanz des Polen war beeindruckend: Stoch landete in dieser Saison 15-mal in den Top 5.
Der Senkrechtstarter Noch im Dezember kannten Thomas Diethart nur echte Skisprung-Insider, nach der Vierschanzen-Tournee war der Niederösterreicher dann in aller Munde. Der Aufstieg des 22-Jährigen aus den Tiefen vom Kontinentalcup zum Tournee-Gesamtsieger war das österreichische Highlight einer an Höhepunkten armen Saison.
Der Altspatz Noriaki Kasai flog in dieser Saison in die Geschichtsbücher. Mit seinen 41 Jahren ist das rüstige Springinkerl aus Japan nicht nur der älteste Olympia-Medaillengewinner im Skispringen (Silber in Sotschi), Kasai ist auch mit Abstand der älteste Adler, der je ein Weltcupspringen gewinnen konnte (Kulm). Wer glaubt, dass sich der Altspatz nun in den verdienten Skispringer-Ruhestand verabschiedet, der irrt gewaltig. Kasai hat schon angekündigt, dass er 2018 in Südkorea abermals um Olympia-Medaillen fliegen will.
Der Absteiger Überflieger Gregor Schlierenzauer wurde auf ein Normalmaß gestutzt. Zwei Saisonsiege und keine Einzelmedaille werden den hohen Ansprüchen des Tirolers nicht gerecht. In Planica erneuerte Schlierenzauer die Kritik am Trainerstab rund um Alexander Pointner und forderte Konsequenzen. "Es wird Veränderungen geben müssen."
Der beste Skispringer der Welt war nicht der Mann, der die meiste Zeit in der Luft verbracht hat. Weltcup-Gesamtsieger Kamil Stoch sammelte deutlich weniger Flugmeilen als Peter Prevc und lag am Ende sogar 400 Meter hinter dem Slowenen. Das ist das Ergebnis des Adidas Distance Awards, bei dem alle Sprünge der Weltcupsaison addiert werden.
Prevc legte über die ganze Saison 6988,5 Meter zurück, Stoch, der bei zwei Bewerben pausierte , als Zweiter immerhin 6584. Bester Österreicher ist in dieser Wertung der Salzburger Stefan Kraft als Vierter mit 6313 Meter.
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