ÖSV-Star Katharina Truppe: "Jetzt könnt ihr mich alle einmal“

Katharina Truppe feierte im letzten Winter ihren ersten Weltcupsieg und holte bei der Heim-WM Bronze
Katharina Truppe hat den besten Winter ihrer Karriere hinter sich. Diese Erfolge haben ihr viele nicht zugetraut.

Katharina Truppe ertappt sich manchmal dabei, dass sie in einen kurzen Tagtraum versinkt und mit ihren Gedanken mitten im Sommer in den vergangenen Winter reist. Dann muss die Frohnatur aus Kärnten unweigerlich grinsen, „weil es einfach so schöne Erinnerungen sind“, sagt Katharina Truppe.

Bronze bei der Heim-WM im Teambewerb an der Seite von Stephanie Venier; erster Weltcupsieg im 181. Rennen (Slalom in Åre), viele Glücksmomente und große Emotionen – die 29-Jährige kann auf den erfolgreichsten Winter ihrer Karriere zurückblicken.

ÖSV-Star Katharina Truppe: "Jetzt könnt ihr mich alle einmal“

Katharina Truppe wie sie leibt, lebt und Emotionen zeigt

KURIER: Lassen Sie uns einmal an Ihrem Tagtraum teilhaben. Was passiert da? Katharina Truppe: Es kommt ziemlich oft vor, weil die Medaille und die Startnummer vom Sieg in Åre bei mir in der Wohnung hängen. Und jedes Mal, wenn ich drauf schaue, tauchen sofort die Bilder von damals in meinem Kopf auf. Das macht mich glücklich. Ich schau’ aber auch ganz bewusst hin, wenn das Training gerade härter ist und ich Motivationsprobleme habe. Und dann denke ich mir: Genau dafür mach’ ich es und quäle mich. Aber ich gebe zu, dass auch alles ein bisschen viel war im letzten Winter.

ÖSV-Star Katharina Truppe: "Jetzt könnt ihr mich alle einmal“

Bei ihrem Sieg in Åre ließ Katharina Truppe auch Superstar Mikaela Shiffrin hinter sich

Inwiefern?

Weil so viel passiert ist. Es hat ewig gedauert, bis ich alles verarbeitet habe. Und bis ich überhaupt geglaubt habe, dass das wirklich passiert ist und es nicht nur ein Traum ist. Die Medaille in Saalbach war schon ein Highlight, weil keiner damit gerechnet hat. Und der erste Weltcupsieg in Åre war fast außerhalb meiner Vorstellungskraft.

Sie haben im Ziel auch sehr ungläubig dreingeschaut.

Weil ich nicht glauben konnte, was da abgeht. Mikaela Shiffrin hatte fast eine Sekunde Vorsprung, das gibt sie normalerweise nicht mehr aus der Hand. Ich war ja schon megazufrieden, weil es mein erster zweiter Platz im Weltcup gewesen wäre. Und dann kommt Shiffrin ins Ziel und ist Dritte. Da habe ich ziemlich blöd dreingeschaut und mir gedacht: Was geht da gerade ab? Zwickts mich bitte!

Hatten Sie die Hoffnung denn schon aufgegeben, dass Sie einmal im Weltcup ganz oben stehen?

In Wahrheit hat ja keiner mehr richtig daran geglaubt, dass ich einmal ein Rennen gewinnen könnte. Ich selbst habe mir schon immer eingeredet: Irgendwann wird der Tag kommen, an dem alles zusammenpasst.

Hatten Sie Selbstzweifel?

Ich fühle mich nicht in der Position, um sagen zu können: „Ja, ich kann Weltcuprennen gewinnen.“ So selbstbewusst bin ich dann auch nicht. Man kriegt ja mit, was über einen gesagt wird. Ich hatte viele Kritiker, die seit Jahren über mich sagen: „Die wird’s nie schaffen. Warum hört die nicht auf?“

Was hat das mit Ihnen gemacht?

Als ich dann in Åre als Siegerin im Ziel gestanden bin, habe ich in mich hineingegrinst und mir gedacht: „So, jetzt könnt ihr mich alle einmal.“ Und das Schöne war, dass Mikaela Shiffrin mit mir am Podest gestanden ist. Sie ist also nicht ausgefallen, sondern ich war an dem Tag einfach schneller als sie.

Verspüren Sie jetzt eine Befreiung?

Ich bin zwar nicht körperlich gewachsen, aber ein bisschen Selbstvertrauen habe ich definitiv dazugekriegt. Es war definitiv befreiend, weil ich mir jetzt wirklich nichts mehr beweisen muss. Ich habe den Eindruck, dass mich der erste Sieg lockerer macht. Das kann mir keiner mehr wegnehmen. Was soll in meiner Karriere noch groß sein? Ich habe Olympia-Gold, eine WM-Medaille und jetzt auch einen Weltcupsieg.

Ist die Motivation denn in dieser Sommervorbereitung eine andere?

Ich habe jedenfalls festgestellt, dass mir das Trainieren heuer weniger schwerfällt als in anderen Jahren. Es macht auch irgendwie mehr Spaß. Weil ich weiß, wofür ich es mache, und ich möchte da auch unbedingt dranbleiben. Wer weiß, wie viele Saisonen ich noch habe. Ich werde jetzt bald 30.

Bleibt es bei Ihrer Entscheidung, dass Sie nicht mehr im Riesentorlauf starten?

Ja. Ich habe so viel Energie in den Riesentorlauf gelegt, und es ist nie etwas rausgekommen. Das hat wehgetan, weil ich wirklich einen enormen Aufwand betrieben habe. Ich habe in den letzten Jahren viel mehr Riesentorlauf trainiert als Slalom, weil ich unbedingt zeigen wollte, dass ich einen schnellen Schwung fahren kann. Ich war ja im Riesentorlauf Vierte bei den Olympischen Spielen in Peking. Aber ich habe einen Tag vor meinem Sieg in Åre entschieden: Das war’s mit dem Riesentorlauf, das bringt nichts mehr. Vielleicht war genau das der Grund, warum ich gewonnen habe: Weil eine gewisse Last von mir gefallen ist.

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