Sensations-Sieg von Christine Scheyer in Zauchensee

Die 22-Jährige rast bei der Heim-Abfahrt zu ihrem ersten Weltcup-Sieg.

Sie ist 22 Jahre jung, stammt aus Götzis, hat am Sportgymnasium in Dornbirn zusammen mit Snowboarder Alessandro Hämmerle maturiert – und ist seit Sonntagmittag einfache Weltcupsiegerin: Christine Scheyer feierte in ihrem zwölften Weltcup-Einsatz den ersten Sieg. Und gegen alle, die der Skizirkus derzeit so hergibt. Gegen Lindsey Vonn, gegen Lara Gut, selbst gegen die slowenische Speed-Saisondominatorin Ilka Stuhec.

"Ich lerne schnell", hatte Christine Scheyer am 16. Dezember in Val d’Isère zum KURIER gesagt, als sie in der Kombi-Abfahrt bereits mit dem fünften Platz aufgezeigt und diesen tags darauf mit Rang neun in der Spezialabfahrt bestätigt hatte. Nicht einmal einen Monat später steht sie nun ganz oben. "Das wird dauern, bis ich das realisiert habe."

Sensations-Sieg von Christine Scheyer in Zauchensee
Alpine Skiing - FIS Alpine Skiing World Cup - Women's Downhill - Altenmarkt-Zauchensee, Austria - 15/01/17 - Winner Christine Scheyer of Austria is flanked by Liechtenstein's second placed Tina Weirather (L) and 3rd placed Jacqueline Wiles of the U.S. REUTERS/Leonhard Foeger TPX IMAGES OF THE DAY
Wie schnell die Vorarlbergerin lernt, zeigt der Blick ein Jahr zurück: Am 14. Jänner 2016 hat sie ihre ersten Europacup-Punkte in der Abfahrt von Altenmarkt geholt – Platz 19. Und man hätte wohl schon wesentlich früher von Christine Scheyer geschrieben und gelesen, hätte sie nicht im Sommer 2013 das vordere Kreuzband im rechten Knie und im Jänner 2015 jenes im linken Knie gerissen. "Das waren schon zwei Rückschläge, ich war jeweils ein halbes Jahr außer Gefecht", und dann ist die Technikerin auf die langen Skier umgestiegen.

Historisch

Dass ÖSV-Sportchef Hans Pum gar nicht mehr aufhören konnte zu lachen, als die Startnummer 25 mit der Bestzeit im Ziel war, hat einen guten Grund: Der bis Sonntag letzte Sieg einer Österreicherin datierte vom 16. März 2016, damals war Mirjam Puchner die Beste in der Abfahrt von St. Moritz; der letzte Sieg eines Vorarlbergers war jener von Christian Greber (Abfahrt Bormio, 28. Dezember 2001); und die letzte Vorarlbergerin war Anita Wachter (Riesenslalom Lienz, 28. Dezember 1999).

"Sie habe ich vielleicht sogar im Fernsehen gesehen, aber ganz sicher bin ich mir da nicht", gestand Christine Scheyer, die mit vier Schwestern im Rheintal aufgewachsen ist. Sie ist aber die einzige, die sich ganz dem Skisport verschrieben hat.

Schnell ans Ziel

"Es war schon ein Traum, im Weltcup fahren zu dürfen", gestand die B-Kader-Athletin, "ein Weltcupsieg war das Fernziel." Beiseite gelegt hat Scheyer ihre beruflichen Pläne ("Ich habe an der Fernuni in Hagen ein Studium der Wirtschaftswissenschaften begonnen"), das erworbene Wissen kann sie nun nutzen, um ihre knapp 42.000 Euro Preisgeld anzulegen.

"Ich habe sie bisher nicht wirklich gekannt", sagte die Liechtensteiner Zweite Tina Weirather, "aber sie ist im Training schon sehr gut gefahren – und im Rennen erst recht." Bestzeit am Vormittag, Bestzeit am Mittag, warum, Frau Scheyer? "Weil wir in den letzten Wochen gut trainiert haben und ich wieder einen Schritt nach vorne gemacht habe. Heute habe ich einfach die Skier laufen lassen. Das Komische war: Im Rennen bin ich mir gar nicht so schnell vorgekommen."

Endergebnis:

1.

Christine Scheyer (AUT)

1:21,15

Min.

2.

Tina Weirather (LIE)

1:21,54

+0,39

3.

Jacqueline Wiles (USA)

1:21,69

+0,54

4.

Lara Gut (SUI)

1:21,70

+0,55

5.

Ilka Stuhec (SLO)

1:21,73

+0,58

6.

Johanna Schnarf (ITA)

1:22,30

+1,15

7.

Nicole Schmidhofer (AUT)

1:22,34

+1,19

8.

Priska Nufer (SUI)

1:22,38

+1,23

9.

Nicol Delago (ITA)

1:22,40

+1,25

10.

Jasmine Flury (SUI)

1:22,47

+1,32

11.

Elena Fanchini (ITA)

1:22,50

+1,35

12.

Laurenne Ross (USA)

1:22,58

+1,43

13.

Lindsey Vonn (USA)

1:22,69

+1,54

14.

Joana Hählen (SUI)

1:22,75

+1,60

15.

Corinne Suter (SUI)

1:22,81

+1,66

16.

Breezy Johnson (USA)

1:22,95

+1,80

17.

Francesca Marsaglia (ITA)

1:23,09

+1,94

18.

Sofia Goggia (ITA)

1:23,12

+1,97

.

Mirjam Puchner (AUT)

1:23,12

+1,97

20.

Elisabeth Görgl (AUT)

1:23,16

+2,01

21.

Ragnhild Mowinckel (NOR)

1:23,18

+2,03

22.

Fabienne Suter (SUI)

1:23,20

+2,05

23.

Elena Curtoni (ITA)

1:23,23

+2,08

.

Stephanie Venier (AUT)

1:23,23

+2,08

.

Tiffany Gauthier (FRA)

1:23,23

+2,08

26.

Kajsa Kling (SWE)

1:23,26

+2,11

27.

Tamara Tippler (AUT)

1:23,37

+2,22

28.

Ramona Siebenhofer (AUT)

1:23,42

+2,27

29.

Stacey Cook (USA)

1:23,51

+2,36

.

Valerie Grenier (CAN)

1:23,51

+2,36

Weiter:

31.

Rosina Schneeberger (AUT)

1:23,59

+2,44

33.

Sabrina Maier (AUT)

1:23,73

+2,58


Gesamtwertung

Geboren am 18. Juli 1994

Wohnort: Götzis/Vorarlberg

Größe/Gewicht: 1,74 m/68 Kg

Familienstand: ledig

Ski/Schuhe/Bindung: Head

Verein: WSV Koblach

Im ÖSV-Kader seit 2013

Hobbys: Mountainbike, Tennis, Musik

Motto: "Trainiere hart, oder gehe heim"

Beruf: Skirennläuferin, Studentin der Wirtschafts-Wissenschaften

Weltcup-Debüt: 12. Dezember 2014 (Riesentorlauf Aare)

Erste Weltcup-Punkte: Februar 2016 Kombination Soldeu (23.)

Weltcup: 1 Sieg (15. Jänner 2017, Abfahrt Altenmarkt/Zauchensee)

Verletzungen: Kreuzbandrisse 2013 und 2015

39 Hundertstelsekunden hinter Christine Scheyer begann die Ursachenforschung. Wobei Tina Weirather angesichts eines ausgefransten Meniskus im Knie glückliche Zweite war. Jacqueline Wiles aus Portland im US-Bundesstaat Oregon feierte Platz drei, ihr bestes Karriereergebnis; die 24-Jährige war damit auch beste Amerikanerin.

Lindsey Vonn, die angekündigt hatte, "nicht um einen zehnten Platz zu fahren", landete mit 1,54 Sekunden auf Platz 13. "Ich muss wieder mein Timing finden und brauche mehr Selbstvertrauen", sagte die 32-Jährige. "Ich war ein bisschen nervös", und die schweren Stürze der Italienerin Nadia Fanchini (Oberarmfraktur, Bruch dreier Wirbelquerfortsätze) und der Ungarin Edit Miklos (u. a. Patella-Luxation im rechten Knie und Innenbandriss im linken) waren nicht hilfreich. Vonn grübelte über ihren Rückstand bei der ersten Zwischenzeit, "vielleicht liegt es an meinem Start", denn sie kann sich mit dem rechten Arm noch nicht wieder mit voller Kraft abstoßen – nach ihrem Oberarmbruch hat sie auch Probleme, die rechte Hand zu bewegen.

"Manchmal gibt es so komische Rennen", sagte Gesamtweltcupsiegerin Lara Gut, "aber ich bin immerhin Vierte und nicht Zwanzigste." Ilka Stuhec, die die ersten drei Saisonabfahrten gewonnen hatte, landete nach einer "nicht idealen Fahrt" auf Platz fünf. Der Grund: "Ich habe mich nicht ganz gut gefühlt."

Bestens fühlte sich hingegen Nicole Schmidhofer (7.). "Die Schwünge funktionieren wieder, jetzt kann ich mich meinen Problemen in den Gleitpassagen widmen", sagte die Steirerin. Ihrer siegreichen Teamkollegin gratulierte sie lachend: "Christine ist gefahren wie eine Halbirre."

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