Linger-Brüder beenden Karriere

"Wir hatten beide das Gefühl, dass es genug ist."
Die Doppelsitzer-Rodler waren zwei Mal Olympiasieger, in Sotschi gewannen sie Silber.

Andreas Linger ist fast nicht wiederzuerkennen. Gerade einmal sechs Wochen sind seit seinem letzten Rodelrennen vergangen, aber der Körper des Tirolers hat sich schon auf das Leben ohne Spitzensport umgestellt. Linger hat etliche Kilos und Muskeln verloren, seinen hautengen Rodelanzug könnte der 32-Jährige mittlerweile nicht mehr ausfüllen. „Endlich muss ich nicht immer Kilos rauffuttern. Endlich kann ich einmal essen, wie ich will“, sagt Andreas Linger. Und aus seiner Stimme klingt nicht die geringste Spur von Wehmut.

Dem jüngeren Bruder Wolfgang ist der Abschied vom Eiskanal auch nicht allzu schwergefallen. Wer eineinhalb Jahrzehnte alles dem Kunstbahnrodeln unterordnet; wer in dieser Zeit alles gewinnt, was es im Schlittensport zu gewinnen gibt, der kann mit einem guten Gefühl in die Rodler-Rente gehen. Deshalb gab es im Linger-Klub auch gar keine langen Diskussionen und kein Hin und Her. „Wir hatten beide das Gefühl, dass es genug ist. Und dass der Hunger nicht mehr so groß ist“, berichtet Wolfgang Linger.

Welche Ziele wären dem Tiroler Brüderpaar denn auch noch geblieben. Ein vierter WM-Titel? Ein weiterer Sieg im Gesamtweltcup? Gar eine vierte Olympiamedaille nach Gold (Turin), Gold (Vancouver) und Silber (Sotschi)? „Wenn, dann musst du mit hundert Prozent bei der Sache sein, sonst kann das Rodeln gleich einmal ziemlich gefährlich werden“, weiß Steuermann Andreas, „und dann kommst du auch nicht unter die ersten drei. Und so wollen wir dann auch nicht aufhören.“

Aderlass

In das österreichische Rodelteam reißen die Lingers nun jedenfalls eine riesige Lücke. Auf die Brüder war im letzten Jahrzehnt bei Großereignissen stets Verlass, die Absamer Rodler waren Zeit ihrer Karriere in der Erfolgsspur unterwegs. Und weil auch Nina Reithmayer, die Silbermedaillengewinnerin von Vancouver 2010, ihre Karriere beendet und die Doppelsitzer Peter Penz und Georg Fischler ebenfalls in absehbarer Zeit abdanken wollen, steht dem österreichischen Rodelsport ein radikaler Umbruch bevor.

Immerhin haben die Lingers bereits angekündigt, ihr Know-how an die heimischen Talente weiterzugeben. Ja, sie sind sogar bereit, die Erfolgskufen, auf denen sie zu zwei Olympiasiegen geflitzt waren, an potenzielle Nachfolger zu vermachen. „Der Sport hat uns viel gegeben. Wir wollen auch wieder etwas dem Sport zurückgeben“, sagt Wolfgang Linger.

Dass sie ab sofort nicht mehr so im Rampenlicht stehen wie bisher, dass sie sich in einem neuen Beruf und Metier beweisen müssen, das bereitet den Brüdern keine Sorgen. „Es braucht keiner eine Angst haben, dass wir in ein Loch fallen. Wir wissen, was harte Arbeit ist und dass jetzt neue Herausforderungen auf uns warten“, sagt Jung-Papa Andreas Linger, der eine Wirtschaftsausbildung anstrebt und zusammen mit einem Wirtschaftsexperten und seinem Bruder auch Vorträge veranstalten wird.

Und Wolfgang Linger? Der freut sich derzeit am meisten auf die gemeinsamen Geburtstagsfeste mit seinem Sohn. „In den letzten drei Jahren war ich da nie dabei, weil wir um diese Zeit im Jänner immer im Weltcup unterwegs waren. Beim nächsten Geburtstag ist dann endlich die ganze Familie zusammen.“

Die größten Erfolge der Lingers:

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