Raich schaut oft lieber den Damen zu

Raich schaut oft lieber den Damen zu
Der 33-Jährige ist wieder zurück an der Spitze und schaut Freundin Marlies Schild ganz genau auf die Skier.

Er hat die längste österreichische Ski-Erfolgsgeschichte in diesem Jahrtausend geschrieben. Auf der längsten Weltcup-Piste stürzt sich der wiedererstarkte Benjamin Raich, der nach einem Kreuzbandriss abgeschrieben worden war, ab Mittwoch am Lauberhorn ins Abfahrts(-Trainings-)Abenteuer. Am Freitag zählt Raich, 33, bei der ersten Kombi-Wertung schon zu den Favoriten. Im Berner Oberland sprach der Doppel-Olympiasieger über Freundin Marlies Schild, über Jugend-Olympia, neue Skier, alte Fehler und zu freche Konkurrenten.

KURIER: Bei den am Freitag in Innsbruck beginnenden Olympischen Jugendspielen starten 15- bis 18-Jährige. Wie alt waren Sie, als Sie Ihr erstes Europacup-Rennen bestritten haben?
Benjamin Raich: Moment. Ich frage unseren Pressechef Markus Aichner. Der war zwar ein Kicker, aber er weiß alles.

Also, was weiß das ÖSV-Computerhirn?
Dass ich am 6. Februar 1996, drei Wochen vor meinem 18. Geburtstag, beim ersten Europacup-Slalom in Altaussee ausgeschieden bin. Einen Tag später bin ich Sechzehnter g’worden. Und dass sich auf Facebook bei mir inzwischen 17.003 Fans angemeldet haben.

Sie hatten allerdings nicht nur Fans bei ihrem Wiedereinstieg nach der Knieverletzung. Haben Sie das gespürt?
A bissel kriegt man’s schon mit, wenn im Umfeld gemurmelt wird, der sollt’ besser aufhören. Das trägt nicht zur Selbstsicherheit bei. Vor allem, wenn man zuvor nie arg verletzt war.

Ihr größter Fan war noch schwerer verletzt als Sie. Ehrlich – hatten Sie Marlies Schild diese einzigartige Siegesserie zugetraut?
Ich bewundere, wie sie ans Limit geht, selbst wenn sie nach einem ersten Durchgang deutlich führt. Sie hat unglaublich zäh an ihrem Comeback gearbeitet. Die Marlies ist wahrscheinlich noch konsequenter als ich.

Können sich Frauen mehr quälen als Männer?
Das kann stimmen.

Aber im Männer-Weltcup wurde und wird über die Damen nicht wirklich mit Hochachtung gesprochen.
Dass Frauen nie so schnell sein können wie Männer, ist klar. Aber stilistisch fährt die Frauen-Weltklasse ungemein sauber. Ich schau’ mir oft lieber die Damen an als Herren-Rennen. Eben wegen der Technik.

Am Freitag findet am Lauberhorn die erste von drei Superkombis statt. Die Kombi hat in Fahrerkreisen keinen hohen Stellenwert.
Schade. Würden sechs, sieben Kombis pro Saison ausgetragen werden und wär’ das auf Jahre garantiert, würden sicher viel mehr Läufer dafür trainieren.

Immerhin steht im Februar bei den Olympia-Tests in Sotschi eine Kombi auf dem Programm. Sie streben sicher in Sotschi 2014 Ihre vierte Olympia-Teilnahme an, topfit, wie Sie wirken.
Ich fühl’ mich körperlich besser als vor zehn Jahren. Vielleicht, weil ich jetzt weiß, was ich meinem Körper zumuten kann und was nicht. Aber bis 2014 kann viel passieren. Vorerst denk’ ich an die WM 2013 in Schladming.

Was können Sie dem Rennnachwuchs hinsichtlich Fitness raten?
Dass auch Pausen wichtig sind. Aus Überehrgeiz wie wahnsinnig G’wichter stemmen kann mehr schaden als nützen. Ein Mal pro Woche sollte auch Skipause sein. Ich kenn’ das: Wenn’s Wetter schön ist, gerät man in Versuchung, auf den fix eingeplanten skifreien Tag zu verzichten. Das ist so, wie wenn du schon genug gegessen hast und am Buffet mit vollem Magen doch noch zulangst. Das bringt nix.

Sie fahren schmälere Skier. Sind Sie der Konkurrenz im Hinblick auf die nächstjährige Materialreform voraus?
Meine zugegeben etwas schmäleren, weniger taillierten Skier sind mit denen, die nächste Saison Pflicht werden, überhaupt nicht vergleichbar. Ich hätte keine Chance, würde ich jetzt schon mit dem Modell 2012/’13 fahren. Die breiteren Skier, wie wir sie jetzt noch fahren, sind schneller. Aber auch gefährlicher. Das haben inzwischen alle erkannt, die das bisherige und das künftige Material ernsthaft getestet haben.

Ted Ligety hat nicht nur gegen die Materialform gewettert. Er nennt die derzeitigen Torläufe fad, bezeichnet die FIS via Facebook als unfähigen Haufen. Haben Sie seine Online-Attacken registriert?
Ja. Ich wundere mich, dass sich die FIS das gefallen lässt. Bei allem Verständnis für Meinungsfreiheit - Ligety geht zu weit. Er übersieht, dass die FIS nicht der Präsident Kasper oder der Weltcup-Direktor Hujara ist, sondern dass sich die FIS aus Verbänden wie dem ÖSV und jenem der USA zusammensetzt.

Sie sind Schirmherr der Olympischen Jugendspielen, bei deren Eröffnung in Innsbruck aber nicht dabei.
Der Weltcup-Kalender verbietet es mir. Aber ich habe das Feuer bei uns im Pitztal angezündet, ehe es in Jerzens übernachtet hat. Ich hab’ gern bei Werbeveranstaltungen mitgemacht.

Wer hat Sie zum Olympia-Testimonial ernannt?
IOC-Präsident Jacques Rogge hat mich darum ersucht. Wegen meiner olympischen Vorgeschichte und aus Überzeugung habe ich zugesagt. Die Öffentlichkeit soll wissen: Die Spiele sind für die Jugend, aber auch für meine Tiroler Heimat sehr guat.

Obwohl nur je zwei Mädchen und Burschen für Österreich im alpinen Skilauf teilnehmen dürfen.
Wirklich? Also das ist etwas mickrig.

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