Nach dem Tod von Abfahrer Franzoso: Wie sicher ist der Skisport?

Der Skisport beklagt wieder ein Todesopfer. Der Italianer Matteo Franzoso starb nach einem Sturz in Chile
Bei Geschwindigkeiten bis zu 160 km/h kann jeder kleinste Fehler fatale Folgen haben. Die FIS führt mit der heurigen Saison die Airbag-Pflicht ein.

Der Skisport trägt Trauer – wieder einmal, ist man mittlerweile geneigt zu sagen. Denn der weltcuperprobte Italiener Matteo Franzoso, der beim Sommertraining in La Parva (Chile) verunglückte, ist bereits das dritte Todesopfer innerhalb eines Jahres.

 Vor ihm waren bereits zwei junge italienische Talente auf der Rennpiste ums Leben gekommen.

  • Was ist passiert?

Beim Abfahrtstraining in La Parva, wo in diesem Sommer auch das ÖSV-Herrenteam stationiert war, verlor Matteo Franzoso am Freitag nach einem Sprung die Kontrolle und kam von der Piste ab. 

Er durchschlug zwei Sicherheitsnetze und krachte mit dem Kopf gegen einen Holzzaun. Dabei erlitt der Italiener ein so schweres Schädel-Hirn-Trauma, dass er am Montag im Krankenhaus in Santiago de Chile, starb, einen Tag vor seinem 26. Geburtstag.

  • Wie sind die Reaktionen auf den Tod von Franzoso?

Der Schock und die Anteilnahme in der großen Skifamilie sind enorm, wie die zahlreichen Postings auf Social Media zeigen. Aktuell befinden sich gerade alle großen Skinationen in Südamerika und trainieren und wohnen dort Seite an Seite.

Nach dem Tod von Abfahrer Franzoso: Wie sicher ist der Skisport?

Matteo Franzoso bestritt in seiner Karriere 17 Weltcuprennen

In die Trauer mischt sich aber auch Kritik an den Gegebenheiten in La Parva. „Es darf nicht passieren, dass eine Streckenabsperrung so wenig Widerstand leistet, dass ein Rennfahrer wie Matteo in einer Holzvorrichtung landet“, sagte der frühere italienische Toprennläufer Alan Perathoner im Blick.

"Wir haben inzwischen mehr Todesfälle als im Motorsport"

 „In der Formel 1 und in der MotoGP hat man aus tödlichen Unfällen gelernt. „Im Skisport dagegen scheint man nichts daraus zu ziehen – und wir haben inzwischen mehr Todesfälle als im Motorsport.“

Alpine Skiing: Lake Louise Audi FIS Ski World Cup - Downhill - Men

Sicherheitsnetze bei einer Weltcup-Abfahrt

  • Gibt es Unterschiede zwischen Trainingspisten und Weltcupabfahrten?

Im Weltcup sind die Sicherheitsstandards deutlich höher – sogenannte A-Netze, die etliche Meter hoch sind und etliche weitere Netzreihen sollen die Wucht des Aufpralls verringern. Dazu muss bei Weltcuprennen zumindest ein Rettungshubschrauber parat sein, obendrein befinden sich mehrere Ärzte entlang der Strecke.

Das ist ein enormer logistischer und finanzieller Aufwand, der im Sommertraining im fernen Südamerika schlicht nicht zu stemmen ist.

  • Wie viel Glück hatte der Ski-Weltcup in den letzten Jahren?

Die österreichische Doppel-Weltmeisterin Ulrike Maier ist die letzte Skiläuferin, die im Rahmen eines Weltcuprennens ums Leben gekommen ist (Abfahrt, Garmisch 1994). 

Viele Schutzengel

Seither fuhr einige Male der Schutzengel mit: Scott Macartney (USA), Daniel Albrecht (SUI) und der Salzburger Hans Grugger stürzten auf der Streif in Kitzbühel so schwer, dass sie ins Koma fielen und tagelang um ihr Leben kämpften.

„Wenn ich bei einem anderen Rennen gestürzt wäre, dann hätte ich das nicht überlebt“, sagt Grugger. Nur der perfekt funktionierenden Rettungskette und dem Umstand, dass wenige Flugminuten entfernt die Klinik Innsbruck eine der renommiertesten neurochirurgischen Abteilungen beherbergt, verdanken er und seine Kollegen ihr Leben.

  • Wie schützen sich die Abfahrer? 

Angesichts der hohen Geschwindigkeiten, mit der die Abfahrer unterwegs sind, ist die Schutzausrüstung sehr reduziert: Helm und Rückenprotektor, ab der neuen Saison ist in den Speedrennen (Abfahrt, Super-G) das Tragen eines Airbags Pflicht. Auch eine schnittfeste Skiunterwäsche ist notwendig.

Wie kann das Risiko reduziert werden? 

Ein Problem sind die hohen Geschwindigkeiten – in der Abfahrt von Wengen erreichen die Läufer 160 km/h – ein anderes die Rennski von heute, die kaum mehr zu bändigen sind. 

Die Athleten sind enormen Kräften ausgesetzt, bei denen der Körper oft nicht mehr mithält. Allein im letzten Winter verzeichnete der Weltcup 40 verletzte Läufer. 

Hochrisikosport

Ein Lösungsvorschlag, der diskutiert wird, sind dickere Rennanzüge, die das Tempo verringern sollen. 

Tatsache ist freilich: Abfahrer, die mit 140 km/h ohne Knautschzone auf zwei schmalen Brett’ln über die Piste rasen, werden immer einen Hochrisikosport betreiben.

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