WM-Kolumne "Snow-How": Orangensaft zum Runterladen

Warum einfach, wenn’s auch mit Hightech geht?
Die Kreditkarte glüht, und die Bezahldienstleister können sich ein nettes Körberlgeld verdienen.

Stillstand bedeutet Rückschritt, mag das Credo in Schweden lauten. Doch ob wirklich alles so toll ist, was sich seit der letzten Ski-WM in Åre geändert hat?

Rechnungen werden meist bargeldlos beglichen, im Medienhotel werden Scheine und Münzen nicht einmal mehr akzeptiert. Die Kreditkarte glüht, und die Bezahldienstleister können sich ein nettes Körberlgeld verdienen. Gut, das sollen sie auch, das ist schließlich ihr Geschäft. Aber die Einnahmen der Hotels und Geschäfte sind eben doch geringer als mit echten Kronen und Öre. „Tja“, sagt die Rezeptionistin und zuckt mit den Schultern, „das stimmt schon. Aber es hat sich halt so entwickelt.“

Dass der Fortschritt, so seltsame Blüten er manchmal auch treiben mag, immer weitergeht, ist auch beim Frühstück zu bemerken. „Hast du dir schon einen Orangensaft runtergeladen?“, fragt der Kollege. „Runtergeladen?“ Runtergeladen. Ich möge es mir einfach anschauen.

Nun stehe ich vor einer Art Wasserhahn mit Auffangbehälter darunter – und daneben steht ein Computerdisplay. Orangensaft, Orangensaft und Apfelsaft stehen zur Wahl. Ein Druck auf Orangensaft eins bringt kein Ergebnis, ein Druck auf Orangensaft zwei ebenfalls nicht. Apfelsaft will ich nicht.

Ob die Internetverbindung abgestürzt ist? Eine junge Frau eilt mit einem Kanister herbei, aus dem ein Schlauch ragt, sie öffnet den Kasten unter dem Hahn, nimmt einen Kanister heraus, schließt ihren an und lächelt. Also doch nur eine schnöde Zapfanlage – immerhin fließt nun endlich der Orangensaft, dessen Vitamine helfen sollen, im schwedischen Winter zu bestehen. Natürlich könnte man den Saft auch einfach in Karaffen bereitstellen. Aber man muss es nicht.

Apropos schwedischer Winter: Der Schneefall rund um München und Stockholm sorgte bei WM-Teams, Funktionären, Fans und Journalisten für einigen Unmut. Die Schweizer Speed-Herren mussten am Sonntag in Zürich wieder aus dem Flugzeug steigen, und wer es in die schwedische Hauptstadt geschafft hat, saß eben dort fest. Der Grazer Kollege S. erwischte noch den letzten Flieger nach Östersund und erreichte Åre am Montagmorgen gegen halb drei .

Da kamen andere erst auf die Idee, doch den Zug zu nehmen, unter ihnen auch die französischen Abfahrer, die erst am Montagmittag ihren Arbeitsplatz erreichten. Nicht gerade die ideale Vorbereitung für ihren WM-Super-G am Mittwoch, zumal beileibe nicht alle ihr Gepäck hatten. Aber gut, man hätte ja auch – siehe das Snow-How vom Montag – das Auto nehmen können. So, wie es Ihr WM-KURIER auch schon vor zwölf Jahren getan hat.stefan.sigwarth

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