Rücktritt mit 23 Jahren: Ein ÖSV-Skisprungstar will nicht mehr

Irgendwann hat Sara Marita Kramer ihr Lächeln verloren. Es muss so im Februar 2022 gewesen sein, kurz nachdem sie sich vorzeitig den Sieg im Gesamtweltcup gesichert hatte.
Der größte Erfolg in ihrer kurzen Karriere als Skispringerin kollidierte mit der größten Tragödie ihrer Laufbahn.
Sara Marita Kramer (*25.Oktober 2001) kam in Apeldoorn in den Niederlanden auf die Welt und übersiedelte als Kind nach Maria Alm im Salzburger Pinzgau. Ihr erster internationaler Auftritt als Skispringerin war 2015 bei einem Alpencup.
Erfolge: Kramer wurde 2020 in Oberwiesenthal dreifache Junioren-Weltmeisterin (Einzel, Team, Mixed-Team).
Ein Jahr später gewann sie bei der Nordischen WM in Oberstdorf gemeinsam mit Daniela Iraschko-Stolz, Sophie Sorschag und Chiara Hölzl Gold im Teambewerb. Dazu kam noch Bronze im Mixed-Teamwettkampf.
In der Saison 2021/'22 gewann Kramer den Gesamtweltcup. Sie feierte insgesamt 15 Weltcupsiege.
Wegen einer Corona-Infektion verpasste Kramer die Olympischen Winterspiele in Peking, bei denen sie die erklärte Goldfavoritin gewesen wäre. „Das hat sie schwer getroffen, damals ist sie in ein Loch gefallen“, sagt Florian Liegl, der Nordische Direktor beim ÖSV.

Von diesem Tiefschlag, den die Pinzgauerin persönlich als große Ungerechtigkeit empfand, hat sie sich nie mehr richtig erholt. Mit gerade einmal 23 Jahren verkündete Sara Marita Kramer am Mittwoch mit einer emotionalen Botschaft via Social Media ihren Rücktritt.
"Ich hatte immer den Traum, eine Olympiamedaille zu gewinnen. Dass ich 2022 nicht dabei sein konnte, hat mich härter getroffen, als ich gedacht hatte."
Dabei war die gebürtige Niederländerin eigentlich für etwas ganz anderes vorbestimmt: Sie sollte das Gesicht des Frauen-Skispringens werden, die Athletin, die diesen jungen Sport auf das nächste Level hievt.
Sara Marita Kramer könne das Frauen-Skispringen über Jahre prägen und dominieren, hatte der damalige ÖSV-Direktor Mario Stecher erklärt.

13 Weltcupsiege in 13 Monaten
Tatsächlich schwebte die Salzburgerin vor nicht allzu langer Zeit noch in anderen Sphären und degradierte die Konkurrenz zu Flugbegleiterinnen. Zwischen Dezember 2020 und Jänner 2022 feierte Kramer 13 ihrer insgesamt 15 Weltcupsiege.
Fehlende Energie
Das unverschuldete Verpassen der Winterspiele in Peking liest sich aus heutiger Sicht wie ein Bruch in ihrer Karriere. Als hätte man ihr den Stecker gezogen und die Energiezufuhr gekappt.
In den letzten drei Weltcupsaisonen landete die einstige Seriensiegerin nur noch zwei Mal auf dem Podium. Im vergangenen Winter stieg Kramer wegen einer Gürtelrose bereits im Jänner aus.
Schon damals wirkte sie extrem nachdenklich, teilweise richtig resigniert. „Ich hatte den Flow, alles war leicht und das Rundherum war scheißegal“, sagte die 23-Jährige im KURIER-Interview. „Es ist frustrierend, wenn es dann nicht mehr geht, und macht einen manchmal richtig fertig.“
2019 wollte Sara Marita Kramer schon einmal alles hinwerfen, weil ihr das Skispringen keine Freude mehr bereitete. Damals hatte sie sich noch umstimmen lassen.
Jetzt sagt sie: "Das ist nicht das Ende, das ich mir gewünscht habe. Aber zugleich binich stolz, dass ich auf mein Herz und meinen Körper gehört habe."
„Die Türen bei uns sind offen“, versichert ÖSV-Direktor Florian Liegl. „Es ist echt schade, weil sie eine tragende Rolle bei der Emanzipation des Frauen-Skispringens hatte.“
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