Premiere zum Springer-Auftakt

Premiere zum Springer-Auftakt
Am Freitag beginnt die Skisprung-Saison mit dem erstmals ausgetragenen Mixed-Teambewerb´.

Wer wissen möchte, wie es um das Damen-Skispringen bestellt ist, braucht sich nur einmal den Kopf von Daniela Iraschko anzusehen. Die amtierende Weltmeisterin, die seit jeher für ihre grellen und bunten Frisuren bekannt ist, trägt derzeit ihr Haar betont natur. „Und trotzdem erkennen mich die Leute immer noch auf der Straße“, sagt Iraschko und lächelt.

So wie der 29-jährigen Eisenerzerin ergeht es derzeit dem gesamten Damen-Skispringen. Da befindet sich eine Sportart im Aufwind, der vor wenigen Jahren noch von oberster Stelle die Daseinsberechtigung abgesprochen worden ist. Da emanzipieren und etablieren sich Athletinnen, die allzu lange nur belächelt und bemitleidet worden sind: FIS-Präsident Gianfranco Kasper war zum Thema Damen-Skispringen tatsächlich nichts Besseres eingefallen, als sich um das Wohl der Adlerinnen zu sorgen. Er fürchte, so Kasper, dass durch die Wucht der Landung die Gebärmutter zerstört werden könnte.

Niveauvoll

Die Ängste des obersten Ski-Funktionärs waren unbegründet, genauso wie die Sorgen, dass die Springerinnen auf den Bakken keine gute Figur machen. „Das Niveau ist deutlich gestiegen“, erklärt Iraschko, die heute zu den alten Damen dieser jungen Sportart gehört. Dass sie mit 29 Jahren immer noch abhebt, hat vor allem mit der öffentlichen Akzeptanz und Unterstützung zu tun, die ihr Sport erfährt.

Die Aufnahme ins WM-Programm (2009) war der erste Schritt aus der Bedeutungslosigkeit. Die Einführung des Weltcups, bei dem Siegerinnen dank Sponsoren wie der OMV 3000 Schweizer Franken Prämie winken, war ein weiterer Schritt ins Scheinwerferlicht. Und der neue Mixed-Teambewerb, mit dem am Freitag in Lillehammer offiziell der Weltcup eröffnet wird (16.30 Uhr, live ORF eins), verleiht den Springerinnen zusätzlich Flügel. „Ich glaube nicht, dass ich sonst noch dabei wäre“, gesteht Iraschko. Denn bis vor Kurzem hatte sie im Sommer gearbeitet, um sich ihr Hobby finanzieren zu können. „Jetzt komme ich mir wie ein Profi vor.“

Inzwischen sind die Amateur-Adlerinnen in der Minderzahl. Tendenz fallend, zumal auch Firmen wie Red Bull mittlerweile auf die Springerinnen fliegen und unter anderem auch Österreichs Nr. 2, Jacqueline Seifriedsberger, auf die Sprünge helfen.

Iraschko und Seifriedsberger sind Fixstarterinnen im Mixed-Bewerb, bei dem pro Team je zwei Damen und zwei Herren über die Schanze müssen. Während im alpinen Skisport der Teambewerb um Anerkennung und Teilnehmer kämpft und in Fachkreisen nur verächtlich „Er-und-Sie-Lauf“ genannt wird, hat die nordische Familie die neue Disziplin schon jetzt lieb gewonnen. „Wir sprechen damit neue Länder an“, sagt FIS-Direktor Walter Hofer. „Zwei Damen und zwei Herren bekommen einige Nationen schnell zusammen.“ Beim Testwettkampf im Zuge des Sommer-GP waren sogar 20 Teams im Einsatz – eine Teilnehmerzahl, die in einem reinen Männer-Teamspringen undenkbar wäre.

Schon allein deshalb blicken die Skispringer, egal, ob Weiblein oder Männlein, gespannt auf die Weltcup-Premiere in Lillehammer. Trainer und Athleten sind sich schon jetzt sicher, dass die Entscheidung über Sieg und Niederlage Frauensache ist. Iraschko prophezeit: „Es wird an den Mädels hängen, weil bei uns die Streuung größer ist als bei den Herren.“

Gregor Schlierenzauer (40 Weltcupsiege) und Thomas Morgenstern (22 Weltcupsiege) ragen schon allein aufgrund der Zahl ihrer Erfolge aus dem ÖSV-Springerteam heraus. Doch auch andere Athleten aus der Mannschaft von Cheftrainer Alexander Pointner haben ihre Qualitäten ebenfalls vielfach bewiesen. So reisten auch Andreas Kofler (10 Weltcupsiege) dank seines Doppelsieges im Vorjahr und Wolfgang Loitzl (4 Weltcupsiege) nach starken Leistungen auf Mattenschanzen mit sehr gutem Gefühl zum Saisonauftakt nach Lillehammer.

"Die Siege im Vorjahr waren ganz etwas Besonderes", erklärte Kofler, der 2011/12 die ersten drei Bewerbe gewonnen hatte. Heuer war er beschwerdefrei und hat sich konstant nach oben gearbeitet. "Ich habe eine bärige Vorbereitung hinter mir und habe gegenüber dem Sommer sicher noch zugelegt", sagte der 28-Jährige. Dank spezieller Übungen hat er seine Rückenprobleme im Griff. Dass die Leistungskurve so kontinuierlich ohne große Schwankungen anstieg, war völlig neu für ihn.

Kofler hat zehn Weltcup-Bewerbe und zahlreiche Medaillen gewonnen (zuletzt WM-2. in Oslo), der ganz große Coup ist ihm aber noch nicht gelungen. Mehrfach standen Morgenstern oder Schlierenzauer vor ihm im Rampenlicht. Der Stubaier sah es als Ansporn. Den Rummel braucht er nicht unbedingt, doch der Glaube an die eigene Stärke ist weiter gewachsen. "Gregor und Thomas haben von den Siegen her ein ganz anderes Kapital auf der Seite, aber ich tue mein Bestes, dass ich da hinkomme. Das gibt mir Motivation weiterzukämpfen und mich weiterzuentwickeln", betonte Kofler.

Ziele

Gesamt-Weltcup (2011/12 hat er das beim Auftakt eroberte Gelbe Trikot erst im siebentletzten Bewerb abgegeben) und WM sind die Ziele des Tournee- und Weltcup-Dritten. "Natürlich ist es ein Ziel, den Gesamt-Weltcup zu gewinnen, aber das lässt sich nicht erzwingen, das muss passieren", sagte Kofler. Er wolle versuchen, die Leistung möglichst lange auf einem hohen Niveau zu halten und mit positivem Gefühl zu springen. "In den letzten drei Jahren ist viel weitergegangen, ich bin sicher noch nicht am Zenit."

Loitzl hat wie schon in früheren Jahren den Weg der Vorbereitung abseits des Nationalteams gewählt. Der 32-Jährige hat mit Florian Liegl und Andreas Mitter in der zweiten Gruppe trainiert, um der internen Konkurrenz aus dem Weg zu gehen. Persönlich auch einen Vorteil aus den nun engeren Anzügen ziehend, hat er im Sommer-Kontinentalcup Seriensiege gefeiert und sich zudem erstmals den Meistertitel auf der Großschanze geholt. "Das war ein sehr produktiver Weg, eine gute Zusammenarbeit mit den Jungen und es hat viel Spaß gemacht", sagte der Steirer.

Nach einer mäßigen Saison will er nun im WM-Winter wieder Anschluss finden an die Spitze. Trotz größerer Zuversicht als 2011/12 ist Familienvater Loitzl jedoch vorsichtig bei der Formulierung seiner Ziele. "Wichtig wäre es, gleich in den ersten Bewerben gute Resultate zu erreichen, das hebt einen in die Höhe", weiß der frühere Tourneesieger. Und es würde ihm auch helfen, wieder einen Kopfsponsor zu finden.

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