Slalom-Feiertage gehen in Schladming weiter
Nur gut, dass beim ÖSV nicht die strengen Maßstäbe des Deutschen Skiverbandes gelten. Sonst würden im WM-Flieger nach Vail wohl einige Plätze leer bleiben. Die Deutschen entsenden traditionell nur Läufer zu Großereignissen, die über den Winter auch die geforderten Resultate abgeliefert haben. Eine Platzierung in den ersten acht oder zwei Ergebnisse in den Top 15 – das sind die Normen des DSV. Wer das nicht schafft, muss daheim bleiben.
Umgelegt auf den hochdekorierten und hochgelobten ÖSV würde das bedeuten: an der WM in Vail dürften gerade einmal zwei Riesentorläufer und drei Slalomfahrer teilnehmen. Jahrelang hatte der ÖSV vor Großereignissen die Qual der Wahl, heute wirkt es fast so, als hätten die Trainer die Wahl der Qual.
Alleinunterhalter
Bis zum heutigen Night-Race in Schladming (17.45 bzw. 20.45 Uhr, live ORFeins) sind in diesem WM-Winter in 24 Rennen gerade einmal vier ÖSV-Herren in die Top drei gefahren (Marcel Hirscher, Georg Streitberger, Matthias Mayer, Hannes Reichelt). Zum Vergleich: 2013 hatte der ÖSV noch sieben Läufer im WM-Aufgebot, die Podestränge vorweisen konnten.
Und wäre da nicht die Lichtgestalt Marcel Hirscher, der alles überstrahlt, es würde wenige Tage vor dem Saisonhöhepunkt ziemlich düster aussehen im Herrenteam. Der 25-Jährige überdeckt mit seinen Seriensiegen (sechs in dieser Saison) und seinen Podestplätzen (elf bei 15 Starts) auch die argen Probleme in den technischen Disziplinen. Ohne seinen Superstar und Alleinunterhalter Hirscher würde Österreich in Slalom und Riesentorlauf zusehends zu einem Ski-Niemandsland verkommen.
Problemzone
Im Riesentorlauf schaffte in diesem Winter neben Hirscher bisher nur Benjamin Raich den Sprung in die Top Ten. Im Slalom war bis zum Nightrace in Schladming bislang gar nur der Weltcup-Leader in den Top Ten zu finden. Scheidet Hirscher, wie etwa in Wengen passiert, ausnahmsweise einmal aus, dann offenbart sich das große Dilemma, in dem die Techniktruppe steckt. "Ja, wir haben ein Problem. Uns fehlen vor allem im Slalom einige Jahrgänge", weiß Herren-Chefcoach Andreas Puelacher.
So werden nun – notgedrungen – österreichische Rennläufer zur WM mitgenommen, deren Leistungen früher nie und nimmer für einen Platz im Aufgebot gereicht hätten, geschweige für einen Einsatz im Kampf um Medaillen. Im Riesentorlauf müssen Puelacher und seine Trainerkollegen bereits auf Läufer wie Philipp Schörghofer zurückgreifen, der gerade einmal einen 18. Rang vorweisen kann, oder auch auf Christoph Nösig, der zumindest zwei Mal 16.wurde. Im Slalom, wo der ÖSV dank Titelverteidiger Marcel Hirscher fünf Starter stellen darf, könnte Michael Matt eine einzige Platzierung in den Punkterängen bereits für einen WM-Start reichen.
Touristen
Auf Startplätze freiwillig zu verzichten oder nicht in kompletter Besetzung anzutreten – das käme für ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel nie infrage. Wie würde das auch aussehen, und was für ein Licht würde das auf den weltbesten Skiverband werfen, der sich jedes Jahr ein 60-Millionen-Euro-Budget leistet? Dann nimmt man schon lieber den einen oder anderen WM-Touristen mit.
Die "Krise" in den technischen Disziplinen, die auch Superstar Hirscher offen anspricht, sorgt auch ÖSV-intern für Diskussionen. Chefcoach Puelacher hatte schon vor der Saison angeprangert, dass der "Generationswechsel länger dauern werde." Sein Vorvorgänger Anton Giger (1999 bis 2010) sah sich inzwischen bemüßigt, darauf hinzuweisen, eine intakte Mannschaft übergeben zu haben. "Im Slalom und Riesentorlauf haben wir seit 2010 deutlich an Substanz verloren", sagte Giger.
Und was sagt der wortgewaltige Peter Schröcksnadel? "Ich sehe, dass wir immer mehr Geld ausgeben und immer weniger Output bekommen", kritisierte er in der Tiroler Tageszeitung. "Für mich ist das nicht akzeptabel."
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