Schild gegen den Rest der Slalom-Welt

Schild gegen den Rest der Slalom-Welt
Marlies Schild nimmt in Levi den 34. Torlauf-Sieg ins Visier

Am 28. März 1995 endete im schweizerischen Les Crosets eine Ära: Vreni Schneider stellte ihre Skier ins Eck. Als Landesmeisterin im Slalom. Und als dreifache Gesamt­siegerin im Alpin-Weltcup.

Siebzehneinhalb Jahre später ist die Sportgeschäfts- und Skischulbesitzerin wieder in aller Munde. In der Schweiz, weil Vreni Schneider, inzwischen 47-jährig, Ende dieses Monats ihre erste CD auf den Markt wirft. "Ä Gruess us dä Bergä" soll der Erstling heißen, zu hören werden volkstümliche Schlager sein. Der Komponist? Tommy Mustac, er arbeitet auch mit einem gewissen Hansi Hinterseer.

In Österreich ist Vreni Schneider vor allem wegen Marlies Schild in vieler Munde. Und das ganz besonders seit dem 11. Februar, seit Schilds Sieg beim Slalom im spanischen Soldeu, dem 33. ihrer Karriere. Seither jagt die 31-Jährige Schneiders Bestmarke von 34 Weltcup­erfolgen im Slalom. Und seit diesem verflixten 11. Februar hat sich die Wahl-Tirolerin an diesem 34. Titel die Zähne ausgebissen.

Drei Mal probiert, drei Mal ist er nicht passiert, der 34. Sieg. Der heutige Samstag soll, kann, könnte eine Änderung bringen. Levi im finnischen Teil Lapplands ist der Schauplatz (live ORFeins, Eurosport), gefahren wird auf dem eher flachen Hang um 10 und 13 Uhr, und natürlich ist die amtierende Weltmeisterin die Dame, die es zu schlagen gilt.

Doch ganz so leicht ist die Aufgabe für Marlies Schild nicht. Auch wenn US-Superstar Lindsey Vonn, auch im Torlauf durchaus eine zu beachtende Größe, auf den Stangentanz im hohen Norden verzichtet – die Konkurrenz ist dennoch groß.

Die Olympiasiegerin

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Maria Höfl-Riesch, 27, hat vor dem WM-Winter vor allem abseits der Pisten für Aufsehen gesorgt. Die deutsche Torlauf-Olympiasiegerin hat mit ihrer Biografie nicht nur Pulverschnee aufgewirbelt, sondern dafür auch viel Kritik einstecken müssen.

Immerhin hat sie ihre körperlichen Probleme, die sie in der vergangenen Saison zurückgeworfen hatten, in den Griff bekommen: Eine Umstellung der Ernährung hat sich als Rezept gegen eine Lebensmittel­unverträglichkeit bewährt. Ganz gut geht es der Wahl-Kitzbühelerin dennoch nicht: Im Oktober kämpfte sie erst mit einer hartnäckigen Verkühlung; nun hat sie seit einem harten Kippstangenkontakt einen schmerzenden linken Daumen.

Die Hartnäckige

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Michaela Kirchgasser wäre nach ihrem "30.000er-Service", wie die 27-Jährige ihre Knie-Operation im Frühjahr bezeichnet hat (Knorpelverletzung rechts) eigentlich die logische Schild-Jägerin im österreichischen Team. Nicht nur, aber auch, weil die Salzburgerin den letzten Slalom der vergangenen Saison im WM-Ort Schladming gewonnen hat (am Tag vor ihrem 27. Geburtstag).

Zuletzt stürzte Kirchgasser allerdings mehrfach im Training, bediente sich im linken Knie und musste eine Woche pausieren. Weil die Wirkung des Mentaltrainings mit Günter Spiesberger aber schon in der vergangenen Saison für zwei Kirchgasser-Siege gesorgt hat und sie sich nun schmerzfrei wähnt, ist sie ein heißer Tipp für Levi.

Die Beißerin

Tina Maze, 29, hat als einzige Dame im letzten Winter jedes einzelne Rennen bestritten. Und die Slowenin ist schon wieder in Topform. Ob auch musikalisch (ihr Rock-Video „My Way is My Decision“ ist auf YouTube zu finden), sei dahingestellt – doch mit dem Riesenslalom-Sieg in Sölden hat die charakterlich kantige Torlauf-Nummer 3 der letzten Saison auch Ansprüche auf die große Kristallkugel angemeldet.

Die Zukunftsaktie

Schild gegen den Rest der Slalom-Welt
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Mikaela Shiffrin ist erst 17 – und steht doch schon in einer Reihe mit Bode Miller und Tennis-Ass Steffi Graf: Die hochtalentierte Dame aus Vail gilt als Siegertyp der Zukunft und wirbt seit Jänner für einen italienischen Pastakonzern. Meist mit dabei bei den Rennen: Mutter Eileen, "meine beste Freundin".

"Nein, nein, daheim wird über so was nicht diskutiert", kommentierte Benjamin Raich lachend die Frage nach dem Familien-Duell. Der Tiroler Skirennläufer hält vor dem Slalom-Wochenende in Levi (Finnland) bei 36 Weltcupsiegen, die Salzburger Lebensgefährtin Marlies Schild bei 35. "Ich hoffe, dass Marlies am Samstag gleichzieht", wünscht sich Raich, der natürlich erster Daumendrücker nördlich des Polarkreises ist.

Und er nimmt auch Druck von den Schultern der Slalom-Dominatorin der vergangenen Jahre. "Sie hat schon gewaltige Leistungen gebracht, aber es ist das erste Rennen und damit auch mal eine Standortbestimmung." Schild sprüht jedenfalls vor Tatendrang: "Die Anspannung ist da, die Aufregung, denn man weiß ja nicht genau, wie man steht", meinte sie.

Schild, die mit einem Erfolg am Samstag den Slalom-Rekord der Schweizerin Vreni Schneider einstellen würde (34 Siege), erinnerte auch daran, dass sie bereits einmal zu Raich aufgeschlossen hatte. Zu Problemen führte dies freilich nicht, doch merkte Schild schmunzelnd an: "Wir haben uns damals aber auch nicht gesehen."

Tatsächlich hielt der Gleichstand nur wenige Tage. Schild feierte am 11. Februar 2012 mit dem Slalom in Soldeu (Andorra) ihren 35. Weltcuperfolg und glich aus, am 25. Februar stellte Raich in Crans Montana mit seinem ersten Super-G-Triumph der Karriere den Mini-Vorsprung wieder her.

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