Frauen-Chef Assinger vor Sölden: "Bei uns wird zu viel gerutscht"

Katharina Liensberger auf dem Weg zurück
Vor dem Weltcupauftakt in Sölden spricht der neue Cheftrainer der ÖSV-Skifrauen über technische Defizite und die Entwicklung von Katharina Liensberger.

Seit dieser Saison ist Roland Assinger Chefcoach der österreichischen Ski-Frauen. Der 50-jährige Kärntner löste den glücklosen Thomas Trinker ab, der nach nur einem Winter den Posten schon wieder räumen musste.

Auf Nachfolger Roland Assinger wartet in der neuen Saison, die heute mit dem Riesentorlauf in Sölden eröffnet wird (10/13 Uhr, live ORF1) viel Arbeit. Gerade in den technischen Disziplinen fuhren die Österreicherinnen in der vergangenen Saison hinterher. Im Slalom- und Riesentorlaufweltcup schien keine ÖSV-Läuferin am Ende in den Top Ten auf.

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KURIER: Was haben Sie im letzten halben Jahr bewegen können?

Roland Assinger: Am Anfang gab es einmal eine Findungsphase. Vor allem im Slalom und Riesentorlaufteam war die Situation nicht einfach, die Techniktruppe war nach der letzten Saison psychisch down, die Läuferinnen waren echt am Boden. Das war richtig herausfordernd. Ich habe alle Trainer zusammengeholt und kundgetan, wie ich es mir vorstelle. In welche Richtung es gehen soll.

Damen-Cheftrainer Roland Assinger im Interview

Damen-Cheftrainer Roland Assinger im Interview

Was schwebt Ihnen vor?

Einerseits war das Thema Kondition ein sehr Wichtiges. Der zweite zentrale Punkt ist die Skitechnik.

Haben Sie im konditionellen Bereich denn Mängel ausgemacht?

Im Skisport musst du topfit sein, um die Leistung erbringen zu können. Körperliche Fitness ist in jedem Leistungssport die Grundvoraussetzung. Viele von uns sind ja richtig gut beisammen, aber bei einigen gibt es definitiv Nachholbedarf. Und da habe ich im Sommer schon ein wenig in die Wunden reingedrückt. Ich glaube, die Fitness ist ein Bereich, in dem sich jede Läuferin optimieren kann.

Und woran hat es bei der Skitechnik gehapert?

Wir müssen uns optimieren und dürfen nicht auf der Stelle treten. Warum ist eine Mikaela Shiffrin seit Jahren so erfolgreich? Weil sie versucht, immer besser zu werden. Ich habe mir die Rennen im Fernsehen angeschaut und schon mitgekriegt, dass wir bei der Skitechnik noch einige Reserven haben. Und da müssen wir auch den Hebel ansetzen.

Was ist das Manko?

Das ist ganz eindeutig der Schwungansatz: Bei uns wird zu viel gerutscht. Das Ganze in einem Jahr so auf Vordermann zu bringen, wird es aber nicht spielen. So blauäugig bin ich nicht. Und dann kommt ja noch etwas dazu.

Was denn?

Die mentale Komponente spielt ja auch eine Rolle. Der Ausspruch vom legendären Rudi Nierlich, wenn’s laft, dann laft’s, funktioniert auch in die andere Richtung. Der Teufel hat halt viele Kinder. Und aus dieser Negativspirale müssen wir raus.

Sehen Sie schon Fortschritte?

Im Trainingskurs in Ushuaia war die ganze Welt vertreten. Da hatten wir schon einen Vergleich. Und das hat mich positiv gestimmt. Wir sind nicht ganz dabei, aber wir sind näher gekommen.

Was ist der Anspruch?

In den technischen Disziplinen müssen wir wieder zur erweiterten Weltspitze kommen. Für ganz vorne wird es noch nicht reichen. Die erweiterte Weltspitze ist in Reichweite. Sie müssen halt dann auch am Tag X performen und aus der zweiten Reihe wieder nach vorne kommen.

Katharina Liensberger im Vorjahr am Semmering

Katharina Liensberger im Vorjahr am Semmering

Ein spezieller Fall ist Katharina Liensberger, die vergangene Saison nur ein Schatten ihrer selbst war. Wie präsentiert sie sich?

Ich war ja früher beim ÖSV Abfahrtstrainer und habe die Katharina deshalb nicht wirklich gekannt. Mein Eindruck ist extrem positiv: Sie ist eine Athletin, die hundertprozentig dem Sport untergeben ist. Katharina Liensberger tut wirklich alles für den Sport. Einen besseren Profi als sie kann man sich nicht vorstellen.

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Manche behaupten, Sie würde sogar zu viel trainieren.

Mir sind Sportler lieber, die ich ein bisschen bremsen muss als jene, die ich immer antreiben muss. Ich habe mit ihr nichts Kompliziertes probiert. Ich habe ihr nur klargemacht, dass wir nur als Team funktionieren. Wir müssen im Teamgefüge stark werden. Und da habe ich alles daran gesetzt, dass im Teamspirit die individuellen Stärken verbessert werden. Es gibt Beispiele, wo es auch anders funktioniert, mit Einzelteams. Aber ich bin ein Teamplayer, ich will das so haben.

Was erwarten Sie von Ihr. Kann es bei ihr mit einem Rennen klick machen?

Katharina Liensberger kennt ja den Geschmack des Erfolges. Sie weiß, wie es ist, die Beste zu sein. Dieses Gefühl des Gewinnens ist in ihr drinnen, das muss man wieder aktivieren. Das ist harte Arbeit und braucht Geduld. Ich glaube nicht, dass es von heute auf morgen funktionieren wird. Aber es ist definitiv möglich, dass es bei einer Läuferin wie ihr schnell bergauf gehen kann.

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